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»Du hast gute Arbeit geleistet, Datames.« Einen Moment überlegte Artax, den Hofmeister einzuladen, neben ihm im Streitwagen nach Isatami einzuziehen, doch es mochte als Schwäche ausgelegt werden, wenn er Datames so nah an seiner Seite duldete.

»Du darfst dich zurückziehen.«

Der Hofmeister verneigte sich und entfernte sich wortlos.

Artax setzte seinen Helm auf und klappte die Maske vor sein Gesicht. Das Metall lag kühl auf seinem Antlitz. Fast wie eine zweite Haut.

Er hob die Zügel und blickte flüchtig nach dem Sklaven mit dem reich bestickten Sonnenschirm, der schräg hinter ihm stand. Von einem solchen Sklaven mit Sonnenschirm begleitet zu werden war ein Privileg, das allein den Mächtigsten des Reiches vorbehalten war. Artax fand es albern. Er war ein Leben lang ohne demütige Diener mit Schirmen ausgekommen, die hinter ihm herschlichen. Er hatte mit Datames darüber gestritten, sich aber letztlich gefügt. Es war ein Teil dieses Auftritts, wie seine prächtigen Gewänder und all das andere. Es war wie beim Brotbacken. Löschte man das Feuer unter dem Ofen, wenn man die Laibe schon hineingeschoben hatte, würde alles verderben.

Artax lockerte die Zügel und mit knirschenden Rädern setzte sich der Streitwagen in Bewegung. Er wurde von vier milchweißen Stuten gezogen, auf deren Köpfen bunte Federbüschel wippten. Die türkisblauen, mit Silberfäden durchwirkten Pferdedecken waren erst wenige Tage zuvor vollendet worden. Die alten Decken, die das Symbol der geflügelten Sonne getragen hatten, waren aus den königlichen Ställen entfernt worden. Nun zeigten sie Bilder von Aaron auf der Gazellenjagd und wie er auf einem Schlachtfeld über die Körper erschlagener Feinde hinwegschritt. Muwatta sollte schon bei ihrer ersten Begegnung klar sein, dass dies ein freundschaftlicher, keinesfalls aber ein demütiger Besuch war.

Der Löwenhäuptige begleitete sie nicht. Er schien es nicht zu mögen, sich dem Volk zu zeigen, und Artax hatte Sorgen, dass er vielleicht allein vor Išta stehen würde. Die Devanthar hasste ihn, da war er sich ganz sicher. Und sie würde nach dem Zweikampf in der Goldenen Stadt nach einer Gelegenheit suchen, ihn zu demütigen.

Er blickte die Prachtstraße entlang. Tausende Schaulustige waren gekommen, jubelten ihm zu und warfen Blütenblätter auf den Weg. Manche hielten Kinder hoch, damit sie ihn sehen konnten. Die Pferde seines Gespanns warfen nervös die Köpfe in den Nacken. Die Menschenmenge und der Lärm beunruhigten sie. Artax zog die Zügel ein wenig straffer an.

Die Prachtstraße wurde von Kriegern Muwattas flankiert. Auf jeden Schritt ein Kämpfer auf jeder Seite des Weges. Sechstausend bis zum Stadttor. Sie hatten die Schwerter gezogen. Die Klingenspitzen zeigten zum Boden. Jeder von ihnen trug ein Eisenschwert. Muwatta nutzte die Gelegenheit, die Macht seines Heeres zu zeigen. Die Krieger trugen zwar noch Bronzehelme und nur vereinzelt Schuppenpanzer, aber diese Schwerter machten sie jedem Gegner überlegen. Sechstausend Eisenschwerter! Sie würden in seine Krieger fahren wie die Sichel ins Korn.

Artax hatte schon Bronzeschwerter gesehen, deren Klingen versilbert worden waren, um poliertes Eisen vorzutäuschen. Aber diese Waffen hier waren echt. Daran hegte er keine Zweifel. Und die dreihundert Mann seiner Himmelshüter, der Leibwache seines Palastes, würden es auch sehen. Von ihnen besaßen nicht einmal dreißig Schwerter aus Eisen. Vielleicht hätte er auf den Löwenhäuptigen hören sollen – diese Reise war nicht klug! Muwatta brauchte einen Krieg, um seine Ehre wiederherzustellen, und er würde sich niemals zu einem Friedensschluss überreden lassen. Es sei denn, er, Artax, fand einen Weg, ihn zu erpressen … Der Maskenhelm verbarg Artax’ Lächeln. Er hatte sich einige Gedanken gemacht und war recht zuversichtlich, zumindest eine kleine Hoffnung auf Erfolg zu haben.

Das Stadttor öffnete sich. Fanfaren erschollen und Trommeln, deren Schlag wie Donner dröhnte. Muwatta ritt auf einem zweizahnigen Kopfschwänzler, einem Elefanten! Verdammter Bastard! Neben ihm würde er in dem vergoldeten Streitwagen wie ein Zwerg aussehen.

Muwatta ist eben kein Bauer. Er weiß, wie man einen Auftritt zelebriert. Du hättest auf uns hören und in der großen Löwensänfte kommen sollen. Die wäre deutlich eindrucksvoller als dieses Wägelchen.

Artax versuchte seinen Quälgeist zu ignorieren und blickte zurück auf den langen Zug an Höflingen und Kriegern, der ihm folgte. Datames hatte an nichts gespart. Der Auftritt war eindrucksvoll. Jeder im Gefolge war nach Schönheit und gutem Wuchs ausgesucht und in erlesene Gewänder gekleidet. Der Hofmeister überließ nichts dem Zufall, wenn er einen Auftritt inszenierte. Selbst auf kleinste Details achtete er. So hatte er mit Wachen und Dienern sogar einstudiert, wie sie gehen sollten. Die Krieger traten mit festem Schritt auf, und sie alle marschierten im gleichen Takt, was etwas Bedrohliches hatte. Die Diener und Gabenträger hingegen schritten mit leichtfüßiger Eleganz. Artax wäre niemals auf die Idee gekommen, sich um so etwas zu kümmern, aber es veränderte das Bild des Auftritts. Das ließ sich nicht von der Hand weisen und zumindest das konnte Muwatta nicht übertrumpfen, indem er sich auf einen Elefanten setzte.

Die Sänften der Haremsdamen zu sehen, versetzte Artax einen leichten Stich. Er musste an Aya denken. Sie war eine der drei gewesen, die ihn in seiner ersten Nacht als Aaron besucht hatten. Er hatte sie gemocht. Sie war frech und lebhaft gewesen. Nicht so unterwürfig und vorsichtig wie die meisten der anderen Frauen des Harems. Datames hatte ihm von Ayas Schicksal erzählt. Sie war aus dem Harem entflohen, doch als sie erkennen musste, dass sie wohl niemals dem Palast entkommen könnte, hatte sie sich in die Löwengrube gestürzt. Wenn sie ihm doch nur etwas gesagt hätte! Längst schon wollte er den Harem auflösen. Ihr Tod war so sinnlos gewesen. Er hätte sie für den Fluchtversuch nicht bestrafen lassen.

Ihr Lachen klang ihm noch immer im Ohr.

Er wandte den Blick nach vorn — Muwatta war nur noch weniger als hundert Schritt entfernt. Artax zügelte die Pferde und stieg vom Wagen. Auch ihn hatte Datames gelehrt, wie man mit mehr Anmut schritt. Er hatte Wasserkrüge auf dem Kopf balancieren müssen, um seine Haltung zu verbessern. Und er hatte reichlich Krüge zerbrochen, bis dem Hofmeister zum ersten Mal ein Lob über die Lippen gekommen war. Nun half es. Artax fühlte sich selbstsicher. Er wusste, dass er auf jeden der Zuschauer stattlich wirkte.

Völliger Blödsinn! Keiner von uns hat sich je zu so etwas herabgelassen. Entweder man ist mächtig und strahlt es aus, oder man ist ein Wurm. Ob du watschelst oder schreitest, ändert nichts daran.

Ihr meckert wie die Ziegen, dachte Artax. Immer dieselbe Leier. Bauer, Bauer, Bauer. Dass den Aarons nicht mal etwas Neues einfallen konnte als diese vermeintliche Beleidigung, die er, Artax, gar nicht als eine solche empfand. Sein Leben als Bauer hatte ihn ausgefüllt. Nun ja. Jetzt war er Herrscher geworden, und deshalb schritt er jetzt eben beeindruckend einher und hielt Reden, statt mit krummem Rücken auf dem Acker zu stehen und Unkraut auszurupfen. Na dann, dachte er. Auf in den Kampf.

Die Rufe der Menge verstummten. Alle beobachteten gespannt die Begegnung der beiden Unsterblichen. Sicherlich kannte hier jeder die Geschichte um das Duell in der Goldenen Stadt.

Der Elefant hielt wenig mehr als einen Schritt entfernt. Schwarze Augen blickten melancholisch zu ihm herab. Artax war überrascht zu sehen, dass der zweizahnige Kopfschwänzler lange Augenwimpern hatte. Das machte seinen Blick erstaunlich menschlich. Ein gellender Befehl des Treibers ließ das große Tier niederknien. Muwatta saß unter einem Baldachin und machte keine Anstalten herabzusteigen. Überheblich grüßend hob er die Rechte. »Es überrascht mich, dich hier zu sehen, Aaron. Bist du gekommen, um dich zu unterwerfen?«

»Ich bin hier, um zu sehen, wie du die himmlische Hochzeit vollziehst, Bruder.«