»Ja. Kackwiesel. Wird der Präsident sie erwähnen?«
»Unmöglich. Die zuständigen Jungs meinen, dass die Kackwiesel dann doch ein wenig zu viel für den Normalbürger wären. Gleiches gilt natürlich auch für die Einzelheiten unserer Lösung für das Problem hier beim Gosselin's Store, dieser rustikalen Sehenswürdigkeit.«
»Die Endlösung könnte man es nennen«, sagte Owen. Er hatte seine Zigarette bis zum Filter aufgeraucht und drückte sie nun am Rand seines leeren Kaffeebechers aus.
Kurtz schaute hoch und sah Owen unerschrocken in die Augen. »Ja, so könnte man es nennen. Wir werden schätzungsweise dreihundertfünfzig Menschen vernichten - größtenteils Männer, aber ich kann nicht behaupten, dass die Säuberung nicht auch einige wenige Frauen und Kinder betreffen wird. Der Pluspunkt besteht natürlich darin, dass wir die Menschheit vor einer Pandemie und voraussichtlicher Unterwerfung retten. Und das ist kein unbeträchtlicher Pluspunkt. «
Owens Gedanke — Hitler hätte diese Story bestimmt gefallen - war nicht aufzuhalten, aber er verbarg ihn, so gut er konnte, und hatte nicht das Gefühl, dass Kurtz ihn gehört oder gelesen hatte. Mit Sicherheit konnte man das natürlich nie wissen; Kurtz war gerissen.
»Wie viele haben wir jetzt interniert?«, fragte Kurtz.
»Etwa siebzig. Und noch einmal doppelt so viele sind aus
Kineo unterwegs. Die werden gegen neun hier eintreffen, falls sich die Wetterverhältnisse nicht verschlechtern.« Davon ging man aus, aber erst nach Mitternacht.
Kurtz nickte. »Mm-mh. Dazu noch etwa fünfzig aus dem Norden, siebzig oder so aus St. Cap's und den anderen Dörfern im Süden ... und unsere Jungs. Vergessen Sie die nicht. Die Masken scheinen zu wirken, aber bei den Nachuntersuchungen haben wir schon vier Fälle von Ripley festgestellt. Die Männer wissen natürlich nichts davon.«
»Tatsächlich?«
»Ich will es mal so ausdrücken«, sagte Kurtz. »Ihrem Verhalten nach habe ich keinen Anlass zu der Vermutung, dass die Männer etwas wissen. Alles klar?«
Owen zuckte mit den Achseln.
»Die Story«, fuhr Kurtz fort, »wird die sein, dass die Häftlinge zu einer streng geheimen medizinischen Einrichtung geflogen werden, so einer Art Area 51, wo sie dann gründlich untersucht und, wenn nötig, langfristig behandelt werden. Es wird nie wieder eine offizielle Stellungnahme zu ihnen geben - zumindest nicht, wenn alles nach Plan verläuft -, aber es werden im Laufe der nächsten zwei Jahre immer mal wieder Gerüchte durchsickern: fortschreitende Infektion trotz bester medizinischer Anstrengungen ... Wahnsinn ... groteske körperliche Verunstaltungen, die man besser nicht beschreibt... und schließlich ist der Tod eine Erlösung. Die Öffentlichkeit wird alles andere als empört, sie wird erleichtert sein.«
»Während in Wirklichkeit ...?«
Er wollte es von Kurtz hören, hätte es aber besser wissen müssen. Es gab hier zwar keine Wanzen, aber dem Boss war die Vorsicht in Fleisch und Blut übergegangen. Er hob eine Hand, bildete mit Daumen und Zeigefinger eine Pistole nach und ließ den Daumen dreimal sinken. Dabei sah er Owen unverwandt in die Augen. Krokodilsaugen, dachte Owen.
»Alle?«, fragte Owen. »Die Ripley-Positiven wie auch die anderen? Wohin führt uns das? Die Soldaten, die negativ sind?«
»Die Jungs, die jetzt okay sind, werden auch okay bleiben«, sagte Kurtz. »Die Ripley haben, waren alle unachtsam. Darunter ist auch ... tja, da ist ein kleines Mädchen da draußen, vielleicht vier Jahre alt, unglaublich süß. Man erwartet fast, dass sie im Stall steppt und dazu singt: On the Good Ship Lollipop. «
Kurtz fand sich offenbar witzig, und Owen dachte, dass er es in gewisser Hinsicht wohl auch war, aber Owen selbst packte blankes Entsetzen. Da draußen ist ein vierjähriges Mädchen, dachte er. Gerade mal vier Jahre ait. Was sagst du jetzt?
»Sie ist süß, und sie ist infiziert«, sagte Kurtz. »Sichtbarer Ripley innen an einem Handgelenk, er wächst an ihrem Haaransatz und in einem Augenwinkel. Die üblichen Stellen. Tja, und ein Soldat hat ihr einen Schokoriegel geschenkt, als wäre sie so ein hungerndes Elendsbalg im Kosovo, und sie hat sich mit einem Küsschen bedankt. Wirklich zuckersüß, ein wahrer Kodak-Moment, nur dass jetzt auf seiner Wange ein Lippenstiftabdruck wächst, der gar kein Lippenstiftabdruck ist.« Kurtz verzog das Gesicht. »Er hatte sich ein ganz klein wenig beim Rasieren geschnitten, eine kaum sichtbare Wunde, aber schon war es zu spät. Ähnliche Vorfälle bei anderen. Die Regeln ändern sich nicht, Owen; Achtlosigkeit ist tödlich. Eine Zeit lang hat man vielleicht Glück, aber irgendwann lässt einen das Glück im Stich. Achtlosigkeit ist tödlich. Die meisten unserer Jungs, es freut mich, das zu sagen, werden die Sache hier überstehen. Wir werden für den Rest unseres Lebens immer wieder Vorsorgeuntersuchungen über uns ergehen lassen müssen, von gelegentlichen Stichprobentests mal ganz zu schweigen, aber da müssen Sie auch mal die Vorteile sehen: Die werden Ihren Arschkrebs verdammt früh diagnostizieren.« »Die Zivilisten, die sauber sind? Was ist mit denen?« Kurtz beugte sich vor, nun auf seine charmanteste, überzeugendste Weise geistig gesund wirkend. Man sollte sich davon geschmeichelt fühlen, sollte glauben, einer der ganz wenigen zu sein, die Kurtz zu sehen bekamen, wenn er seine Maske (»zwei Teile Patton, ein Teil Rasputin, Wasser drauf, umrühren und fertig«) abgelegt hatte. Früher hatte das bei Owen gewirkt, aber diesmal nicht. Rasputin war nicht die Maske; das hier war die Maske.
Doch selbst jetzt — und das war das Schlimme - war er sich da nicht vollkommen sicher.
»Owen, Owen, Owen! Nutzen Sie Ihr Gehirn - dieses gute Gehirn, das Gott Ihnen gegeben hat! Unsere eigenen Leute können wir überwachen, ohne Verdacht zu erregen oder in der ganzen Welt Panik auszulösen - und es wird schon genug Panik geben, wenn der Präsident das Phooka-Pferd geschlachtet hat. Aber mit dreihundert Zivilisten könnten wir das nicht. Und wenn wir sie wirklich nach New Mexico ausfliegen und für die nächsten fünfzig, siebzig Jahre auf Kosten der Steuerzahler in irgendein Dorf vom Reißbrett stecken würden? Was wäre, wenn einer oder mehrere daraus entfliehen würden? Oder was wäre — und ich glaube, das befürchten die Schlauberger bereits -, wenn der Ripley nach einer gewissen Zeit mutiert? Wenn er sich, statt hier einzugehen, in etwas weitaus Ansteckenderes verwandeln würde, das viel weniger anfällig für die Umweltfaktoren wäre, die ihn hier in Maine eingehen lassen? Wenn der Ripley intelligent ist, ist er auch gefährlich. Und selbst wenn nicht
- was ist, wenn er den Grauen als eine Art Funkfeuer dient, als interstellares Leuchtzeichen, das auf unsere Welt hinweist
- lecker, lecker, kommt und holt euch die hier, diese Jungs schmecken gut ... und es gibt jede Menge davon?« »Sie meinen also: Vorsicht ist besser als Nachsicht.« Kurtz lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und strahlte. »Mit einem Wort: Ja.«
Tja, dachte Owen, auf unsere eigenen Leute passen wir auf. Wir sind gnadenlos, wenn es sein muss, aber sogar Kurtz passt auf seine Bürschchen auf. Zivilisten hingegen sind nur Zivilisten. Wenn man sie hait verbrennen muss, fangen sie ziemlich schnell Feuer.
»Falls Sie bezweifeln, dass es einen Gott gibt, und dass Er auch nur ein wenig Seiner Zeit damit verbringt, auf den guten alten Homo S. aufzupassen, dann sollten Sie sich mal anschauen, wie wir nach dieser Sache dastehen«, sagte Kurtz. »Die Leuchtfeuer kamen früh und wurden gemeldet -und eine dieser Meldungen stammte von dem Ladeninhaber hier persönlich, von Reginald Gosselin. Dann kommen die Grauen in der einzigen Zeit im Jahr, in der sich in diesen gottverlassenen Wäldern überhaupt Menschen aufhalten, und zwei davon sehen das Schiff abstürzen.«
»Das war Glück.«
»Das war die Gnade Gottes. Ihr Schiff stürzt ab, man weiß von ihrer Anwesenheit, und die Kälte bringt sowohl sie selbst wie auch diesen galaktischen Schimmelpilz um, den sie mitgebracht haben.« Er zählte die Punkte rasch an seinen langen Fingern ab, und seine weißen Augenwimpern blinzelten dabei. »Und das ist noch nicht alles. Sie implantieren etwas, und die gottverdammten Dinger funktionieren nicht -statt ein harmonisches Verhältnis mit ihrem Wirt einzugehen, werden sie zu Kannibalen und bringen ihn um.