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»Nun gut«, sagte Laurana und erhob sich. Mit blassem Gesicht ging sie mit dem Elfenanführer weg.

»Mir gefällt das nicht«, knurrte Derek. »Sie hat ihnen von der Kugel der Drachen erzählt, was sie nicht hätte tun sollen.«

»Sie haben uns darüber reden hören«, sagte Sturm müde.

»Ja, aber sie hat ihnen gesagt, wo sie ist! Ich traue ihr nicht auch nicht ihrem Volk. Wer weiß, was sie für einen Handel abschließen?« fügte Derek hinzu.

»Das reicht!« krächzte eine Stimme.

Beide Männer drehten sich erstaunt um und sahen Flint sich schwankend erheben. Seine Zähne klapperten immer noch, aber in seinen Augen glitzerte ein kaltes Licht, als er Derek anblickte. »I...ich habe g...genug von d...dir, H...Herr Hoch und M...Mächtig.« Der Zwerg biß die Zähne zusammen, um sein Zittern zu bekämpfen, damit er weitersprechen konnte.

Sturm wollte eingreifen, aber der Zwerg schob ihn beiseite, um Derek gegenüberzustehen. Es war ein absurder Anblick und einer, an dem sich Sturm oft mit einem Lächeln erinnern würde. Unbedingt wollte er später Tanis davon erzählen. Der Zwerg, mit seinem langen weißen Bart, nun naß und dünn, dem das Wasser aus seinen Kleidern tröpfelte und eine Pfütze um seine Füße bildete und der knapp an Dereks Gürtel reichte, schimpfte den riesigen, stolzen solamnischen Ritter aus, so wie er Tolpan ausschimpfen würde.

»Ihr Ritter habt so lange in Metall eingeschlossen gelebt, daß euer Gehirn zu einem weichen Brei geschüttelt worden ist!«

Der Zwerg schnaubte verächtlich. »Falls ihr überhaupt jemals ein Gehirn hattet, was ich bezweifle. Ich habe dieses Mädchen aufwachsen sehen von einem kleinen Würmchen bis zu der wunderschönen Frau, die sie jetzt ist. Und ich sage dir, es gibt keine mutigere und noblere Person auf Krynn. Was du begreifen solltest, ist, daß sie gerade deine Haut gerettet hat. Und damit kommst du nicht klar!«

Dereks Gesicht wurde knallrot im Fackelschein.

»Ich brauche weder Zwerge noch Elfen, die mich verteidigen...«, begann er wütend, als Laurana zurückgelaufen kam.

»Als ob es nicht schon genug Schlimmes gibt«, murmelte sie mit zusammengepreßten Lippen, »muß ich auch noch herausfinden, daß sich unter meiner eigenen Rasse etwas zusammenbraut!«

»Was ist los?« fragte Sturm.

»Die Situation sieht so aus: Es leben jetzt drei Elfenrassen im südlichen Ergod...«

»Drei Rassen?« unterbrach Tolpan und starrte Laurana interessiert an. »Was für eine dritte Rasse? Woher kommen sie? Kann ich sie sehen? Ich habe nie...«

Laurana hatte genug. »Tolpan«, sagte sie mit angespannter Stimme. »Geh zu Gilthanas. Und bitte Elistan, herzukommen.«

»Aber...«

Sturm gab dem Kender einen Schubs. »Geh!« befahl er.

Verletzt und traurig schleppte sich Tolpan zu Gilthanas. Der Kender ließ sich auf den Sand fallen und schmollte. Elistan klopfte sanft auf seine Schulter und ging zu den anderen.

»Die Kaganesti, in der Gemeinsamen Sprache als Wild-Elfen bekannt, sind die dritte Rasse«, fuhr Laurana fort. »Sie kämpften mit uns in den Sippenmord-Kriegen. Für ihre Loyalität gab Kith-Kanan ihnen die Gebirge von Ergod – bevor Qualinesti und Ergod durch die Umwälzung getrennt wurden. Es überrascht mich nicht, daß ihr nie von den Wild-Elfen gehört habt. Es ist ein sehr verschwiegenes Volk, das für sich lebt. Einst Grenzland-Elfen genannt, waren sie wilde Krieger und dienten Kith-Kanan gut, aber sie hatten für Städte nichts übrig. Sie vermischten sich mit den Druiden und erwarben ihr Wissen. Mein Volk betrachtet sie als Barbaren – so wie euer Volk die Menschen aus den Ebenen als barbarisch bezeichnet. Vor einigen Monaten, als sie aus ihrer uralten Heimat vertrieben wurden, flüchteten die Silvanesti hierher und erbaten die Erlaubnis der Kaganesti, sich eine Zeitlang in Ergod niederzulassen. Und dann kam mein Volk, die Qualinesti, über das Meer. Und so trafen sich schließlich Verwandte, die seit Hunderten von Jahren getrennt waren.«

»Ich sehe nicht die Wichtigkeit...«, unterbrach Derek.

»Das wirst du schon noch«, sagte sie und holte tief Atem.

»Denn unser Leben hängt davon ab, ob wir verstehen, was auf dieser traurigen Insel passiert.« Ihre Stimme versagte. Elistan ging zu ihr und legte seinen Arm tröstend um sie.

»Alles fing ganz friedlich an. Trotz aller Unterschiede hatten die beiden vertriebenen Rassen Wichtiges gemeinsam – beide wurden vom Bösen aus ihrer geliebten Heimat vertrieben. Sie ließen sich auf der Insel nieder – die Silvanesti am westlichen Strand, die Qualinesti auf der östlichen Seite, getrennt durch eine Wasserstraße, bekannt als Thon-Tsalarian, was in Kaganesti ›Fluß der Toten‹ heißt. Die Kaganesti ihrerseits leben im Hügelland nördlich des Flusses.

Eine Zeitlang wurden sogar Versuche unternommen, Freundschaft zwischen den Silvanesti und den Qualinesti herzustellen.

Und dann begann der Ärger. Denn diese Elfen konnten sich nicht treffen, selbst nach Hunderten von Jahren, ohne daß der alte Haß und die Mißverständnisse an die Oberfläche kamen.«

Laurana schloß einen Moment ihre Augen. »Der Fluß der Toten sollte eher Thon-Tsalaroth – ›Fluß des Todes‹ heißen.«

»Nun, Mädchen«, sagte Flint und berührte ihre Hand, »bei den Zwergen ist es nicht anders. Du hast gesehen, wie ich in Thorbadin behandelt wurde – ein Hügelzwerg unter Bergzwergen. Von allen Haßgefühlen ist der zwischen Familien der grausamste.«

»Bis jetzt wurde noch keiner getötet, aber die Älteren waren so bestürzt darüber, was geschehen könnte – Elfen töten ihre eigene Art -, daß sie anordneten, niemand dürfe die Wasserstraße unter Strafe überqueren«, fuhr Laurana fort. »Und genau hier stehen wir. Keine Seite traut der anderen. Es gab sogar Beschuldigungen, sich den Drachenfürsten verkauft zu haben! Auf beiden Seiten wurden Kundschafter gefangengenommen.«

»Das erklärt, warum sie uns angegriffen haben«, murmelte Elistan.

»Was ist mit den Kag... Kag...«, stolperte Sturm über das unbekannte Elfenwort.

»Kaganesti.« Laurana seufzte erschöpft. »Sie, die uns erlaubt haben, in ihrer Heimat zu wohnen, werden am schlimmsten behandelt. Die Kaganesti waren schon immer im materiellen Sinne arm gewesen – nach unseren Standardvorstellungen, jedoch nicht nach ihren. Sie leben in den Wäldern und Bergen, nehmen sich vom Land, was sie brauchen. Sie sind Jäger und Sammler. Sie pflanzen kein Getreide, sie schmieden kein Metall. Als wir ankamen, erschien unser Volk mit seinem Gold, seinen Juwelen und seinen Stahlwaffen ihnen reich. Viele junge Kaganesti gingen zu den Qualinesti und den Silvanesti und baten, die Geheimnisse der Herstellung von Gold, Silber und Stahl lernen zu dürfen.«

Laurana biß sich auf die Lippen, ihr Gesicht verhärtete sich.

»Ich sage es zu meiner Schande, daß mein Volk die Armut der Wild-Elfen ausnutzt. Die Kaganesti arbeiten für uns als Sklaven. Und die älteren Kaganesti sind zornig geworden und sinnen auf Krieg, da sie sehen, daß man ihnen die jungen Leute weggenommen hat und ihre Lebensweise bedroht ist.«

»Laurana!« rief Tolpan.

Sie drehte sich um. »Sieh«, sagte sie leise zu Elistan. »Da ist eine von ihnen.« Der Kleriker folgte ihrem Blick und sah eine geschmeidige junge Frau – zumindest schien das lange Haar darauf hinzudeuten, daß es eine junge Frau war, auch wenn sie Männerkleidung trug. Sie kniete neben Gilthanas nieder und strich über seine Stirn. Der Elfenlord bewegte sich bei ihrer Berührung und stöhnte vor Schmerzen. Die Kaganesti griff in einen Beutel und begann geschäftig in einem kleinen Tongefäß etwas zu mischen.

»Was macht sie da?« fragte Elistan.

»Sie ist anscheinend die Heilerin, nach der sie geschickt haben«, sagte Laurana und beobachtete das Mädchen genau. »Die Kaganesti sind bekannt für ihre druidischen Fähigkeiten.«

Wild-Elfe war ein passender Name, entschied Elistan, als er das Mädchen aufmerksam musterte. Niemals zuvor hatte er auf Krynn ein intelligentes Lebewesen gesehen, das ähnlich wild aussah. Sie trug eine Lederhose, die in Lederstiefeln steckte.