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»Ich –«, begann Roger, doch sie unterbrach ihn.

»Ich schlage Sie gleich«, sagte Brianna und funkelte den Mann an, der zu ihrem Ärger die Augen zukniff und sich mit zusammengebissenen Zähnen vorbeugte.

»Also schön«, sagte er verkniffen. »Bitte.«

»Nicht ins Gesicht«, schlug Roger mit einem Blick auf seinen aufgeschürften Knöchel vor. »Sag ihm, er soll aufstehen, und nimm die Eier.«

William Buccleighs Augen öffneten sich blitzartig, und er musterte Roger tadelnd.

»Glaubt Ihr, sie braucht Euren Rat?«

»Ich glaube, Sie brauchen eine dicke Lippe«, sagte sie zu ihm, setzte sich aber langsam wieder zurück und fixierte ihn. Dabei holte sie bis zu den Zehennägeln Luft und atmete wieder aus.

»Schön«, sagte sie mehr oder weniger ruhig. »Reden Sie.«

Er nickte vorsichtig und zuckte ein wenig zusammen, als er sich an seine geprellte Wange fasste.

Sohn einer Hexe, dachte sie plötzlich. Weiß er das?

»Hattet Ihr nicht etwas von Kaffee gesagt?«, fragte er und klang ein wenig sehnsüchtig. »Ich habe seit Jahren keinen richtigen Kaffee mehr getrunken.«

Der AGA-Herd faszinierte ihn, und er bebte geradezu vor Entzücken, als er sich mit dem Rücken daran lehnte.

»O Heilige Jungfrau«, hauchte er mit geschlossenen Augen, während er sich an der Hitze ergötzte. »Wie herrlich das ist.«

Den Kaffee fand er zwar nicht schlecht, aber ziemlich schwach – verständlich, dachte Brianna, die wusste, dass der Kaffee, an den er gewöhnt war, oft stundenlang über einem Feuer gekocht wurde, statt ihn sanft zu filtern. Er entschuldigte sich für seine Manieren, die eigentlich nichts zu wünschen übrig ließen, und sagte, er hätte schon seit einiger Zeit nichts mehr gegessen.

»Wovon haben Sie sich denn ernährt?«, fragte Roger und warf einen Blick auf den beständig schwindenden Berg aus Erdnussbutterbroten mit Marmelade.

»Anfangs habe ich auf den Höfen gestohlen«, gab Buccleigh offen zu. »Nach einer Weile habe ich mich dann nach Inverness durchgeschlagen, und da saß ich dann am Straßenrand, völlig verdattert von den riesigen Krachmaschinen, die an mir vorbeisausten. Ich hatte natürlich auf der Landstraße schon Autos gesehen, aber es ist doch etwas anderes, wenn sie einem am Schienbein vorbeirauschen. Jedenfalls habe ich mich vor die High Street Church gesetzt, denn die kannte ich wenigstens, und habe mir gedacht, ich könnte vielleicht den Pastor nach einem Stück Brot fragen, wenn ich mich wieder etwas gefasst hätte. Ich war ein bisschen erschüttert, versteht Ihr?«, sagte er und beugte sich vertraulich zu Brianna hinüber.

»Das kann ich mir vorstellen«, murmelte sie und sah Roger mit hochgezogener Augenbraue an. »Die Old High ist wohl St. Stephen’s?«

»Aye, so hieß sie früher.« Er wandte sich William Buccleigh zu. »Und haben Sie es getan? Den Pastor angesprochen? Dr. Weatherspoon?«

Buccleigh nickte mit vollem Mund.

»Er hat mich dort sitzen sehen und ist zu mir gekommen, der gute Mann. Hat mich gefragt, ob ich in Not wäre, und als ich Ja gesagt habe, hat er mir erzählt, wohin ich gehen kann, um etwas zu essen und einen Schlafplatz zu bekommen, und das habe ich getan. Wohltätigkeitsverein nannte es sich, und das war es auch.«

Dort hatte man ihm etwas zum Anziehen gegeben – »denn das, was ich anhatte, waren eigentlich nur noch Lumpen« – und ihm Arbeit auf einer Milchfarm außerhalb der Stadt besorgt.

»Und warum sind Sie nicht auf dieser Milchfarm?«, fragte Roger im selben Moment, als Brianna fragte: »Wie sind Sie denn eigentlich nach Schottland gekommen?« Ihre Worte kollidierten, sie hielten inne und bedeuteten sich gegenseitig fortzufahren, doch William Buccleigh winkte beiden mit der Hand und kaute einen Moment lang heftig vor sich hin, dann schluckte er ein paarmal und spülte mit Kaffee nach.

»Mutter Gottes, das schmeckt gut, aber es klebt am Gaumen. Aye, Ihr – Sie wollen wissen, warum ich hier in Ihrer Küche sitze und Ihre Brote esse, statt in North Carolina tot in einem Bach zu liegen.«

»Wenn Sie es so ausdrücken, ja«, sagte Roger trocken und lehnte sich zurück. »Fangen Sie in North Carolina an, ja?«

Buccleigh nickte erneut, lehnte sich ebenfalls zurück, verschränkte die Hände wohlig vor dem Bauch und begann.

Es war der Hunger gewesen, der ihn wie so viele andere in der Zeit nach Culloden aus Schottland vertrieben hatte, und er hatte genug Geld zusammengekratzt, um mit seiner Frau und seinem neugeborenen Sohn zu emigrieren.

»Ich weiß«, sagte Roger. »Ich war es, den Sie gebeten haben, sie zu retten, auf dem Schiff. In der Nacht, als der Kapitän die Kranken über Bord geworfen hat.«

Buccleigh blickte verblüfft auf, und seine grünen Augen wurden groß.

»Wirklich? Ich habe Sie gar nicht gesehen; es war so dunkel, und ich war so verzweifelt. Wenn ich das gewusst hätte …« Er verstummte, dann schüttelte er den Kopf. »Nun, vorbei ist vorbei.«

»So ist es«, sagte Roger. »Ich konnte Sie ja im Dunkeln ebenfalls nicht sehen. Ich habe Sie erst später erkannt, an Ihrer Frau und Ihrem Sohn, als ich sie wiedergesehen habe in Alaman–k.« Zu seiner immensen Verärgerung blieb ihm der letzte Buchstabe mit einem Klicken im Hals stecken. Er räusperte sich und wiederholte gleichmütig: »In Alamance.«

Buccleigh nickte langsam und richtete den Blick neugierig auf Rogers Hals. Schimmerte da Bedauern in seinen Augen? Wahrscheinlich nicht, dachte Roger. Er hatte ihm ja auch nicht dafür gedankt, dass er seine Frau und sein Kind gerettet hatte.

»Aye. Nun, ich hatte vor, eine Farm zu gründen, aber … es stellte sich heraus, dass ich kein besonders guter Farmer bin. Und ebenso kein Handwerker. Hatte keine Ahnung von der Wildnis und wusste über Saatpflanzen so gut wie nichts. Gut jagen konnte ich obendrein nicht. Wir wären mit Sicherheit verhungert, wenn ich Morag und Jem – mein Sohn heißt genauso, ist das nicht seltsam? – nicht ins Vorgebirge zurückgebracht hätte und mir dort Arbeit auf einer kleinen Terpentinplantage gesucht hätte.«

»Seltsamer, als Ihr glaubt«, murmelte Brianna. Dann etwas lauter: »Und?«

»Und der Mann, für den ich gearbeitet habe, ist in den Regulatorenkrieg gezogen, und wir Arbeiter sind mitgegangen. Ich hätte Morag dort lassen sollen, doch da war ein Mann, der es auf sie abgesehen hatte. Er war der Schmied und hatte nur ein Bein, deshalb konnte er nicht mit uns in den Kampf ziehen. Ich wollte sie nicht mit ihm allein lassen, also ist sie mit dem Kleinen mitgekommen. Und der nächstbeste Kerl, der ihr dann über den Weg gelaufen ist, waren Sie«, sagte er betont.

»Hat sie Ihnen denn nicht gesagt, wer ich war?«, fragte Roger gereizt.

»Doch, das hat sie«, gab Buccleigh zu. »Sie hat mir erzählt, dass Sie das waren auf dem Schiff. Trotzdem«, fügte er hinzu und musterte Roger kritisch, »vergreifen Sie sich oft an den Frauen anderer Männer, oder war Ihnen Morag nur besonders ins Auge gefallen?«

»Morag ist meine Ur-ur-ur-ur-ur-urgroßmutter«, sagte Roger ruhig. Er erwiderte den Blick seines Gegenübers ungerührt. »Und da Sie mich gefragt haben, wer Sie sind – Sie sind mein Großvater. Ebenfalls mit fünf oder sechs ›Urs‹ davor. Mein Sohn heißt Jeremiah nach meinem Pa, der den Namen von seinem Großvater hatte – der ihn von Ihrem Sohn hatte, glaube ich«, fügte er hinzu. »Es könnte sein, dass ich noch ein oder zwei Jeremiahs übersehen habe.«

Buccleigh fixierte ihn, und sein unrasiertes Gesicht hatte jeden Ausdruck verloren. Er blinzelte ein- oder zweimal, sah Brianna an, die ihm zunickte, und richtete den Blick dann wieder auf Roger, dessen Gesicht er nun genau betrachtete.

»Sehen Sie sich seine Augen an«, sagte Brianna hilfsbereit. »Soll ich Ihnen einen Spiegel holen?«

Buccleigh öffnete den Mund, als wollte er antworten, fand aber keine Worte und schüttelte den Kopf, als wollte er eine Fliege verjagen. Er ergriff seine Tasse, starrte einen Moment hinein, als sei er erstaunt, dass sie leer war, und stellte sie hin. Dann sah er Brianna an.