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Selbstverständlich sah ich ein, daß auch Carlotta Adams aus dem Weg geräumt werden müsse. Eigentlich schade um sie; andererseits aber waren all diese Nachahmungen, die sie vorführte, reichlich frech. Wenn es mir nicht so gut in den Kram gepaßt hätte, wäre ich über die Nachäffung meiner Person sehr erbost gewesen. Ich hatte selbst Veronal in meinem Besitz, obwohl ich es nicht regelmäßig zu nehmen pflegte. Aber mich dünkte es besser, den Anschein zu erwecken, als ob Carlotta dieser Gewohnheit huldigte. Mithin bestellte ich eine Dose - das Duplikat einer Dose, die ich selbst einmal als Geschenk erhalten hatte -, ließ die Anfangsbuchstaben von Miss Adams darauf anbringen, im Innendeckel die Ihnen bekannte Gravierung einätzen, und schickte Ellis über den Kanal, um sie abzuholen.

An dem fraglichen Abend ging alles wie am Schnürchen. Während Ellis in Paris war, versorgte ich mich mit einem ihrer scharfen, handlichen Hühneraugenmesser, das ich später an Ort und Stelle zurücklegte, so daß sie des vorübergehenden Fehlens nie gewahr geworden ist. Ein Arzt in San Franzisko zeigte mir einst, wo man den Stich ansetzen müsse. Er hatte über Punktur des Rückgrats gesprochen und setzte hinzu, daß dabei äußerste Vorsicht geboten sei, da man sonst die Cisterna magna durchbohre und in die Medulla oblongata stäche, das Hauptnervenzentrum, was den sofortigen Tod zur Folge haben würde. Verschiedene Male ließ ich mir von ihm die genaue Stelle zeigen, unter dem Vorwand, ich wolle die Ideen in einem Film verwenden. In Wirklichkeit sagte ich mir, daß mir dies Wissen eines Tages vielleicht nützlich sein könne.

Von Carlotta Adams finde ich es höchst unehrenhaft, daß sie ihrer Schwester von unserem Plan schrieb. Sie hatte mir strengstes Schweigen gelobt. War es nicht sehr geschickt, den halben Bogen abzureißen, Monsieur Poirot? Auf diesen klugen Einfall bin ich stolzer als auf alles andere. Da behauptet man von mir immer, ich habe kein Hirn - meinen Sie nicht auch, daß nur ein vorzügliches Hirn einen solchen Gedanken fassen kann ...? Als dann am Morgen nach dem Mord der Inspektor von Scotland Yard zu mir kam, hätte es mir Spaß gemacht, wenn er mich verhaftet hätte. Ich fühlte mich unbedingt sicher. Mußten denn nicht sämtliche Gäste Sir Montagues meine Anwesenheit dort bezeugen .?

Ach, ich fühlte mich so glücklich und zufrieden! Wenn mich die alte Herzogin auch abscheulich behandelte, so war ihr Sohn dafür desto zärtlicher. Er wünschte, mich so schnell wie möglich zu heiraten, und hegte nicht den geringsten Argwohn.

So glücklich wie diese wenigen Wochen bin ich noch nie gewesen. Als dann der Neffe meines Mannes verhaftet wurde, schien mir meine Sicherheit verbürgt. Leider ereignete sich später der Zwischenfall mit Donald Ross. Noch jetzt weiß ich nicht ganz genau, wie er mir auf die Spur kam. Irgendein Paris, das keine Stadt, sondern eine Person war, nicht? Keine Ahnung, wo dieser Mensch lebte oder gelebt hat. Jedenfalls finde ich den Namen sehr albern für einen Mann.

Es ist seltsam, wie das Glück, sobald es sich erst einmal gegen einen wendet, abtrünnig wird. Den jungen Ross mußte ich schnell unschädlich machen, hatte keine Zeit, für ein Alibi zu sorgen. Aber mit seinem Tod glaubte ich mir eine endgültige Sicherheit erkauft zu haben.

Natürlich erzählte mir Ellis, daß sie bei Ihnen gewesen sei und daß Sie ihr einige Fragen vorgelegt hätten. Meines Erachtens jedoch handelte es sich um Martin Bryan. Ich konnte unmöglich ahnen, wohin Sie zielten. Mit keiner Silbe hatten Sie ihr gegenüber das Paketchen aus Paris erwähnt. Warum nicht?

Glaubten Sie, daß ich dann Lunte riechen würde? So wie die Dinge lagen, war nachher alles eine vollkommene Überrumpelung für mich. Unheimlich erschien es mir, wie Sie über jeden meiner Schritte Bescheid wußten.

Ob Sie nicht doch manchmal Bedauern darüber fühlen, was Sie anrichteten? Was wollte ich denn, Monsieur Poirot? Doch lediglich auf meine eigene Art glücklich werden. Und wenn ich Sie nicht selbst hineingezogen hätte, würden Sie nie mit dem Fall in Berührung gekommen sein. Ich ließ mir nicht träumen, daß Sie so schrecklich gescheit sind - Sie sehen nämlich gar nicht gescheit aus.

Es ist spaßig, aber mein gutes Aussehen habe ich nicht eingebüßt, trotz der gräßlichen Gerichtsverhandlung und der Unmengen Fragen nicht, mit denen man mich plagte. Ich bin viel blasser und dünner, doch es steht mir. Alle Welt sagt, ich sei herrlich tapfer. Heutzutage wird man nicht mehr in aller Öffentlichkeit gehenkt, nicht wahr? Ich finde das schade.

Und nun muß ich Ihnen noch Lebewohl sagen. Komisch eigentlich, nicht? Morgen früh wird mich der Geistliche besuchen.

Es vergibt Ihnen (weil man doch seinen Feinden vergeben muß)

Ihre Jane Wilkinson.