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»Haben eure Weisen herausgefunden, woran die Besatzung des Wolkenschiffs starb, das ihr in die Goldene Stadt zurückgebracht habt?« Er hoffte, dass diese Frage keinen Verdacht unter den Umstehenden erwecken würde.

»Der Tod der Wolkenschiffer blieb uns ein Rätsel, unsterblicher Aaron, Herrscher aller Schwarzköpfe. Doch haben wir Kunde von zwei kleineren Frachtschiffen erhalten, auf denen die Besatzung ebenfalls umkam, ohne dass Blut vergossen wurde oder ein Zeichen äußerer Gewalt zu erkennen gewesen wäre. Unsere Geisterrufer glauben, dass die Grünen Geister der Wälder mit dem Geheimnis zu tun haben.«

»Steigen sie denn auch in den Himmel hinauf?«, fragte Aaron ehrlich überrascht. Der Gedanke, dass man sich nicht einmal auf den Wolkenschiffen vor ihnen sicher fühlen konnte, war beklemmend.

»Noch hat sie dort niemand gesehen, doch muss dies wohl nicht als Beweis dafür gelten, dass es unmöglich wäre.«

Was für ein gestelzter Satz, dachte er. Aber er war zufrieden, dass das Gespräch so verlaufen war, wie er es vorhergesehen hatte. Er wusste längst, dass es noch immer keine Erklärung für den Tod ganzer Schiffsbesatzungen gab. »So müssen wir uns wohl fügen, dass die glückselig machende Erkenntnis so weit von uns entfernt ist, wie die Monde um Mitternacht von der fernsten Wurzelspitze.«

Du bist unendlich peinlich, Bauer. Selbst hier in der Goldenen Stadt dürfte es ein Dutzend Dichter an unserem Hof geben, die das besser hinbekommen hätten. Es ist uns klar, dass es dir um Heimlichtuerei geht. Um Geheimnisse zu bewahren, gibt es Scharfrichter. Wann wirst du jemals lernen zu herrschen, statt dich zum Gespött von Barbaren zu machen?

Shaya zog die Brauen ein wenig zusammen, während einige ihrer Krieger hart gegen ein spöttisches Grinsen ankämpften. »Mir scheint, an Euch ist ein Dichter verloren gegangen, erhabener Unsterblicher. «

Artax bedankte sich mit einem knappen Nicken für das – so hoffte er – Kompliment. »Möge eure Suche nach Erkenntnis von Glück gekrönt werden.« Mit diesen Worten wandte er sich ab und trat auf die Treppe hinaus. Es kostete ihn Überwindung, aber länger mit Shaya zu reden wäre unschicklich und würde Verdacht erregen. Hoffentlich hatte sie den geheimen Hintersinn seiner Worte verstanden.

Ist sie wert, was du vorhast? Du solltest den üblichen Weg gehen! Sie ist nur eine siebenunddreißigste Tochter. Glaubst du wirklich, sie sei etwas Besonderes? Wir können nicht begreifen, was du an ihr findest. Biete ihrem Vater ein paar Dutzend hübsche Gäule, und du wirst sie bekommen und mit ihr anstellen können, was immer dir beliebt – was vermutlich höchst phantasielos sein wird.

Artax war fest entschlossen, sich sein Hochgefühl nicht nehmen zu lassen. Nach so vielen Monden ein paar Worte mit Shaya gewechselt zu haben war wundervoll und grausam zugleich gewesen. Er hoffte … Nein, er war sicher, sie hatte die geheime Botschaft verstanden.

Diese hirnlose Schlampe, die von ihrem Vater unter seine Krieger abgeschoben wurde, weil sie sogar zum Kindermachen zu dämlich war, wird dich enttäuschen. Glaube uns, wir kennen die Frauen. Was glaubst du, warum Herrscher einen Harem besitzen? Alle! Um sich nicht mit Weibergeschichten herumzuschlagen. Du vergeudest deine kostbare Zeit!

Artax lächelte. Je heftiger Aaron protestierte, desto sicherer konnte er sein, für sich den richtigen Weg gefunden zu haben. Er musste seinen Weg nur im Geheimen gehen.

Artax vermutete, dass Juba nicht entgangen war, dass etwas vorging. Er konnte dessen fragende Blicke förmlich in seinem Nacken spüren. Der Kriegsmeister ging eine Stufe hinter ihm. Artax wusste, dass sein Gefährte niemals eine kompromittierende Frage in Anwesenheit anderer Krieger der Leibwache stellen würde. Dennoch wäre es besser, ihn auf andere Gedanken zu bringen. Dann vergaß er das merkwürdige Gespräch am Tor vielleicht.

»Wo steckt Volodi? Ich glaube, seit er zum Hauptmann in der Palastwache befördert wurde, habe ich ihn nicht mehr gesehen.«

»Ich habe Euch vor ihm gewarnt, Erhabener.« Es war unüberhörbar, dass Juba die Frage unangenehm war. »Söldner, die ihren Lohn erhalten haben, sind treulos wie Huren. Ich schätze, er bringt seine Schätze gerade mit ebensolchen durch. Erst wenn er sein letztes Kupferstück verprasst hat, wird man ihn wieder mit einer Aufgabe betrauen können, die verantwortungsvoller ist als der Posten eines Latrinenputzers.« Wie stets in der Öffentlichkeit achtete Juba peinlich genau darauf, ihn förmlich anzusprechen.

Artax war anderer Meinung als sein Kriegsmeister. Er hatte die Piraten schwören lassen, ihm in drei Schlachten zu dienen. Und keiner von ihnen war davongelaufen, nachdem sie ihren Lohn für die Kämpfe in Luwien erhalten hatten. Er würde aus ihnen den Kern einer schlagkräftigen Streitwagenschwadron formen. Die meisten der Piraten hatten bei dem Überfall auf Aram eiserne Waffen erbeutet. Nicht einmal seine Himmelshüter waren so gut ausgerüstet. Die Söldner würden in der kommenden Schlacht gegen Muwatta seine schärfste Klinge sein. Aber das hatte noch Zeit … Bedeutender als ihre Waffen waren die Schmiede, Erzkocher und Bergleute, die sie gefangen genommen hatten. Sie hatten Muwatta das Geheimnis der Eisenherstellung entrissen. Bald würde man auch in Aram eiserne Klingen fertigen können. Er machte sich nichts vor – die Zeit bis zur Schlacht war zu knapp. Es würde Jahre dauern, sein Heer mit neuen Waffen auszurüsten. Aber wenigstens wären sie für die Zukunft gewappnet.

Während Artax die schier endlose, von roten Säulen gesäumte Treppenflucht zum äußeren Tor des Palastes hinabstieg, blickte er immer wieder verstohlen zu Juba hinüber. Er würde seinen Feldherrn in dieser Nacht täuschen müssen. Und das würde kein leichtes Unterfangen werden.

Von Liebhabern und zahnlosen Wölfen

Volodi schlug die Augen auf. Ein Schrei hatte ihn geweckt! Überall ringsherum waren Federn. An den Wänden, über ihm … Er tastete nach seinem Schwert, berührte nackte Haut und erinnerte sich wieder. Schwer atmete er aus. Er war längst zurück aus Luwien. Alles war gut. Sehr gut sogar!

Der unsterbliche Aaron hatte ihn auserwählt, mit in die Neue Welt zu reisen, in die Goldene Stadt. Nie hätte er sich diese Pracht vorstellen können. Es war einfach unbeschreiblich. Eines Tages, wenn er wieder in Drus war, würde er Bozidar und Vater von all den Wundern hier erzählen. Sie würden ihn für einen Aufschneider halten. Volodi grinste. Endlich hatte sich sein Leben zum Guten gewandt. Und dieses Weib … Sie war wie eine wilde Wölfin gewesen. Jetzt lag sie zusammengerollt neben ihm – klein, zierlich, fremd. Die Farbe ihrer Haut erinnerte an Eicheln. Nein, nicht ganz. Der Ton war etwas dunkler.

Sie schliefen auf Schilfmatten, und über ihnen brannte ein Öllämpchen in einer Wandnische über dem Lager. Eine Decke voller bunter Federn lag zu ihren Füßen. Es war angenehm warm. So warm war es in Drus nur in den schönsten Sommernächten.

Wieder drang ein markerschütternder Schrei durch die Finsternis. Volodi hielt den Atem an. Es musste einer dieser Vögel sein. Die Kleine war von Vögeln und Federn geradezu besessen. Überall unter der Zimmerdecke hingen Käfige. Sie hatte Dutzende Vögel, kleine, schillernde und auch große mit unerfreulich aussehenden Schnäbeln, die ihn mit ihren schwarzen Augen angestarrt hatten, als er Quetzalli auf den Schilfmatten geliebt hatte. Selbst die Wände waren geschmückt mit Fächern aus Vogelfedern und grellbunten Vogelbildern, die auf den Lehm gemalt waren. Anfangs hatte er gedacht, dass die Kleine nicht sonderlich vermögend sein konnte. Ihr Haus war nicht eindrucksvoll. Es gab keine Diener. Aber dann hatte sie ihn überrascht und ihn vor dem Liebesspiel aus einem goldenen Becher trinken lassen. Sie kam aus Zapote. Bevor er ihr begegnet war, hatte Volodi von diesem Reich noch nie gehört.

»Quetzalli?« Er strich ihr mit den Fingerspitzen über die Schultern. Sie schmiegte sich an ihn. Ihre linke Hand lag zwischen seinen Schenkeln. Jetzt regte sie sich, griff zu.