»Nun ja, Wärme kann ich nicht versprechen, aber alles andere ...«
Das Wasser begann sich aufzublähen, der Grund des Baches wurde sichtbar. Auf dem sandigen Boden sprangen ängstlich Jungfische herum. Ein Gebilde aus Wasser, das Torn aufs Haar glich, stand vor Loj. In dem durchsichtigen Körper wirbelten Strudel umher, mächtige Strahlen der Bachströmung flossen durch ihn hindurch. Ein Fisch, der sich zufällig in dem sich belebenden Wasser befunden hatte, flitzte erschrocken in der Brust umher, als wollte er den Herzschlag parodieren.
Torn, besser Torns Doppelgänger, war nackt. Eine ausgezeichnete Kopie! Nur in einer Hinsicht war der Magier nicht der herben Wahrheit des Lebens gefolgt ...
»Oho ...«, war alles, was Loj sagen konnte, als sie Torn betrachtete.
»Aha«, sagte Torn selbstzufrieden. Er streckte die Hand aus und begann Loj die Reste ihres Kleids vom Leib zu ziehen.
»Hör mal, ich schätze dich wirklich außerordentlich, aber was meine Wasserliebe angeht ...«, versuchte die Katze zu protestieren. Aber der erregte Magier hörte ihre Einwände nicht, sondern fiel mit der Begeisterung eines Halbwüchsigen über sie her.
Vielleicht würde es ja ganz lustig werden!
Loj zwang sich, die Küsse der kalten, nassen Lippen zu erwidern, ließ sich folgsam ins Gras zurücksinken. Die durchsichtige Gestalt mit den männlichen Vorzügen von unerhörtem Ausmaß hing über ihr.
»Ich bin mächtig!«, schrie der Magier.
Ach ...
Die fassungslose Loj versuchte verzweifelt herauszufinden, ob es ihr gefiel oder nicht. Vielleicht, wenn man das Wasser anwärmen würde ... aber so, da konnte sie auch gleich einen Gartenschlauch nehmen ...
»Luder ...«, seufzte der Magier zärtlich und schmachtend. »Ach, Loj!«
Das Wasser in ihm wirbelte nur so, der Fisch warf sich hin und her, von der Strömung getrieben.
»Loj ...« Der Magier stöhnte.
Das durchsichtige Gesicht lächelte dümmlich, die Wasserfallaugen verengten sich. Torn begriff zu spät, dass er die Kraft nicht länger kontrollieren konnte.
»Entsch...«, gluckste er, als das Wasser, befreit von den magischen Fesseln, in einem Schwall auf Loj einstürzte.
Völlig durchnässt und am ganzen Körper mit Gänsehaut überzogen, wälzte sich Loj Iwer in einem hysterischen Lachanfall durchs Gras.
Torn, Torn ...
Wie oft würde sie noch erklären müssen, dass es nicht um die Größe ging! Nein, nein, sie würde ihm nicht sagen, dass es ihr überhaupt nicht gefallen hatte.
Im warmen Wasser, in der Badewanne, nach einem harten Arbeitstag ... bitte, da ließ sich das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden.
Aber genug gelacht, jetzt musste sie sich dringend um das arme Fischlein kümmern.
Mit dem größten Vergnügen hätte Viktor sich dem Schlaf überlassen. Der Wagen rollte vor sich hin, die Hufe des Pferdes klapperten gleichmäßig, die Holzräder ächzten, Tel
»Wow, schau nur, wie diese Kutsche vom Erdclan dahinjagt!«, sagte Wasja voller Begeisterung. »Wenn du erst Zauberin bist, wirst du auch so durch die Gegend reisen, mit Gardisten und allem Drum und Dran.«
Viktor setzte sich sogar auf und blickte der Kutsche hinterher. Er sah nichts Besonderes. Die Fenster waren dicht verhängt, und die Leibwächter erinnerten überhaupt nicht an Magier.
»Magst du Milch?«, fragte der Kutscher. »Die muss getrunken werden, sonst wird sie sauer.«
Nachdem Viktor die warme, fette Milch ohne Freude ausgetrunken hatte, legte er sich wieder hin. Es wäre so schön einzuschlafen ...
Und am Ufer unter dem Himmel, an dem keine Sonne schien, aufzuwachen? Zur Freude des Fresssacks?
Er dachte an den regelmäßigen Begleiter seiner Träume schon wie an einen richtigen Menschen. Einen, der unangenehm war, böse und zynisch, der ihm aber doch eine gewisse Achtung abnötigte. Dieser verfluchte Geheimniskrämer, was bedeuteten all diese Andeutungen und halbfertigen Sätze? Sollte Viktor vielleicht einschlafen und eine Prügelei anzetteln? Nein, daraus würde ohnehin nichts, denn in der Welt des Fresssacks ging alles nach dessen Regeln ...
Die Welt des Fresssacks, war das die Welt der Angeborenen?
An diesem Gedanken war nichts Überraschendes. Wenn seine Visionen schon nicht zufällig waren - und da war Viktor sich ziemlich sicher -, dann musste er vermutlich bei den Angeborenen nach ihrem Urheber suchen. Bei denen, vor denen sich sogar die mächtigen Magier fürchteten ...
»Und überhaupt, das sind Scheusale!«, rief Wasja plötzlich. Offenbar stritten er und Tel sich schon eine Weile.
»Und du, hast du je einen Drachen gesehen?« Viktor hob den Kopf, als er Tels Antwort hörte. Aber das Mädchen achtete nicht auf ihn. Ihre Stimme gellte vor Zorn. »Du bist ein kleiner Junge!«
Wasja erzitterte sogar. »Und du? Was bist du? Etwa eine Fallsüchtige? Als ob du einen gesehen hättest!«
»Ich ... ich weiß es!«
»Woher?« Der Kutscher lachte nervös. »Woher willst du das denn wissen? He, Vitek, was ist mit deiner Schwester los?«
»Ich weiß es!« Tels Stimme hob sich. »Die Erde erinnert sich noch an ihre Schritte, die Felsen zertrümmerten! Sie hatte Mühe, die Drachen zu tragen, denn Berge sind leichter als deren Herzen! Die Luft winselte vor Schmerz, wenn die Drachen ihre Flügel ausbreiteten! Die Wirbelstürme änderten ihre Bahn, um ihnen nicht zu begegnen! Die Meere kochten von ihrem Atem! Die Flüsse trockneten aus, wenn die Drachen ihren Durst aus ihnen stillten! In den Kratern der Vulkane wärmten sie sich! Ihre Schuppen brannten heller als die Sonne!«
Stille trat ein. Das Pferd begann zu wiehern und fiel in Trab. Benommen sah Wasja zu Tel hinüber, während er langsam auf der Kutschbank von ihr abrückte. Dann rief er
Tel lachte verächtlich. »Was denkst du, Junge?« Ihre Stimme war süß und doch scharf wie eine Rasierklinge. »Glaubst du, ich schimpfe auf die Drachen? Oh, da liegst du falsch. Völlig falsch. Sie waren der Leib der Erde und der Atem des Himmels. Ihre Seele floss in jeder Quelle, und ihr Licht vertrieb die Nacht. Der Feind wagte es nicht, die Mittelwelt anzugreifen, solange die Drachen sie beschützten. Wenn du den Flug eines Drachen am Nachthimmel gesehen hättest, Junge ... Du wärst auf die Knie gefallen, wärst zu Stein erstarrt und unfähig gewesen, den Blick abzuwenden! Und wenn der Drache mit dem Himmel verschmolzen wäre, dann wärst du nicht mehr derselbe gewesen wie zuvor. Und wenn deine Kräfte gereicht hätten ... wenn nur die Kühnheit gereicht hätte ...«
Tel lachte laut auf.
Wenn die Kräfte gereicht hätten?
Viktor nahm wahr, wie blutroter Nebel vor seinen Augen aufstieg. Tel und der Kutscher verschwammen darin, und auch der Weg und die entgegenkommende Kutsche waren nicht mehr zu sehen.
»Ja, ihr Zorn war furchtbar, Junge! Aber dafür war auch ihre Liebe heller als ein Blitz! Und die Liebe war es, die sie am Ende umbrachte! Denn die Drachen konnten nicht stärker werden als der Drachentöter, dessen Kraft allein im Hass lag!«
Blutroter, blutroter, blutroter Nebel ...
Die Welt war in eurer Gewalt. Und die Städte, die ihre Angst vor den Geflügelten Herrschern vergessen hatten, brannten. In blutroten, blutroten, blutroten Flammen ... Die Menschen
Der Augenblick der Abrechnung ist gekommen.
Es ist kein Blut, kein Feuer, sondern es wird schwarz vor Augen. Vom Leuchten der schwarzen Eisenhaut, vom Strahlen des Schwerts. Er ist stark, der letzte Drache. Der, der wahrhaftig der letzte sein wird. Er ist sehr stark, jeder seiner Schläge bringt den Tod. Aber der Drachentöter spürt keine Wunden, denn was sind Wunden für einen, dessen Fleisch aus Stein ist und dessen Seele ein eisiger Schneesturm, dessen Bewegungen schneller sind als fließendes Wasser und dessen Kraft eine versengende Flamme ist.