Выбрать главу

»Ja, mein Fürst«, sagte Sturm angespannt.

Gunther zog an seinem Schnurrbart, ein Zeichen, das die Männer, die ihm gedient hatten, kannten. Der Fürst zog immer an seinem Schnurrbart, bevor er in die Schlacht ritt.

»Sturm Feuerklinge, unser Urteil lautet, daß es dir ab sofort nicht mehr gestattet ist, den Schmuck und die Rüstung eines Ritters von Solamnia zu tragen.«

»Ja, mein Fürst«, sagte Sturm schluckend.

»Ferner wirst du keine Gelder aus der Schatzkammer der Ritter beziehen, noch über Eigentum verfügen oder Geschenke erhalten...«

Die Ritter im Saal bewegten sich unruhig. Das war lächerlich! Keiner von ihnen hatte seit der Umwälzung des Ordens für seine Dienste Geld erhalten. Irgend etwas stimmte nicht. Sie rochen den Donner vor dem Sturm.

»Schließlich...« Fürst Gunther hielt inne. Er lehnte sich nach vorn, seine Hände spielten mit den schwarzen Rosen, die das uralte Schwert verzierten. Seine scharfen Augen fegten über die Versammlung, musterten seine Zuhörer, ließen die Spannung weiter anwachsen. Als er dann weitersprach, hörte sogar das Feuer hinter ihm auf zu knistern.

»Sturm Feuerklinge, versammelte Ritter. Niemals zuvor ist so ein Fall vor das Kapitel gekommen. Und das ist vielleicht gar nicht so sonderbar, wie es den Anschein hat, denn es sind dunkle und ungewöhnliche Zeiten. Wir haben einen jungen Edelmann – und ich erinnere, daß Sturm Feuerklinge gemessen am Standard des Ordens jung ist – einen jungen Edelmann, der für sein Geschick und seinen Mut in der Schlacht bekannt ist.

Selbst sein Ankläger gibt das zu. Ein junger Edelmann, der wegen Befehlsverweigerung und Feigheit vor dem Feind angeklagt ist. Der junge Edelmann leugnet diese Anklage nicht, sondern erklärt, daß er falsch dargestellt wurde.

Nun, gemäß dem Maßstab sind wir gehalten, das Wort eines erprobten und geprüften Ritters wie Derek Kronenhüter über das eines Mannes zu stellen, der noch nicht seinen Schild errungen hat. Aber der Maßstab sagt auch, daß dieser Mann die Möglichkeit bekommen soll, Zeugen zu bringen. Aufgrund der ungewöhnlichen Umstände in diesen düsteren Zeiten ist Sturm Feuerklinge nicht in der Lage, Zeugen zu bringen. Und auch Derek Kronenhüter ist nicht in der Lage, Zeugen für seine Aussage zu bringen. Darum haben wir uns auf folgende, etwas abweichende Vorgehensweise geeinigt.«

Sturm stand verwirrt vor Gunther. Was geschah jetzt? Er warf den anderen beiden Rittern einen Blick zu. Fürst Alfred gab sich keine Mühe, seinen Ärger zu verbergen. Es war offensichtlich, daß Gunther diese ›Einigung‹ hart erkämpft hatte.

»Es ist das Urteil des Kapitels«, fuhr Fürst Gunther fort, »daß dieser junge Mann, Sturm Feuerklinge, in den niedrigsten Orden der Ritter – den Orden der Krone – aufgenommen wird bei meiner Ehre...«

Ein allgemeines erstauntes Aufkeuchen erfolgte.

»Und daß er weiterhin als Kommandodritter der Armee eingesetzt wird, die bald nach Palanthas aufbrechen wird. Wie der Maßstab vorschreibt, muß das Oberkommando aus Repräsentanten aller Orden bestehen. Also wird Derek Kronenhüter der Oberste Kommandant sein und den Orden der Rose vertreten.

Fürst Alfred Merkenin wird den Orden des Schwerts vertreten, und Sturm Feuerklinge wird – bei meiner Ehre – als Kommandant für den Orden der Krone handeln.«

In dem gelähmten Schweigen spürte Sturm Tränen über seine Wangen laufen, aber jetzt brauchte er sie nicht länger zu verbergen. Hinter sich hörte er jemanden aufstehen, und ein Schwert klirrte. Derek stolzierte wütend aus dem Saal, gefolgt von seinen Anhängern. Es gab auch Applaus. Sturm sah durch seine Tränen, daß über die Hälfte der anwesenden Ritter – insbesondere die jungen Ritter, die Ritter, die unter seinem Kommando stehen würden – Beifall klatschten. Sturm spürte tief in seiner Seele einen Schmerz. Obwohl er seinen Sieg davongetragen hatte, war er doch entsetzt, was aus der Ritterschaft geworden war – zerfallen in Gruppen von machthungrigen Männern, nur noch eine korrupte Schale einer einst ehrenhaften Bruderschaft.

»Meine Glückwünsche, Feuerklinge«, sagte Fürst Alfred steif. »Ich hoffe, dir ist klar, was Fürst Gunther für dich getan hat.«

»Das weiß ich, mein Fürst«, sagte Sturm und verbeugte sich, »und ich schwöre beim Schwert meines Vaters« – er legte seine Hand darauf -, »daß ich mich seines Vertrauens würdig erweisen werde.«

»Kümmere dich darum, junger Mann«, erwiderte Fürst Alfred und verließ den Saal. Der jüngere Fürst, Michael, begleitete ihn, ohne ein Wort an Sturm gerichtet zu haben.

Aber die jungen Ritter kamen nach vorn und gratulierten ihm begeistert. Sie tranken Wein auf seine Gesundheit und wären für ein Saufgelage noch geblieben, wenn Gunther sie nicht weggeschickt hätte.

Als die zwei allein im Saal waren, lächelte Fürst Gunther Sturm breit an und schüttelte seine Hand. Der junge Ritter erwiderte den Händedruck herzlich, aber er lächelte nicht. Der Schmerz war noch zu tief.

Dann nahm Sturm langsam und sorgfältig die schwarzen Rosen von seinem Schwert ab. Er legte sie auf den Tisch und ließ die Klinge in die Scheide an seiner Seite gleiten. Er wollte die Rosen beiseite schieben, hielt dann inne, hob eine auf und schob sie in seinen Gürtel.

»Ich muß Euch danken, mein Fürst«, begann Sturm mit bebender Stimme.

»Du hast mir nicht zu danken, Sohn«, sagte Fürst Gunther. Er blickte sich im Saal um und erbebte. »Laß uns von hier verschwinden und irgendwo hingehen, wo es warm ist. Glühwein?«

Die zwei Ritter gingen hinaus in die Steinkorridore von Gunthers uraltem Schloß. Die Stimmen der jungen Ritter waren noch zu hören, Pferdehufe klapperten über Pflasterstein, einige sangen ein Kriegslied.

»Ich muß Euch danken, mein Fürst«, sagte Sturm noch einmal mit fester Stimme. »Ihr seid ein großes Risiko eingegangen. Ich hoffe, ich werde mich dessen würdig erweisen...«

»Risiko! Unsinn, mein Junge.« Gunther führte Sturm in einen kleinen Raum, der für das nahende Weihnachtsfest geschmückt war – rote Winterrosen, Eisvogelfedern und winzige goldene Kronen. Ein Feuer flackerte anheimelnd. Auf Gunthers Befehl brachten Diener zwei Krüge mit dampfender Flüssigkeit, die einen warmen würzigen Duft verströmte. »Viele Male hat dein Vater seinen Schild über mich gehalten und stand mir beschützend bei, wenn ich unten lag.«

»Und Ihr habt das gleiche für ihn getan«, sagte Sturm. »Ihr schuldet ihm nichts. Mit Eurer Ehre für mich zu bürgen bedeutet, daß Ihr leiden werdet, wenn ich versage. Man würde Euch Eures Ranges, Eures Titels und Eurer Länder berauben. Und Derek würde sich freuen«, fügte er düster hinzu.

Während Gunther einen tiefen Schluck von seinem Wein nahm, musterte er den jungen Mann. Sturm nippte bloß aus Höflichkeit, hielt den Krug mit sichtbar zitternder Hand. Gunther legte seine Hand freundlich auf Sturms Schulter und schob den jungen Mann sanft in einen Stuhl.

»Hast du in der Vergangenheit versagt, Sturm?« fragte Gunther.

Sturm sah auf, seine braunen Augen flackerten. »Nein, mein Fürst«, antwortete er. »Das habe ich nicht. Ich schwöre es!«

»Dann brauche ich mich nicht vor der Zukunft zu fürchten«, sagte Fürst Gunther lächelnd. Er hob seinen Krug. »Ich bürge für dein Glück in der Schlacht, Sturm Feuerklinge.«

Sturm schloß die Augen. Die Anspannung war zu stark gewesen. Er ließ seinen Kopf auf den Arm fallen und weinte – sein Körper schüttelte sich in qualvollem Schluchzen. Gunther faßte an seine Schulter.

»Ich verstehe...«, sagte er, seine Augen sahen zurück in eine Zeit in Solamnia, als der Vater dieses jungen Mannes zusammengebrochen war und genauso geweint hatte – in der Nacht, als Fürst Feuerklinge seine junge Frau und seinen kleinen Sohn ins Exil geschickt hatte – auf eine Reise, von der sie nie wieder zu ihm zurückkehren sollten.

Erschöpft schlief Sturm schließlich ein, sein Kopf ruhte auf dem Tisch. Gunther saß bei ihm und schlürfte am heißen Wein, verloren in Erinnerungen an die Vergangenheit, bis auch er einschlummerte.