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Der ältere Ian setzte sich ein wenig zurück. Er legte die Arme um sein gesundes Knie und überlegte.

»Es war natürlich nicht deine Schuld«, sagte er mit einem Seitenblick auf seinen Sohn. »Ist dir das in deinem Inneren klar?«

»Nein«, gab Ian zu. »Aber ich gebe mir Mühe.«

Sein Vater lächelte, doch dann wurde er wieder ernst.

»Du kommst irgendwann damit zurecht. Wenn du lange genug damit gelebt hast, wirst du am Ende deinen Weg finden. Doch diese Sache mit dem alten Arch Bug. Er muss ja so alt sein wie Methusalem, wenn es derselbe Mann ist, den ich auch kenne – er war einer von Malcolm Grants Aufsehern.«

»Das ist er. Das denke ich genauso – er ist alt, er wird sterben. Doch was, wenn er stirbt, und ich weiß nichts davon?«, fragte er mit einer frustrierten Handbewegung. »Ich will den Mann ja nicht umbringen, aber wie kann ich es nicht tun, wenn er umherwandert und es sich in den Kopf setzt, Hand anzulegen an Ra … an meine – nun, falls ich je eine Frau finden sollte …« Er verhaspelte sich, und sein Vater setzte dem ein Ende, indem er seinen Arm packte.

»Wer ist sie?«, fragte er, und in seinem Gesicht leuchtete Neugier auf. »Erzähle mir auch von ihr.«

Und so erzählte er seinem Vater von Rachel. Er war überrascht, so viel zu erzählen zu haben, obwohl er sie doch erst ein paar Wochen kannte und sie nur das eine Mal geküsst hatte.

Sein Vater seufzte – er seufzte ohne Unterlass, denn nur so bekam er genug Luft, doch diesmal war es ein glücklicher Seufzer.

»Ah, Ian«, sagte er liebevoll. »Ich freue mich für dich. Ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr. Das ist es, wofür deine Mutter und ich all die Jahre gebetet haben, dass du eine gute Frau findest, die du liebst und die eine Familie mit dir gründet.«

»Nun, es ist etwas früh, von einer Familie zu sprechen«, sagte Ian. »Angesichts der Tatsache, dass sie Quäkerin ist und mich wahrscheinlich gar nicht heiraten wird. Und dass ich in Schottland bin und sie in Amerika bei der Kontinentalarmee, wo sie wahrscheinlich genau in dieser Minute angeschossen wird oder sich eine schlimme Krankheit holt.«

Er hatte es ernst gemeint und war ein wenig gekränkt, als sein Vater lachte. Doch dann beugte sich der ältere Ian vor und sagte mit großem Ernst: »Du brauchst nicht zu warten, bis ich sterbe. Du musst zurückfahren und deine junge Frau suchen.«

»Ich kann doch nicht –«

»Aye, das kannst du. Dein Bruder Jamie hat Lallybroch, die Mädchen sind gut verheiratet, und Michael« – er grinste bei dem Gedanken an Michael –, »Michael wird schon zurechtkommen, glaube ich. Ein Mann braucht eine Frau, und eine gute Frau ist Gottes schönstes Geschenk für einen Mann. Es würde mir leichter fallen zu gehen, a bhailach, wenn ich wüsste, dass auch du deinen Platz gefunden hast.«

»Aye, nun ja«, murmelte Ian. »Vielleicht hast du recht. Aber noch möchte ich nicht gehen.«

Kapitel 78

Alte Schulden

Jamie schluckte seinen letzten Löffel Porridge hinunter und holte tief Luft, während er seinen Löffel neben die Schale legte.

»Jenny?«

»Natürlich habe ich noch mehr«, sagte sie, sprang auf und griff nach seinem Schüsselchen. Dann sah sie sein Gesicht, hielt inne und kniff die Augen zusammen. »Oder brauchtest du etwas anderes?«

»Ich würde nicht unbedingt sagen, dass es etwas mit brauchen zu tun hat. Aber …« Er hob die Augen zur Zimmerdecke, um ihrem Blick auszuweichen, und befahl Gott seine Seele an. »Was weißt du über Laoghaire MacKenzie?«

Er riskierte einen raschen Blick auf seine Schwester und sah die Neugier in ihren großen Augen aufleuchten.

»Laoghaire also, wie?« Sie setzte sich wieder und begann, nachdenklich mit den Fingern auf den Tisch zu trommeln. Ihre Hände waren noch schön für ihr Alter, dachte er: abgearbeitet zwar, doch die Finger waren immer noch schlank und beweglich.

»Sie ist nicht verheiratet«, begann Jenny. »Aber ich vermute, das wusstest du schon.«

Er nickte knapp.

»Was willst du denn über sie wissen?«

»Nun ja, wie es ihr geht. Und …«

»Und mit wem sie das Bett teilt?«

Er warf seiner Schwester einen Blick zu.

»Du bist eine verdorbene Person, Jenny Murray.«

»Oh, aye. Nun, dann kannst du ja die Katze fragen.« Blaue Augen, die aussahen wie die seinen, glitzerten ihn kurz an, und ihre Wangen bekamen zwei Grübchen. Er kannte diese Miene und kapitulierte so elegant wie möglich.

»Weißt du es denn?«

»Nein«, sagte sie prompt.

Ungläubig zog er eine Augenbraue hoch. »Oh, aye. Das kannst du sonst wem erzählen.«

Sie schüttelte den Kopf und fuhr mit dem Finger über die Kante des Honigglases, um einen goldenen Tropfen abzuwischen. »Ich schwöre auf St. Fouthads Zehennägel.«

Das hatte er nicht mehr gehört, seit er zehn war, und er musste laut lachen.

»Nun, mehr gibt es dazu ja dann nicht zu sagen, oder?« Er lehnte sich zurück und gab sich gleichgültig. Sie prustete leise, stand auf und begann, geschäftig den Tisch abzuräumen. Er beobachtete sie mit zusammengekniffenen Augen, nicht sicher, ob sie ihn nur aus Bosheit an der Nase herumführte – in welchem Fall sie jeden Moment aufgeben würde – oder ob mehr dahintersteckte.

»Warum willst du es denn wissen?«, fragte sie plötzlich und heftete den Blick auf einen Stapel benutzter Schüsselchen. Er war verblüfft.

»Ich habe doch gar nicht gesagt, dass ich es wissen will«, sagte er. »Aber wenn du es schon erwähnst – jeder wäre doch neugierig, oder nicht?«

»Doch«, pflichtete sie ihm bei. Sie richtete sich etwas mehr auf und sah ihn an, ein langer, prüfender Blick, bei dem er sich fragte, ob er sich eigentlich hinter den Ohren gewaschen hatte.

»Ich weiß es wirklich nicht«, sagte sie schließlich. »Und das ist die Wahrheit. Ich habe nur das eine Mal von ihr gehört, als ich dir geschrieben habe.«

Aye, und warum hast du es mir dann geschrieben?, fragte er sich, doch er sprach die Frage nicht aus.

»Mmpfm«, sagte er. »Und ich soll dir glauben, dass du es dabei belassen hast?«

Er erinnerte sich noch gut daran. Wie er hier in seinem alten Zimmer auf Lallybroch gestanden hatte, das er schon als Junge gehabt hatte, am Morgen seiner Hochzeit mit Laoghaire.

Er hatte zu diesem Anlass ein neues Hemd bekommen. Es war gerade genug Geld für das Notwendigste da, und manchmal nicht einmal das – doch irgendwie hatte Jenny ein Hemd für ihn aufgetrieben; er hatte den Verdacht, dass sie selbst ihr bestes Hemd dafür geopfert hatte. Er erinnerte sich daran, wie er sich im Spiegelbild der Waschschüssel rasiert hatte. Als er das abgehärmte, strenge Gesicht eines Fremden gesehen hatte, das unter seinem Rasiermesser hervorkam, dachte er, dass er nicht vergessen durfte zu lächeln, wenn er Laoghaire gegenübertrat. Er wollte ihr ja keine Angst machen, und der Anblick im Wasser machte selbst ihm Angst.

Er dachte plötzlich daran, dass er ihr Bett teilen würde. Entschlossen schob er den Gedanken an Claires Körper beiseite – darin besaß er große Übung –, und stattdessen kam ihm plötzlich der Gedanke, dass es Jahre her war – aye, Jahre! In den letzten fünfzehn Jahren hatte er nur zweimal mit einer Frau geschlafen, und das letzte Mal war fünf, sechs, vielleicht sieben Jahre her …

Er erlebte einen Moment der Panik bei dem Gedanken, dass er sich vielleicht als unfähig erweisen könnte, und fasste sich vorsichtig durch den Kilt an sein Glied, nur um festzustellen, dass es schon bei dem bloßen Gedanken, mit einer Frau ins Bett zu gehen, steif geworden war.

Etwas erleichtert holte er tief Luft. Eine Sorge weniger also.

Ein kurzes Geräusch an der Tür ließ seinen Kopf herumfahren, und er sah Jenny mit unergründlicher Miene dort stehen. Er hustete und nahm die Hand von seinem Schwanz.

»Du musst es nicht tun«, sagte sie leise und sah ihm in die Augen. »Wenn du es dir anders überlegt hast, sag es mir.«