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Auf den Wasserkrug folgte ein ganzer Hagel anderer Gegenstände von der Bank und eine zusammenhanglose Redeflut – undamenhafte Flüche aller Art, unterbrochen von Kreischlauten, die an einen Teekessel erinnerten. Ein Gefäß mit Buttermilch kam auf ihn zugeflogen, verfehlte sein Ziel, durchtränkte ihn aber von der Brust bis zu den Knien mit Käseflocken und Molke.

Halb lachte er vor Schock, als sie plötzlich eine Hacke von der Schuppenwand nahm und damit auf ihn losging. Ernstlich alarmiert duckte er sich, packte sie am Handgelenk und verdrehte es, sodass sie das schwere Gartenwerkzeug mit einem dumpfen Knall fallen ließ. Sie kreischte auf wie eine ban-sidhe und fuhr ihm mit der anderen Hand so heftig durch das Gesicht, dass sie ihn mit ihren Nägeln fast geblendet hätte. Er ergriff auch dieses Handgelenk und presste sie rückwärts gegen die Schuppenwand, ohne dass sie aufhörte, nach seinen Schienbeinen zu treten und sich wie eine Schlange zu winden.

»Es tut mir leid!«, brüllte er ihr ins Ohr, um sich inmitten ihres Lärmens Gehör zu verschaffen. »Hörst du mich – es tut mir leid!« Durch ihr Gekreische konnte er jedoch hinter sich nichts hören, und so geschah es ohne die geringste Vorwarnung, dass ihn etwas Großes hinter dem Ohr traf, sodass er taumelte, während ihm Blitze durch den Kopf schossen.

Er ließ ihre Handgelenke auch im Stolpern und Stürzen nicht los, sodass sie auf ihn fiel. Er schlang die Arme fest um sie, damit sie ihn nicht erneut kratzen konnte, und blinzelte, um seine tränenden Augen freizubekommen.

»Lass sie los, MacIfrinn!« Die Hacke bohrte sich neben seinem Kopf in die Erde.

Er warf sich mit Laoghaire herum und rollte wie wild durch die Beete. Keuchen und humpelnde Schritte, dann sauste die Hacke erneut nieder. Diesmal hieb sie seinen Hemdsärmel in den Boden und schürfte ihm den Arm auf.

Er befreite sich ruckartig, ohne darauf zu achten, dass er Haut und Stoff zerriss, wälzte sich von Laoghaire fort, sprang auf und stürzte sich ohne Atempause auf Laoghaires verhutzelten Knecht, der gerade dabei war, die Hacke über seinen Kopf zu heben, das Gesicht vor Anstrengung verzerrt.

Er rammte dem Mann den Schädel ins Gesicht und stürzte sich mit ihm zu Boden, hieb auf ihn ein, noch bevor sie dort landeten. Er hockte sich auf den Mann und schlug weiter auf ihn ein, wobei ihn die Schläge erleichterten. Der Mann stöhnte, jammerte und gurgelte, und gerade hatte er mit dem Knie ausgeholt, um dem Kerl einen Tritt in die Eier zu verpassen und die Sache ein für alle Mal zu regeln, als ihm dumpf zu Bewusstsein kam, dass Laoghaire kreischend auf seinen Kopf einhämmerte.

»Lass ihn in Ruhe!«, kreischte sie weinend und schlug mit den Händen nach ihm. »Lass ihn, um Himmels willen, tu ihm nichts!«

Da hielt er keuchend inne und kam sich mit einem Mal wie ein furchtbarer Narr vor. Einen spindeldürren Krüppel zu verprügeln, der nur seine Herrin vor einem offensichtlichen Angriff beschützen wollte, eine Frau herumzuschubsen wie ein gemeiner Landstreicher – Himmel, was war nur mit ihm los? Er ließ sich von dem Mann hinuntergleiten, unterdrückte den Impuls, sich zu entschuldigen, und rappelte sich unbeholfen auf, um dem armen Kerl wenigstens aufzuhelfen.

Doch bevor er dies tun konnte, fiel Laoghaire neben dem Mann auf die Knie, tastete ihn weinend ab, bis sie ihn schließlich halb zum Sitzen hochzog und seinen schmalen Kopf an ihren weichen, runden Busen presste, ohne auf das Blut zu achten, das ihm aus der zerquetschten Nase lief. Sie streichelte und liebkoste ihn, während sie seinen Namen murmelte. Anscheinend hieß er Joey.

Im ersten Moment stand Jamie schwankend da und starrte diese Darbietung an. Von seinen Fingern tropfte Blut, und die Stelle an seinem Arm, wo ihn die Hacke angeritzt hatte, begann zu brennen. Auch in seinen Augen brannte es, und als er darüberwischte, stellte er fest, dass seine Stirn blutete; Joey mit dem offenen Mund hatte ihn offenbar unwillkürlich gebissen, als er ihn gerammt hatte. Angewidert verzog er das Gesicht, als er die Zahnabdrücke spürte, und tastete nach einem Taschentuch, um das Blut zu stillen.

Je benebelter sich sein Kopf fühlte, desto klarer wurde ihm, was sich dort vor ihm am Boden abspielte. Eine gute Herrin würde sicherlich versuchen, ihren Knecht zu trösten, doch er hatte es noch nie erlebt, dass eine Frau einen solchen Mann mo chridhe nannte. Ganz zu schweigen davon, dass sie ihn leidenschaftlich auf den Mund küsste, ohne sich daran zu stören, dass sie sich dabei das Gesicht mit Blut und Rotz verschmierte.

»Mmpfm«, sagte er.

Erschrocken wandte ihm Laoghaire das blutverschmierte, verheulte Gesicht zu. Noch nie hatte sie hübscher ausgesehen.

»Er?«, sagte Jamie ungläubig und wies kopfnickend auf Joeys zusammengekrümmte Gestalt. »Warum in Gottes Namen?«

Laoghaire sah ihn schlitzäugig an und zog die Schultern hoch wie eine Katze kurz vor dem Angriff. Sie betrachtete ihn kurz, dann setzte sie sich langsam wieder gerade hin und legte sich Joeys Kopf erneut an die Brust.

»Weil er mich braucht«, sagte sie gleichmütig. »Und du es nie getan hast, du Mistkerl.«

Er ließ das Pferd am Seeufer grasen, legte seine Kleider ab und schritt ins Wasser. Der Himmel war bedeckt, und der See hing voller Wolken.

Der steinige Grund senkte sich rasch, und er überließ sich dem kalten grauen Wasser. Seine Beine schwebten dahin, und die Kälte betäubte seine kleinen Schrammen. Mit geschlossenen Augen tauchte er sein Gesicht ins Wasser, um seine Stirn zu waschen, und spürte, wie ihn die Luftblasen seines Atems an den Schultern kitzelten.

Er tauchte wieder auf und begann langsam zu schwimmen, ohne an irgendetwas zu denken.

Lag auf dem Rücken inmitten der Wolken, ließ das Haar dahintreiben wie Seetang und blickte zum Himmel auf. Ein kleiner Schauer ließ das Wasser ringsum prickeln, dann wurde er stärker. Doch es war nur sanfter Regen; er spürte nicht, wie ihn die Tropfen trafen, spürte nur, wie ihm der See und seine Wolken das Gesicht und den Körper badeten und das Blut und die Sorge der letzten Stunden davonspülten.

Würde er je zurückkehren?, fragte er sich.

Das Wasser füllte ihm die Ohren mit seinem Rauschen, und getröstet kam ihm die Erkenntnis, dass er eigentlich niemals gegangen war.

Schließlich machte er kehrt und hielt mit fließenden Schwimmzügen auf das Ufer zu. Es regnete immer noch, stärker jetzt, und die Tropfen trommelten ihm auf die nackten Schultern, während er schwamm. Dennoch schien die sinkende Sonne unter den Wolken hervor und tauchte Balriggan und seinen Hügel in ein weiches Leuchten.

Er spürte, wie ihm der Grund des Sees entgegenstieg, und stellte die Füße auf. Eine Weile blieb er bis zur Taille im Wasser stehen und betrachtete das kleine Anwesen.

»Nein«, sagte er leise, und Reue schwächte sich zu Bedauern ab, bis er sich schließlich befreit in sein Schicksal ergab. »Du hast recht – ich habe dich nie gebraucht. Es tut mir leid.«

Dann stieg er aus dem Wasser, pfiff sein Pferd herbei, zog sich das feuchte Plaid um die Schultern und richtete den Blick gen Lallybroch.

Kapitel 79

Die Höhle

Hilfreiche Kräuter, schrieb ich und hielt dann – wie ständig – inne, um nachzudenken. Wer mit einem Federkiel schrieb, war automatisch zu genauerer Überlegung und zu größerer Sparsamkeit gezwungen als der Benutzer eines Kugelschreibers oder einer Schreibmaschine. Dennoch, so dachte ich, besser, wenn ich zunächst nur eine Liste anlegte und mir zu jeder einzelnen Heilpflanze Notizen machte, wenn sie mir in den Sinn kamen, um am Ende eine endgültige Fassung zu Papier zu bringen, als wenn ich versuchte, alles auf einmal hinzubekommen.

Lavendel, Pfefferminze, Beinwell, schrieb ich, ohne zu zögern. Ringelblume, Mutterkraut, Fingerhut, Mädesüß. Dann setzte ich ein großes Sternchen neben das Wort Fingerhut, um später nicht zu vergessen, die Anwendung dieser Pflanze mit einem Warnhinweis zu versehen, da all ihre Bestandteile extrem giftig waren und sie nur in winzigen Dosen verabreicht werden durfte. Ich spielte mit dem Federkiel und biss mir unentschlossen auf die Unterlippe. Sollte ich diese Pflanze überhaupt erwähnen, obwohl dies doch ein Heilkundeführer für »normale« Leute werden sollte, nicht für erfahrene Mediziner? Denn eigentlich sollte man wirklich niemandem Fingerhut verabreichen, wenn man nicht entsprechend ausgebildet war … Also lieber nicht. Ich strich die Pflanze durch, überlegte es mir jedoch sogleich wieder anders. Vielleicht sollte ich sie besser erwähnen und nicht nur eine Zeichnung anfügen, sondern dazu eine deutliche Warnung, dass sie nur von einem Arzt benutzt werden sollte, für den Fall, dass jemand auf die Idee kam, nach permanenter Abhilfe für Onkel Tophigers Wassersucht zu forschen …