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»Berem, du hast versagt. Es war nichts! Eine Lüge...« Heiser kreischend stürzte Caramon auf den sterbenden Mann zu, wissend, daß Berem nicht sterben würde. Das war alles Wahnsinn! Er würde...

Caramon hielt inne.

Die Steine um ihn herum erbebten. Der Boden zitterte unter seinen Füßen. Das schwarze Wasser hörte auf, schnell zu fließen, wurde plötzlich träge, unsicher, plätscherte gegen die Felsen. Hinter sich hörte er die Drakonier unruhige Schreie ausstoßen.

Caramon starrte auf Berem. Der Körper lag zerschmettert auf dem Felsen. Er rührte sich leicht, als ob er ein letztes Seufzen ausstoßen würde. Dann bewegte er sich nicht mehr. Einen Moment lang schimmerten zwei blasse Gestalten in der Juwelensäule. Dann waren sie verschwunden.

Berem – Ewigan – war tot.

Tanis hob seinen Kopf vom Boden der Halle und erblickte über sich einen Hobgoblin mit erhobenem Speer. Er rollte sich schnell zur Seite, packte die Kreatur an den gestiefelten Füßen und zog. Der Hobgoblin stürzte zu Boden, wo ein anderer Hobgoblin, in eine andersfarbige Uniform gekleidet, ihm mit einer Keule den Kopf zertrümmerte.

Eilig erhob sich Tanis. Er mußte hier verschwinden! Er mußte Laurana finden. Ein Drakonier stürzte auf ihn zu. Ungeduldig stieß er sein Schwert in die Kreatur, sich rechtzeitig daran erinnernd, es wieder herauszuziehen, bevor sich der Körper in Stein verwandelte. Dann hörte er jemanden seinen Namen rufen. Als er sich umdrehte, sah er Fürst Soth, umgeben von seinen Skelettkriegern, neben Kitiara stehen. Kits Augen waren voller Haß auf Tanis gerichtet. Sie zeigte auf ihn. Fürst Soth machte eine Handbewegung, worauf seine Skelettkrieger von der schlangenköpfigen Plattform wie eine Todeswelle strömten, alles zerstörend, was ihren Weg kreuzte.

Tanis wollte fliehen, aber er war in dem Mob gefangen. Hektisch kämpfte er sich durch, sich der eisigen Kraft hinter sich bewußt. Er wurde von Panik überflutet, konnte nicht mehr denken.

Und dann erklang ein scharfes, krachendes Geräusch. Der Boden erzitterte unter seinen Füßen. Das Kämpfen um ihn hörte unverzüglich auf, da alle damit beschäftigt waren, auf den Beinen zu bleiben. Tanis sah sich unsicher um, fragte sich, was geschehen war.

Ein riesiges Stück eines mosaikverzierten Steins fiel von der Decke auf eine Gruppe Drakonier, die aus dem Weg zu kriechen versuchten. Dem Stein folgte ein weiterer und dann noch einer. Fackeln fielen von den Wänden, Kerzen stürzten um und erloschen. Das Zittern des Bodens wurde stärker. Tanis sah kurz, daß selbst die Skelettkrieger stehengeblieben waren, ihre flammenden Augen suchten fragend ihren Anführer. Der Boden kippte plötzlich unter seinen Füßen zur Seite weg. Tanis bekam eine Säule zu fassen, und blickte sich verblüfft um. Und dann fiel Dunkelheit herab wie ein schweres Gewicht. Er hat mich verraten!

Der Zorn und die Wut und die Angst der Dunklen Königin schlugen so ungestüm in Tanis' Kopf ein, daß er glaubte, sein Schädel würde bersten. Vor Schmerz laut aufschreiend, hielt er seinen Kopf. Die Dunkelheit nahm zu, als Takisis, die Gefahr erkennend, verzweifelt versuchte, die Tür zur Welt offenzuhalten. Ihre gewaltige Dunkelheit löschte das Licht jeder Flamme.

Die Flügel der Nacht erfüllten die Halle mit Schwärze.

Ein entsetzlich berstendes Krachen und die darauf folgenden qualvollen Schreie waren für Tanis ein erster Hinweis, daß das gesamte Gebäude einstürzen würde.

»Laurana!« schrie Tanis. Verzweifelt versuchte er, sich auf den Füßen zu halten, taumelte blind vorwärts, nur um von umherirrenden Drakoniern niedergetrampelt zu werden. Stahl klirrte. Irgendwo hörte er Kitiaras Stimme. Sie versuchte ihre Soldaten wieder zusammenzuholen.

Seine Verzweiflung niederkämpfend, taumelte Tanis weiter, Sein Arm brannte schmerzhaft. Wütend parierte er einen Schwerthieb, trat mit seiner ganzen Kraft in den Körper der angreifenden Kreatur. Dann unterbrach ein weiteres berstendes, splitterndes Geräusch die Schlacht. Einen atemlosen Moment lang sahen alle im Tempel nach oben in die dichte Dunkelheit. Stimmen verstummten vor Ehrfurcht. Takisis, Königin der Finsternis, hing über ihnen in ihrer lebendigen Gestalt. Ihr riesiger Körper schimmerte in Myriaden von Farben. So viele, so blendend, so verwirrend, daß die Sinne ihre schreckliche Erhabenheit nicht erfassen konnten und die Farben aus dem Bewußtsein der Sterblichen ausgelöscht wurden – in allen Farben und doch keiner – so erschien Takisis. Die fünf Köpfe öffneten weit ihre Unheilsmäuler, Feuer brannte in unzähligen Augen, als ob jedes einzelne die Welt verschlingen wollte.

Alles ist verloren, dachte Tanis verzweifelt. Dies ist der Moment ihres endgültigen Sieges. Wir haben versagt.

Die fünf Köpfe erhoben sich im Triumph... Die kuppelförmige Decke spaltete sich.Der Tempel von Istar begann sich zu krümmen und zu winden, baute sich neu auf, änderte sich, nahm wieder seine ursprüngliche Form an, die Tanis gekannt hatte, bevor die Dunkelheit ihn verzerrt und entstellt hatte.

In der Halle selbst schwankte die Dunkelheit, dann wurde sie von den silbernen Strahlen Solinaris, von den Zwergen Kerze in der Nacht genannt, zerstört.

12

Die Schuld ist beglichen

»Und jetzt, mein Bruder, leb wohl.«

Raistlin holte aus den Falten seiner schwarzen Robe eine kleine runde Kugel hervor. Die Kugel der Drachen.

Caramon spürte seine Kräfte schwinden. Er besah seinen Verband: Er war blutgetränkt. Sein Kopf zerfloß, das Licht von seines Bruders Stab flackerte vor seinen Augen. Weit entfernt, wie in einem Traum, hörte er die Drakonier ihr Entsetzen abschütteln und ihren Marsch fortsetzen. Der Boden bebte unter seinen Füßen, vielleicht waren es aber auch nur seine zitternden Beine.

»Töte mich, Raistlin.« Caramon sah seinen Bruder mit Augen an, die jeden Ausdruck verloren hatten.

Raistlin hielt inne, seine goldenen Augen verengten sich zu Schlitzen.

»Laß mich nicht durch ihre Hände sterben«, sagte Caramon ruhig, als ob er um einen kleinen Gefallen bat. »Bereite mir ein Ende, schnell. Das schuldest du mir...«

Die goldenen Augen flackerten auf.

»Dir schulden!« Raistlin holte zischend Atem. »Dir schulden?« wiederholte er mit kaum hörbarer Stimme. Sein Gesicht war blaß im magischen Licht des Stabs. Wütend drehte er sich um und streckte seine Hand den Drakoniern entgegen. Blitze schossen aus seinen Fingerspitzen und trafen auf die Kreaturen.

Vor Schmerzen und Verblüffung aufschreiend, fielen sie ins Wasser, das schnell aufschäumte und sich von ihrem Blut grün färbte, als die kleinen Drachen ihre Vettern verschlangen.

Caramon beobachtete das Ganze benommen, zu geschwächt und zu krank, um irgendwas zu fühlen. Er konnte noch mehr Schwerter rasseln, noch mehr Stimmen kreischen hören. Er sackte vornüber, seine Füße verloren den Halt, das dunkle Wasser überflutete ihn...

Und dann stand er auf festem Boden. Blinzelnd sah er sich um. Er saß auf dem Stein neben seinem Bruder. Raistlin hielt den Stab in seiner Hand.

»Raist!« stieß Caramon aus, Tränen stiegen ihm in die Augen. Er streckte seine zitternde Hand aus und berührte den Arm seines Bruders, fühlte den weichen Samt der schwarzen Robe.

Kühl zog Raistlin seinen Arm weg. »Damit du es weißt, Caramon«, sagte er, und seine Stimme war so eisig wie das dunkle Wasser. »Ich will dieses eine Mal dein Leben retten, und dann haben wir reinen Tisch gemacht. Dann schulde ich dir nichts mehr.«

Caramon schluchzte. »Raist«, sagte er leise. »Ich... ich meinte das nicht so...«

Raistlin ignorierte ihn. »Kannst du stehen?« fragte er barsch.

»Ich... ich glaube, ja«, antwortete Caramon zögernd.

»Könntest du nicht... könntest du nicht dieses... dieses Ding benutzen, um uns hier herauszuholen?« Er zeigte auf die Kugel der Drachen.