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»Links«, sagte sie und stemmte sich hoch.

Der Dunkle packte sie und drückte sie an sich. Kein Wort! brannten seine Gedanken in ihr Hirn. Im nächsten Augenblick hörte sie Schritte.

Ein Zwerg kam ihnen entgegen, ein Kerl mit dichtem schwarzen Bart und buschigen Augenbrauen. Er warf ihnen einen fragenden Blick zu, sagte aber nichts. Mit den verschorften Wunden in ihrem Gesicht war sie wahrscheinlich selbst nach den Maßstäben von Zwergen hässlich. Wie Gonvalon sie wohl ansehen würde? Sicher wäre er höflich. Aber was hatte sie mit diesem Gesicht zu erwarten? Ihre Liebe würde in seinen Höflichkeiten ersticken. Vielleicht war es besser, wenn sie nie mehr in die Weiße Halle zurückkehrte. Würde der Dunkle sie in seinem Tal dulden? Warum sollte er …

Lärm schreckte sie aus ihren Gedanken. Ein Stück voraus weitete sich der Stollen, dem sie gefolgt waren. Stimmengemurmel, Schritte und allerlei andere Geräusche drangen zu ihnen herauf, und am Ende des Tunnels angekommen, blickten sie auf eine längliche, unübersichtliche Höhle. Ihr Stollen öffnete sich auf eine schmale Treppe, die aus der Höhlenwand geschlagen war und etwa zehn Schritt in die Tiefe führte. Über ihnen spannte sich die Höhlendecke in unregelmäßigem Bogen. Wasser schien hier weicheres Gestein ausgespült zu haben, Stalaktiten wuchsen aus der Höhlendecke. Manche verschmolzen mit den Stalagmiten, die sich ihnen vom Höhlengrund entgegenstreckten, zu mächtigen Säulen. Teile des Bodens waren mit dunklen, teils zeltgroßen Felsbrocken bedeckt; Rauch stieg auf, zog aber nicht zu ihnen in den Tunnel. Die Höhlendecke und die Stalaktiten waren nachtschwarz. Dutzende Zwerge arbeiteten hier und sägten Bretter aus Baumstämmen. Nandalee war sich sicher, dass ein Ausgang zu einer Bergflanke nicht allzu fern sein konnte.

Verwundert entdeckte sie kleine Pferde zwischen den Zwergen. Ein Gespann zog einen neuen Holzstamm aus einem Tunnel, der links von ihnen lag.

Dies ist wohl der Ort, an dem der Wolf auf die Bisonfährten einschwenkt.

Er hatte ihr also zugehört! Die Freude darüber milderte den flammenden Schmerz seiner Gedankenstimme. Sie war entschlossen, ihm ihre Qualitäten als Fährtenleserin zu beweisen.

»Nicht unbedingt.« Ihre Stimme war nur ein bassdunkles Flüstern. Verfluchte fremde Stimme! »Es scheint viele Ausgänge zu geben. Vielleicht kann ich die Spur wiederfinden, wenn er einen weniger häufig begangenen Tunnel genommen hat.«

Der Dunkle bedachte sie mit einem Blick, in dem nicht viel Hoffnung lag. Dann nickte er knapp.

Sie folgten einer Treppe, die entlang der Höhlenwand in die Tiefe führte. Erfreulicherweise ignorierten die Zwerge sie völlig und waren gänzlich in ihre Arbeit versunken. Nandalee konnte zwar keinen Aufseher entdecken, aber sie hatte den Eindruck, dass die Zwerge in Eile waren. Ganz so, als versuchten sie, möglichst viele Bretter an einem Tag zu schaffen. Sägemehl und Pferdedung bildeten einen fast geschlossenen Belag auf dem Höhlenboden, und es stank nach Schweiß und ungewaschenen Körpern. Der Pferdegeruch war vergleichsweise angenehm. Die Tiere schienen nicht gut behandelt zu werden. Sie waren hager und unter den Lastgeschirren wund gescheuert. Scheuklappen sorgten dafür, dass die Tiere nur stumpf geradeaus starrten.

Schon am dritten Tunnel, der aus der großen Höhle führte, hatte sie Glück. Sie fand die verräterischen Schrammen, oder etwas, das zumindest so aussah. Wieder waren sie allein, schritten stumm voran und Nandalee war froh, seiner brennenden Stimme für eine Weile entflohen zu sein. Schließlich glaubte sie, Wasser in der Wand links neben sich zu hören. Ein fernes Rauschen. Was wohl geschah, wenn in einen solchen Tunnel Wasser eindrang?

Nandalee beschleunigte ihre Schritte, stolperte über die eigenen Füße und wäre gestürzt, wenn der Dunkle sie nicht gestützt hätte.

Es ist nicht leicht, ein Zwerg zu sein.

Seine Flammenstimme hatte keinen Tonfall. War das ein Scherz oder nur ein nüchterner Kommentar? Sie wünschte sich, er würde schweigen. Oder richtig reden. Mit seinem Mund! Wahrscheinlich war richtig reden für ihn die flammende Gedankensprache.

Weitere Tunnel mündeten in den Gang, dem sie folgten, und langsam wurde er breiter. Immer häufiger begegneten sie geschäftig wirkenden Zwergen. Auch der Fels um sie herum hatte sich verändert. Sie schritten durch Granit. Nandalee fluchte stumm. Die Spur war endgültig verloren!

»Aussichtslos«, murmelte sie. »Auf Granit kann auch ich keiner Fährte mehr folgen.«

Sehen wir, wohin der Tunnel führt. Sie keuchte auf unter seinen Gedanken, doch er ignorierte ihren Schmerz. Ich war lange nicht mehr hier.

Er war schon einmal hier gewesen? Fand er Gefallen daran, in einem fremden Körper zu reisen? Und wenn er schon einmal hier gewesen war, wo war er dann noch überall gewesen? Vielleicht auch in der Weißen Halle? Beobachteten die Himmelsschlangen die Albenkinder? War es das, was er ihr mit der Bemerkung hatte sagen wollen? Nein, beschloss sie, sie würde nicht danach fragen. Sie wollte keine Antworten mehr in dieser Flammenstimme hören, die so viel kräftiger, machtvoller und schmerzhafter war als jene der anderen Drachen, denen sie begegnet war.

Ein merkwürdiger Gestank mischte sich unter den Mief abgestandener Luft, der sie behelligte, seit sie das Höhlensystem betreten hatten.

»Stinkt wie ungewaschene Füße«, murmelte sie.

Nein. Das ist Koboldkäse aus Drashnapur.

Nandalee zuckte zusammen und bereute ihre Worte. Sie würde schweigen, schweigen, schweigen. Albenkinder waren nicht dazu geschaffen, sich mit Drachen zu unterhalten. Jedenfalls nicht mit dem Erstgeschlüpften unter ihnen!

Sie passierten einen Tunnel, von dessen Eingang eine vielfach gegabelte Ader aus schmutzig weißem Quarz ins Dunkel lief. Der Gestank war hier so intensiv, dass Nandalee nur noch durch den Mund atmete. Sie beschleunigte ihren Schritt. Langsam kam sie besser mit ihren viel zu kurzen Zwergenbeinen zurecht.

Sie hatten den Gestank schon eine Weile hinter sich gelassen, als sie eine Höhle erreichten, in die fünf Tunnel mündeten. Der Boden war auch hier aus Granit und Tausende genagelte Zwergenstiefel hatten den Fels über die Jahre glatt geschliffen. Hier endete ihr Weg. Es gab keine Fährte mehr. Schon lange nicht mehr. Und sie hatten längst eine ganze Reihe kleinerer Tunnelöffnungen passiert. Eingänge zu Wohnhöhlen, wie sie vermutete.

Der Dunkle sah sie erwartungsvoll an. Als Zwerge waren sie beide gleich groß und dennoch hatte sie das Gefühl, dass er auf sie hinabblickte. Ihr Trotz erwachte. Sie wollte sich nicht einfach so geschlagen geben. Wenn sie in den Wäldern eine Spur verlor, versuchte sie sich in das Wild hineinzuversetzen. Suchte es die nächste Wasserstelle? Einen guten Fressplatz? Einen geschützten Ort, um zu gebären?

Sie suchten einen Zwerg, der diese Stadt durch einen Albenstern betrat, aber nicht wieder verließ. Er strebte also irgendeinem anderen Ausgang entgegen. Da hatte sie ihre Fährte! Triumphierend blickte sie in die blauen Drachenaugen. »Gibt es in diesem Teil der Tiefen Stadt ein Tor ins Freie oder einen weiteren Albenstern? Einen Ort, den ein Durchreisender auf jeden Fall aufsuchen würde? Vielleicht ein Ort, der geeignet wäre, endgültig seine Fährte zu verwischen?«

Der Dunkle nickte bedächtig. Den gibt es, und er wird Euch nicht gefallen, Dame Nandalee. Es ist ein Ort der Verzweiflung.

Sie war noch ganz benommen von der Hitze seiner Gedanken, da strebte er schon dem mittleren der Tunnel entgegen. Sie hatte Mühe, ihm zu folgen, und die Stadt der Zwerge schien sich endlos auszudehnen. Einmal überquerten sie eine erschreckende Brücke, die einen Abgrund mitten im Berg überspannte. Immer häufiger begegneten sie jetzt Zwergen. Niemand schien sich darüber zu wundern, dass zwei Fremde hier herumliefen. Ein Kerl mit Goldenen Schwingen am Helm und einem ölschimmernden Bart grüßte sie sogar freundlich, als würde er sie kennen.