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»Der Junge fragt, ob wir vielleicht mit Denzell sprechen würden, Sassenach«, erklärte Jamie. Er sah belustigt, aber auch ein wenig besorgt aus.

»Mit ihm sprechen? Warum denn?«

Ian blickte auf und sah uns nacheinander an. »Es ist nur … Es wird Denny Hunter nicht gefallen. Aber er verehrt Tante Claire, und dich respektiert er natürlich, Onkel Jamie.«

»Warum sollte es ihm denn nicht gefallen?«, fragte ich. Ich war inzwischen wieder aus dem Fell gekrochen und hatte mir das Schultertuch umgelegt, bevor ich mich neben ihn auf einen Felsen setzte. Die Gedanken rasten mir durch den Kopf. Ich hatte Rachel Hunter sehr gern. Und ich war sehr froh – von meiner Erleichterung ganz zu schweigen –, dass Ian endlich die Richtige gefunden hatte. Aber –

Ian sah mich an.

»Dir ist doch gewiss schon aufgefallen, dass sie Quäker sind, Tante Claire?«

»Ja, das ist es«, sagte ich und erwiderte seinen Blick. »Aber –«

»Und ich bin keiner.«

»Ja, das war mir ebenfalls aufgefallen. Aber –«

»Sie wird aus der Zusammenkunft verstoßen, wenn sie mich heiratet. Wahrscheinlich sogar beide. Sie sind schon einmal verstoßen worden, weil sich Denny der Armee anschließen wollte, und das war sehr hart für sie.«

»Oh«, sagte Jamie, der sich gerade ein Stück Brot abriss, und hielt inne. »Aye, das könnte schon sein.« Er schob sich das Brot in den Mund und kaute nachdenklich darauf herum.

»Glaubst du, sie liebt dich, Ian?«, fragte ich so vorsichtig wie möglich.

Ians Gesicht war eine wahre Studie, hin- und hergerissen zwischen Sorge, Alarmiertheit und diesem inneren Leuchten, das in unregelmäßigen Abständen aus den Wolken der Bestürzung hervorbrach.

»Ich – Nun, ich glaube schon. Ich hoffe es.«

»Du hast sie nicht gefragt?«

»Ich … Nicht ausdrücklich. Ich meine … Eigentlich haben wir nicht geredet, aye?«

Jamie schluckte sein Brot herunter und hustete.

»Ian«, sagte er. »Sag mir, dass du nicht mit Rachel Hunter geschlafen hast.«

Ian warf ihm einen beleidigten Blick zu. Jamie wiederum starrte ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. Ian senkte den Blick auf den Gegenstand in seinen Händen, den er wie ein Teigbällchen zwischen den Handflächen hin und her rollte.

»Nein«, murmelte er. »Aber ich wünschte, ich hätte es getan.«

»Was?«

»Nun … Wenn ich es getan hätte, müsste sie mich doch heiraten, oder? Ich wünschte, ich wäre darauf gekommen – aber nein, ich konnte es nicht; sie hat gesagt, ich soll aufhören, und das habe ich getan.« Er schluckte krampfhaft.

»Das war sehr zuvorkommend von dir«, murmelte ich, obwohl ich ihn in der Tat verstand. »Und sehr klug von ihr.«

Er seufzte. »Was soll ich nur tun, Onkel Jamie?«

»Ich vermute, du könntest nicht einfach Quäker werden?«, fragte ich zögernd.

Ian und Jamie sahen mich gleichzeitig an. Sie hatten nicht die geringste Ähnlichkeit miteinander, doch der Ausdruck ironischer Belustigung in ihren Gesichtern war derselbe.

»Ich weiß ja nicht sehr viel über mich selbst, Tante Claire«, sagte Ian mit dem Hauch eines schmerzerfüllten Lächelns, »aber ich glaube nicht, dass ich zum Quäker geboren bin.«

»Und ich nehme an, du könntest nicht – nein, natürlich nicht.« Der Gedanke zu konvertieren, obwohl es ihm nicht ernst war, war ihm offensichtlich gar nicht in den Sinn gekommen.

Plötzlich begriff ich, dass Ian besser als jeder andere verstehen würde, welchen Preis Rachel zahlen würde, wenn sie durch ihre Liebe zu ihm von ihren Verwandten und Freunden getrennt wurde. Kein Wunder, dass der Gedanke, ihr so etwas abzuverlangen, ihn zögern ließ.

Natürlich vorausgesetzt, rief ich mir ins Gedächtnis, dass sie ihn überhaupt liebte. Am besten unterhielt ich mich erst einmal mit Rachel.

Ian drehte nach wie vor etwas in den Händen hin und her. Als ich genauer darauf achtete, sah ich, dass es ein kleiner, dunkler, ledrig aussehender Gegenstand war. Es war doch wohl nicht –

»Das ist doch nicht Neil Forbes’ Ohr, oder?«, entfuhr es mir.

»Mr Fraser?«

Die Stimme ließ mich hochfahren, und meine Nackenhaare prickelten. Verdammt, doch nicht schon wieder er? Doch, es war der Kontinentalsoldat, der mir in die Suppe gespuckt hatte. Er trat langsam in die Runde, und seine tief liegenden Augen waren nur auf Jamie gerichtet.

»Ich bin James Fraser, aye«, sagte Jamie, der seine Tasse hinstellte und gastfreundlich auf einen freien Felsbrocken zeigte. »Möchtet Ihr einen Becher Kaffee, Sir? Oder das, was hier als Kaffee durchgeht?«

Der Mann schüttelte wortlos den Kopf. Er musterte Jamie abschätzend wie ein Mann, der ein Pferd kaufen will, dessen Charakter er nicht kennt.

»Vielleicht hättet Ihr ja lieber einen Becher warme Spucke?«, fragte Ian in unfreundlichem Ton. Jamie sah ihn verblüfft an.

»Seo mac na muice a thàinig na bu thràithe gad shiubhal«, fügte Ian hinzu, ohne den Blick von dem Fremden abzuwenden. »Chan eil e ag iarraidh math dhut idir.« Das ist der missgeborene Sohn eines Schweins, der schon einmal nach dir gefragt hat. Er will dir nichts Gutes, Onkel Jamie.

»Tapadh leat, Iain. Cha robh fios air a bhith agam«, antwortete Jamie in angenehm entspanntem Tonfall ebenfalls auf Gälisch. Danke, Ian, darauf wäre ich nie gekommen.

»Wollt Ihr etwas von mir, Sir?«, fragte er höflich auf Englisch.

»Ich würde gern mit Euch sprechen, ja. Unter vier Augen«, fügte der Mann hinzu und warf Ian einen Blick zu, der ihm bedeutete zu gehen. Ich zählte anscheinend nicht.

»Das ist mein Neffe«, sagte Jamie immer noch höflich, aber argwöhnisch. »Ihr könnt vor ihm sprechen.«

»Ich fürchte, dass Ihr das nicht mehr denken werdet, Mr Fraser, wenn Ihr hört, was ich zu sagen habe. Und so etwas lässt sich später nicht mehr zurücknehmen. Lasst uns allein, junger Mann«, sagte er, ohne Ian auch nur anzusehen. »Oder Ihr werdet es beide bedauern.«

Jamie und Ian erstarrten sichtlich. Dann gerieten sie fast im selben Moment in Bewegung, verlagerten kaum merklich das Gewicht, zogen die Beine an, richteten sich auf. Jamie sah den Mann einen Moment nachdenklich an, dann nickte er Ian sacht zu. Ian erhob sich ohne ein Wort und verschwand in der Dunkelheit.

Der Mann blieb wartend stehen, bis Ians Schritte verhallt waren und sich die Nacht schweigend über unser kleines Feuer legte. Dann umrundete er das Feuer und setzte sich langsam gegenüber von Jamie hin, ohne diesen enervierenden, abschätzenden Blick abzulegen. Nun, zumindest enervierte er mich; Jamie griff einfach nur nach seinem Becher und leerte ihn so seelenruhig, als säße er zu Hause am Küchentisch.

»Wenn Ihr mir etwas zu sagen habt, Sir, sagt es. Es ist spät, und ich will ins Bett.«

»Noch dazu ein Bett mit Eurer liebreizenden Frau darin. Glückspilz.« Allmählich wurde mir dieser Mann extrem unsympathisch. Jamie ignorierte sowohl die Bemerkung als auch ihren spottenden Tonfall und beugte sich vor, um sich den restlichen Kaffee in den Becher zu schütten. Ich konnte den bitteren Duft noch durch den Geruch riechen, den das Büffelfell auf meinem Hemd hinterlassen hatte.

»Könnt Ihr Euch an den Namen Willie Coulter erinnern?«, fragte der Mann.

»Ich bin schon mehreren Männern dieses Namens begegnet«, erwiderte Jamie. »Meistens in Schottland.«

»Aye, es war in Schottland. Am Tag vor dem großen Gemetzel von Culloden. Aber da habt Ihr ja Euer eigenes kleines Gemetzel veranstaltet, nicht wahr?«

Ich hatte mein Hirn nach einem Hinweis auf Willie Coulter durchforstet. Die Erwähnung von Culloden traf mich wie ein Fausthieb in den Magen.

Jamie hatte an diesem Tag nicht umhingekonnt, seinen Onkel Dougal umzubringen. Und außer mir hatte es einen einzigen weiteren Zeugen gegeben: einen Mann aus dem MacKenzie-Clan namens Willie Coulter. Ich hatte gedacht, er wäre längst gestorben, entweder in Culloden oder im Lauf der folgenden Wirren – und ich war mir sicher, dass Jamie das ebenfalls gedacht hatte.