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Talawain wünschte sich, er wäre so geschickt wie einer der Meuchler der Weißen Halle. Es musste wie ein Unfall aussehen. So, als ob … Kurunta packte einen der Tische und hob ihn über den Kopf. Dieser Barbar! Glaubte der Mistkerl, er könnte ihn einfach zerschmettern?

Der Tisch sauste herab. Talawain warf sich zur Seite, darauf bedacht, nicht zu gewandt zu wirken. Das Möbelstück schlug zwischen den Kissen hindurch auf den Steinboden.

Der Elf bemerkte, dass er blutete. Er hatte sich mit der Hand in den Scherben einer zerbrochenen Öllampe aufgestützt.

»Stirb endlich!«, schnaufte der Luwier. »Ich zerquetsch dich wie eine Laus!« Der Kerl warf sich ihm mit ausgebreiteten Armen entgegen. Talawain schnellte hoch und hob die Fäuste, die, verglichen mit denen seines Gegners, geradezu lächerlich klein aussahen.

Kurunta wollte ihn einfach niederschlagen. Der Elf trat auf eine große Tonscherbe und rutschte vor, wobei er fast in einen Spagat ging. Die Faust des Luwiers sauste über seinen Kopf hinweg. Talawain boxte ihm gegen ein Knie. Ungeschickt und nicht sonderlich fest. Der Krieger hob einen Fuß, um ihn in den Boden zu stampfen. Talawain aber sprang auf und hielt sich dabei an Kuruntas Gürtel fest. Er schwang scheinbar unkontrolliert hin und her. Der Fußtritt und zwei Faustschläge verfehlten ihn. Gerade wollte er loslassen, als der Luwier ihm einen Kopfstoß verpasste. Mitten ins Gesicht. Talawain konnte hören, wie seine Nase brach. Warmes Blut quoll ihm über die Lippen. Den Kopf wie eine Keule einzusetzen … Das konnten sich nur Menschen einfallen lassen!

Der Elf blickte zu Boden. Helle Lichtpunkte tanzten ihm vor den Augen. Kurunta verhöhnte ihn. Er hörte die Stimme nur undeutlich, so sehr dröhnte ihm der Kopf. Es ging wieder um seinen Rock.

Der Boden rings herum war mit den Scherben zerbrochener Tonkrüge und verbeulten Trinkpokalen bedeckt. Öl aus zerbrochenen Lampen bildete eine schlüpfrige Mischung mit vergossenem Anisschnaps und edlem Roten. Dicht vor ihm lag der Boden einer zerschlagenen Lampe. Scharfe Tonzacken ragten vom Gefäßboden auf.

Talawain blickte zu Kurunta. Der Hüter der Goldenen Gewölbe trug gefärbte Sandalen mit einer relativ dünnen Sohle. Sein Gegner hatte seinen Dolch aufgehoben. Stimmengemurmel brandete auf den Elfen ein. Ein schrilles Piepen hatte sich in seinem linken Ohr eingenistet. Der tiefe Bass Kuruntas durchdrang den Geräuschbrei. Er klang, als dränge seine Stimme durch Wasser.

»Ich schneide dir die Augen heraus und piss dir in dein Hirn, Bartloser!«

Talawain stieß einen leisen Schreckenslaut aus und wich zurück. Die heimtückische Scherbe lag nun zwischen ihm und Kurunta. »Bitte, lass mir die Augen!«, jammerte er. »Du kannst mich töten, aber lass mir die Augen!« In Aram, Ischkuza und Luwien gab es den Aberglauben, dass Verstorbene, denen die Augen fehlten, in der Welt jenseits des Grabes blind sein würden. Eine aberwitzige Vorstellung, dachte der Elf. Aber um in seiner Rolle als Hofmeister zu bleiben, durfte er solche vulgären Drohungen nicht ignorieren.

»Ich werde deine Augen an einen räudigen Straßenköter verfüttern! « Kurunta hielt den Blick fest auf ihn gerichtet und ließ seinen Dolch hin und her schwingen. Talawain wich noch ein klein wenig weiter zurück. Der Luwier setzte nach und trat in die Scherbe. Sein Fuß knickte um. Der Elf schnellte vor und gab Kurunta eine schallende Ohrfeige. Eine bewusst lächerliche Geste, aber es ging nicht um den Schlag, sondern um den niedrigen Tisch neben dem Luwier, auf dem besonders viele Öllämpchen standen. Der Hüter der Goldenen Gewölbe stieß Talawain zurück, kam dabei jedoch endgültig aus dem Gleichgewicht. Fluchend strauchelte er und stürzte auf den Tisch. Kerzenflammen leckten nach seinem Rock. Der teure Stoff fing Feuer.

»Er … Er brennt«, stammelte Talawain, während die übrigen noch gafften. Kurunta blickte mehr überrascht als erschrocken an sich herab. Man könnte die kleinen Flammen mit der Hand ausschlagen.

»Wir müssen ihn löschen!«, rief der Elf und griff nach einem der Tonkrüge auf dem nächststehenden Tisch. Er wusste, dass es ein Branntweinkrug war. Mit weitem Schwung schüttete er den Schnaps über den Luwier. Eine fauchende Stichflamme hüllte Kurunta ein, und der Hüter des Gewölbes schrie auf. Er schlug mit den Händen nach den Flammen und warf sich zu Boden.

»Bei den Göttern … Das wollte ich nicht«, log Talawain und wich von seinem Gegner zurück.

Endlich kam Bewegung in die Umstehenden. Jemand rief nach Decken, die es in dieser schwülen Sommernacht natürlich nicht auf der Terrasse gab. Andere hielten Tonkrüge in den Händen und zögerten. Sie schnupperten daran, voller Sorge, mit einem weiteren Fehler das Feuer noch mehr anzufachen.

Kurunta schrie. Flammen leckten über das Gemisch aus Öl und Branntwein am Boden. Das Feuer weitete sich nicht aus. Schon verlosch es an einigen Stellen. Der Geruch von scharf angebratenem Fleisch mischte sich unter den Duft des vergossenen Anisschnapses.

Über den Dächern der Stadt schwebte Muwatta, umgeben von einer Aureole aus goldenem Licht. Išta trug ihn vom Himmel herab zum Tempel auf der Zikkurat. Doch auf der Palastterrasse achtete niemand auf ihn. Alle Augen waren auf Kurunta gerichtet, dessen prächtiger Wickelrock zu Asche verbrannt war und der mit schwächer werdenden Bewegungen gegen die verlöschenden Flammen ankämpfte.

Talawain spürte einen leichten Anflug von Stolz. Es war ihm ein Vergnügen gewesen, den Menschensohn vorzuführen. Unklug, ohne Zweifel, und dennoch ein Vergnügen. Ihm war klar, dass er für diesen Spaß schon bald würde zahlen müssen. Über diesen Abend würde viel geredet werden und das würde ihm mehr Aufmerksamkeit einbringen, als ihm lieb sein konnte.

Die Wächter der Unsterblichen

Er hatte Mühe gehabt, sie davon abzuhalten, das Schilfhüttenlager im Hof des Palastes anzugreifen. So war sie schon immer gewesen. Zu aufbrausend!

Die beiden standen zwischen den uralten Steinen auf dem Hügel vor Isatami, und er spürte die Macht des Albensterns.

Dieses Duell wird nicht ungesühnt bleiben!

Du wirst nicht mehr tun, als abgesprochen war, entgegnete der Löwenhäuptige ruhig.

Die Flügel seiner Schwester zuckten leicht. Bei ihr musste man auf alles gefasst sein. Die Luwier sahen in ihr die Verkörperung eines Gewitters in den Bergen. Sie war die Göttin des Krieges, der Liebe und der Fruchtbarkeit — und sie war eine grausame Mörderin. Ihr Volk kannte sie wahrlich. Sie war launisch bis an die Grenze des Erträglichen. So sprunghaft, dass die meisten Devanthar sie mieden. Sie stritt mit jedem, und eine Nichtigkeit genügte ihr als Anlass.

Du wirst mir in meinem Reich keine Befehle erteilen! Wir haben deinen Aaron nicht eingeladen. Er selbst hat entschieden, sich uns auszuliefern. Und nach dem Vorfall heute Abend wird sein Gefolge mit Blut bezahlen. Sie legte den Kopf ein wenig schief. Plötzlich wirkte sie ganz ruhig. Weißt du überhaupt, wer sich im Palast von Akšu eingeschlichen hat? Weißt du, was für eine Natter ihr unter euch duldet? Dieser Datames … Hast du seine Aura einmal betrachtet? Sie ist gestört. Unregelmäßig. Er trägt Bleidrähte in seinen Kleidern. In allen Kleidern. Sie verzerren den Blick auf die Aura. Manchmal decken sie die Aura fast vollständig ab. Was glaubst du, warum er das tut?

Weil er ein Elf ist und hofft, sich so vor uns verbergen zu können.

Seine Schwester sah ihn überrascht an. Dann ärgerlich. Du weißt das! Und du duldest, dass er einen der treuesten Diener Muwattas öffentlich demütigt und verstümmelt!