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Unglücklicherweise war weder der alte Mann noch sein altersschwacher goldener Drache ein scharfer Beobachter.

Im Schutz der Wolken machten sie sich an die ahnungslose Gruppe heran.

»Saus auf meinen Befehl hervor«, sagte der alte Mann und kicherte ausgelassen in Erwartung eines Kampfes. »Wir werden sie von hinten angreifen.«

»Wo ist Huma?« fragte der Goldene störrisch.

»Tot«, murmelte der alte Mann, sich auf seinen Zauberspruch konzentrierend.

»Tot!« brüllte der Drache bestürzt. »Dann sind wir zu spät?«

»Oh, mach dir nichts draus!« schnappte der alte Mann ungeduldig. »Fertig?«

»Tot«, wiederholte der Drache traurig. Dann funkelten seine Augen. »Aber wir werden ihn rächen!«

»Ja, richtig«, sagte der alte Mann. »Jetzt... auf mein Signal... Nein! Noch nicht! Du...«

Die Worte des alten Mannes gingen in einem Windstoß unter, als der Goldene aus der Wolke hervorschoß und sich wie ein Speer auf die vier kleineren Drachen stürzte.

Der breite Offizier bemerkte eine Bewegung über sich und sah hoch. Seine Augen weiteten sich.

»Tanis!« gellte er beunruhigt zu dem Offizier an der Spitze.

Der Halb-Elf drehte sich um. Gewarnt durch den Klang in Caramons Stimme war er auf Schwierigkeiten eingestellt, aber zuerst konnte er nichts erkennen. Dann zeigte Caramon nach oben.

»Was im Namen der Götter...« keuchte Tanis.

Aus dem Himmel schoß ein goldener Drache direkt auf sie zu. Auf diesem Drachen ritt ein alter Mann, sein weißes Haar wehte im Wind (er hatte seinen Hut verloren), sein langer, weißer Bart flatterte über seine Schultern. Das Maul des Drachen war zu einem Fletschen geöffnet, das bösartig ausgesehen hätte, wenn es nicht zahnlos gewesen wäre.

»Ich glaube, wir werden angegriffen«, sagte Caramon nervös.

Tanis war zu der gleichen Schlußfolgerung gekommen. »Zerstreut euch!« gellte er. Unter ihnen beobachtete eine ganze Drakonierdivision die Luftschlacht mit Spannung und Interesse. Das war das letzte gewesen, was er gewollt hatte, nämlich die Aufmerksamkeit der Drakos zu erregen, und jetzt war ein verrückter alter Mann dabei, alles zu ruinieren.

Die vier Drachen, die Tanis' Befehl hörten, brachen sofort aus der Formation aus – aber nicht schnell genug. Eine glänzende Feuerkugel platzte direkt in ihre Mitte und wirbelte sie umeinander.

Durch das helle Licht einen Moment geblendet, ließ Tanis die Zügel fallen und warf seine Arme um den Hals des Tieres, das die Kontrolle verloren hatte.

Dann hörte er eine bekannte Stimme.

»Getroffen! Wunderbarer Zauber, diese Feuerkugel...«

»Fizban!« stöhnte Tanis.

Blinzelnd versuchte er verzweifelt, seinen Drachen zu beruhigen. Aber anscheinend wußte das Tier die Situation besser zu handhaben als sein unerfahrener Reiter, denn der bronzene Drache richtete sich schnell wieder auf. Als Tanis wieder sehen konnte, warf er schnell einen Blick zu den anderen. Sie schienen unverletzt, aber waren am ganzen Himmel verstreut. Der alte Mann und sein Drache verfolgten Caramon. Der alte Mann hielt seine Hände ausgestreckt, offenbar wollte er gerade einen weiteren verheerenden Zauber werfen. Caramon schrie und fuchtelte mit den Händen. Auch er hatte den verwirrten alten Magier wiedererkannt.

Hinter Fizban stoben Flint und Tolpan, der Kender kreischte vor Freude und winkte. Flint hielt sich, um sein Leben bangend, krampfhaft fest. Sein Gesicht hatte ein klares Grün angenommen. Aber Fizbans Aufmerksamkeit war völlig auf seine Beute gerichtet. Tanis hörte den alten Mann einige Worte schreien, dann streckte er eine Hand aus. Blitze schössen aus seinen Fingerspitzen. Glücklicherweise traf er nicht. Die Blitze streiften zwar Caramons Kopf, zwangen ihn, sich zu ducken, aber ansonsten wurde er nicht verletzt.

Tanis fluchte so heftig, daß er sich selbst erschreckte. Er trat seinen Drachen in die Flanken und zeigte zum alten Mann. »Greif an!« befahl er dem Drachen. »Verletz ihn nicht, vertreib ihn nur.«

Zu seiner Verwunderung weigerte sich der bronzene Drache. Kopfschüttelnd begann der Drache zu kreisen, und plötzlich begriff Tanis, daß das Tier landen wollte!

»Was? Bist du verrückt?« beschimpfte Tanis den Drachen. »Du bringst uns mitten in die Drachenarmee!«

Der Drache schien taub zu sein, und jetzt sah Tanis, daß auch die anderen bronzenen Drachen zur Landung kreisten.

Vergeblich redete Tanis auf seinen Drachen ein. Berem, der hinter Tika saß, umklammerte die Frau so heftig, daß sie kaum atmen konnte. Seine Augen waren auf die Drakonier gerichtet, die ausschwärmten, um die Drachen abzufangen. Caramon schlug wild um sich, versuchte, den Blitzen, die um ihn zischten, zu entkommen. Selbst Flint war wieder zum Leben erwacht und zog hektisch an den Zügeln des Drachen und brüllte vor Wut, während Tolpan wild auf Fizban einschrie. Der alte Mann folgte ihnen, die bronzenen Drachen wie Schafe vor sich hertreibend.

Sie landeten dicht bei den Ausläufern des Khalkist-Gebirges.

Tanis sah sich schnell um. Die Drakonier schwärmten auf sie zu.

Wir könnten uns herausreden, dachte Tanis fieberhaft, obwohl sie mit ihrer Verkleidung nur beabsichtigt hatten, ungestört nach Neraka zu kommen, und nicht eine Gruppe argwöhnischer Drakonier zu täuschen. Wenn nur Berem daran denken würde, im Hintergrund und ruhig zu bleiben.

Aber bevor Tanis ein Wort sagen konnte, war Berem vom Rücken seines Drachen gesprungen und rannte auf die Bergausläufer zu. Tanis sah, wie die Drakonier schreiend auf ihn zeigten.

Tanis fluchte wieder. Aber es könnte immer noch mit einer Ausrede funktionieren... sie könnten noch behaupten, ein Gefangener hätte einen Fluchtversuch unternommen. Nein, erkannte er verzweifelt, die Drakonier wurden Berem einfach jagen und ihn fangen. Von Kitiara wußte er, daß alle Drakonier auf Krynn Berems Beschreibung hatten.

»Im Namen der Hölle!« Tanis zwang sich zur Ruhe, um klar zu denken, aber die Situation entglitt ihm. »Caramon! Lauf Berem hinterher. Flint, du... Nein, Tolpan, komm zurück! Verdammt! Tika, lauf Tolpan hinterher. Nein, bleib doch lieber hier. Du auch, Flint...«

»Aber Tolpan ist hinter dem verrückten alten...«

»Und wenn wir Glück haben, wird sich der Boden öffnen und beide verschlingen!« Tanis sah zurück und fluchte wild. Berem, von Angst getrieben, kletterte mit der Leichtigkeit einer Bergziege über Steine und Sträucher, während Caramon – behindert durch seine Drachenrüstung und sein Waffenarsenal nach jedem Schritt zwei Schritte zurückfiel.

Wieder über die Ebene blickend, konnte Tanis jetzt die Drakonier deutlich erkennen. Vielleicht hatten sie immer noch eine Chance, wenn die bronzenen Drachen angreifen würden...

Aber gerade als er ihnen den Befehl zum Angriff erteilen wollte, kam der alte Mann von seinem Landeplatz herbeigerannt.

»Husch!« sagte der alte Mann zu den bronzenen Drachen.

»Husch – verschwindet! Geht zurück, wo immer ihr hergekommen seid!«

»Nein! Wartet!« Tanis riß sich vor Wut fast den Bart aus, während er beobachtete, wie der alte Mann zwischen die Drachen lief und mit den Händen fuchtelte wie eine Bäuerin, die ihre Hühner in den Stall treibt. Dann hörte der Halb-Elf zu fluchen auf, denn zu seiner Verblüffung warfen sich die bronzenen Drachen vor dem alten Mann in seiner mausgrauen Robe auf den Boden. Dann spreizten sie die Flügel und erhoben sich anmutig in die Lüfte.

In einem Wutanfall rannte Tanis über das zertrampelte Gras auf den alten Mann zu. Tolpan lief vor ihm. Fizban, der sie kommen hörte, drehte sich zu ihnen um.

»Ich hätte Lust, dir deinen Mund mit Seife auszuwaschen«, schnappte der alte Magier, während er Tanis anfunkelte. »Ihr seid jetzt meine Gefangenen, also kommt mit, ohne Widerstand zu leisten, oder ihr werdet meine Magie kennenlernen...«

»Fizban!« schrie Tolpan und warf seine Arme um den alten Mann.

Der alte Magier beäugte den Kender, der ihn umarmte, dann wich er erstaunt zurück.

»Das ist doch Toi... Toi...«, stammelte er.

»Tolpan«, sagte der Kender, der zurücktrat und sich höflich verbeugte. »Tolpan Barfuß.«

»Großer Geist von Huma!« rief Fizban aus.