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»Was in aller Welt ist das?«

»Man nennt es Penisjoch«, erklärte mir Dr. Rawlings, dessen Gesichtsfarbe sich merklich verdunkelte.

»Es sieht aus wie eine Bärenfalle. Was ist es denn – es kann doch kein Instrument zur Durchführung von Beschneidungen sein, oder?« Ich griff nach dem Gerät, woraufhin Dr. Rawlings aufkeuchte, und ich betrachtete es noch neugieriger.

»Es – äh, bitte, werte Dame …« Er riss mir das Objekt mehr oder minder aus den Fingern und schob es wieder in seine Truhe zurück.

»Wozu in aller Welt ist es denn gut?«, fragte ich, eher belustigt als eingeschnappt über seine Reaktion. »Angesichts des Namens muss es ja –«

»Es verhindert nächtliche … äh … Schwellungen.« Inzwischen hatte sein Gesicht eine dunkle, ungesunde Rotfärbung angenommen, und er wich meinem Blick aus.

»Ja, das kann ich mir vorstellen.« Der fragliche Gegenstand setzte sich aus zwei konzentrischen Metallringen zusammen, die an einer Stelle zusammentrafen und mit einer Art Stellschraube verengt werden konnten. Der innere Ring war gezackt – ganz ähnlich wie eine Bärenfalle, wie ich schon gesagt hatte. Ganz offensichtlich war es dazu gedacht, es an einem schlaffen Penis zu befestigen – der dann in diesem Zustand verharren würde, wenn er wusste, was gut für ihn war.

Ich hüstelte. »Ähm … Warum genau ist das wünschenswert?«

Seine Verlegenheit ging ein Stück weit in Entsetzen über.

»Nun … Es … Der … der Verlust der männlichen Essenz ist höchst kräfteraubend. Er zehrt an der Lebenskraft und macht einen Mann anfällig für Erkrankungen aller Art; noch dazu vermindert er seine geistigen und spirituellen Fähigkeiten.«

»Gut, dass noch niemand darauf gekommen ist, meinen Mann davon in Kenntnis zu setzen«, stellte ich amüsiert fest.

Rawlings warf mir einen durch und durch schockierten Blick zu, doch bevor das Gespräch noch ungehörigere Proportionen annehmen konnte, wurden wir glücklicherweise dadurch unterbrochen, dass im Freien irgendetwas vor sich ging, und er nutzte die Gelegenheit, seine Truhe zu verschließen und sie unter den Arm zu nehmen, bevor er zu mir an den Zelteingang trat.

In etwa dreißig Metern Entfernung durchquerte eine kleine Parade das Lager. Ein britischer Major mit einer Paradeuniform, die Augen verbunden und so rot im Gesicht, dass ich glaubte, er würde gleich platzen. Er wurde von zwei Kontinentalsoldaten geführt, und in halbwegs diskretem Abstand folgte ihnen ein Flötenspieler, der den »Yankee Doodle« spielte. Da ich Jamies Bemerkung über den Schlaganfall noch im Kopf hatte, war ich mir sicher, dass dies der unglückselige Major Kingston war, den man dazu auserkoren hatte, General Burgoynes Kapitulationsbedingungen zu überbringen.

»Oje«, murmelte Dr. Rawlings kopfschüttelnd bei diesem Anblick. »Ich fürchte, das kann noch eine Weile dauern.«

Er hatte recht. Eine Woche später saßen wir immer noch alle da, während ein- oder zweimal täglich Briefe zwischen den beiden Lagern gewechselt wurden. Im amerikanischen Lager herrschte allgemeine Entspannung; ich ging davon aus, dass die Stimmung auf der anderen Seite wahrscheinlich weniger locker war. Doch Dr. Rawlings war nicht mehr wiedergekommen, daher konnten wir die Fortschritte – oder ihr Ausbleiben – der Kapitulationsverhandlungen nur anhand allgemeiner Gerüchte beurteilen. General Gates hatte anscheinend tatsächlich geblufft, und Burgoyne war so schlau gewesen, dies zu begreifen.

Ich war froh, mich einmal so lange an einem Ort aufzuhalten, dass ich meine Kleider waschen konnte, ohne Gefahr zu laufen, dass ich erschossen, skalpiert oder anderweitig behelligt wurde. Darüber hinaus gab es noch genug Verletzte aus beiden Schlachten, die der Pflege bedurften.

Irgendwie war mir schon länger vage bewusst, dass sich ein Mann am Rand unseres Lagers herumdrückte. Ich hatte ihn schon mehrmals gesehen, doch er war noch nie auf mich zugekommen, um mich anzusprechen, deshalb hatte ich vermutet, dass er an irgendetwas Peinlichem wie Tripper oder Hämorrhoiden litt. Solche Männer benötigten oft eine Weile, um entweder den Mut oder die Verzweiflung aufzubringen, um Hilfe zu bitten. Wenn es dann so weit war, warteten sie immer noch ab, bis sie mich unter vier Augen sprechen konnten.

Als er mir zum dritten oder vierten Mal auffiel, versuchte ich, ihn per Blickkontakt zum Näherkommen zu bewegen, um ihm eine Untersuchung unter vier Augen vorzuschlagen, doch er schlich gesenkten Blickes davon und verschwand im Gewimmel des Ameisenhaufens aus Milizionären, Regulären und Schlachtenbummlern.

Am nächsten Tag tauchte er kurz vor Sonnenuntergang auf, während ich versuchte, aus einem Knochen – das Tier war nicht zu identifizieren, doch er war noch einigermaßen frisch und mit Fleischfasern behaftet –, den ich von einem Patienten bekommen hatte, zwei welken Süßkartoffeln, einer Handvoll Weizenkörner, einer weiteren Handvoll Bohnen und etwas altem Brot einen Eintopf zu zaubern.

»Ihr seid Mrs Fraser?«, fragte er mit einem überraschend kultivierten Lowlandakzent. Edinburgh, dachte ich und verspürte einen leisen Stich bei der Erinnerung an Tom Christies ganz ähnliche Art zu sprechen. Er hatte stets darauf bestanden, mich auf diese knappe, formelle Weise »Mrs Fraser« zu nennen.

Doch im nächsten Moment verschwand jeder Gedanke an Tom Christie.

»Man nennt Euch die Weiße Hexe, nicht wahr?«, sagte der Mann und lächelte. Es war ein alles andere als angenehmer Gesichtsausdruck.

»Manche schon. Warum?«, sagte ich, während ich meinen Kochlöffel fest packte und den Mann unverwandt anstarrte. Er war hochgewachsen und dünn, hatte ein schmales Gesicht und dunkle Haare, und er trug die Uniform eines Kontinentalsoldaten. Warum war er nicht lieber zu seinem Regimentsarzt gegangen als zu einer Hexe?, fragte ich mich. Wollte er etwa einen Liebeszauber? Danach sah er allerdings nicht aus.

Er lachte auf und verneigte sich.

»Ich wollte mich nur vergewissern, dass ich mich am richtigen Ort befinde, Madam«, sagte er. »Es war nicht als Beleidigung gemeint.«

»Ich habe es auch nicht so verstanden.« Eigentlich tat er gar nichts merklich Bedrohliches, abgesehen davon vielleicht, dass er zu dicht bei mir stand, doch er war mir unsympathisch. Und mein Herz schlug schneller, als es sollte.

»Meinen Namen kennt Ihr ja anscheinend«, sagte ich, um einen kühlen Ton bemüht. »Wie lautet denn der Eure?«

Wieder lächelte er und betrachtete mich mit einer Sorgfalt, die mir geradezu dreist erschien.

»Mein Name spielt keine Rolle. Euer Mann ist James Fraser?«

Ich verspürte ein plötzliches, heftiges Bedürfnis, ihm eins mit dem Löffel überzubraten, tat es aber nicht; ich hätte ihn damit nur verärgert, ohne ihn jedoch loszuwerden. Ich wollte ihm die Frage nach Jamies Namen nicht beantworten und fragte mich erst gar nicht, warum. Ich sagte nur »Entschuldigt mich«, nahm den Feldkessel vom Feuer und ging davon.

Damit hatte er nicht gerechnet, und so folgte er mir nicht. Ich entfernte mich eilig, huschte hinter einem kleinen Zelt entlang, das der Miliz aus New Hampshire gehörte, und mischte mich unter eine Gruppe, die um ein anderes Feuer versammelt saß – Milizionäre, einige davon in Begleitung ihrer Frauen. Ein oder zwei von ihnen zogen bei meinem unvermittelten Erscheinen überraschte Gesichter, doch da sie mich alle kannten, machten sie mir freundlich Platz und begrüßten mich kopfnickend mit ein paar gemurmelten Worten.

Als ich aus dem Schutz dieser Zuflucht aufblickte, konnte ich den Umriss des Mannes im Licht der sinkenden Sonne an meinem verlassenen Feuer stehen sehen, und der Abendwind fuhr ihm durch das strähnige Haar. Zweifellos bildete ich mir nur ein, dass er einen zwielichtigen Eindruck machte.

»Wer ist das, Tante Claire? Einer deiner verstoßenen Verehrer?«, sagte Ian in mein Ohr, und in seiner Stimme klang ein Grinsen mit.

»Auf jeden Fall verstoßen«, sagte ich, ohne den Mann aus den Augen zu lassen. Ich hatte gedacht, er würde mir folgen, doch er blieb, wo er war, das Gesicht in meine Richtung gewandt. Sein Gesicht war ein schwarzes Oval, doch ich wusste, dass er mich fixierte. »Weißt du, wo dein Onkel ist?«