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»Jenny«, sagte ich bedauernd. »Ich kann es nicht.«

»Du kannst es nicht, oder du willst es nicht?«, fragte sie scharf.

»Ich kann es nicht. In Gottes Namen, glaubst du nicht, ich hätte es längst getan, wenn es in meiner Macht läge?«

»Vielleicht nicht, weil du mir nicht verzeihen kannst. Wenn es das ist, sage ich, dass es mir leidtut, und es ist mein Ernst, obwohl ich es nur gut gemeint habe.«

»Du … Was?« Meine Verwirrung war aufrichtig, schien sie aber in Rage zu bringen.

»Tu doch nicht so, als wüsstest du nicht, wovon ich spreche! Als du das letzte Mal zurückgekommen bist und ich dafür gesorgt habe, dass Laoghaire kam!«

»Oh.« Ich hatte es zwar nicht vergessen, doch angesichts der Situation war es mir nicht wichtig erschienen. »Das … ist schon gut. Ich werfe es dir nicht vor. Aber warum hast du sie holen lassen?«, fragte ich teils aus Neugier, teils in der Hoffnung, ihren Emotionen ein wenig die Spitze zu nehmen. Ich hatte schon viele Menschen am Rand der Erschöpfung, des Schmerzes und des Grauens gesehen, und all dies hatte Jenny fest in seinem Griff.

Sie machte eine abgehackte, ungeduldige Bewegung und sah aus, als wollte sie sich abwenden, doch sie tat es nicht.

»Jamie hatte dir nicht von ihr erzählt und ihr ebenso nicht von dir. Das konnte ich zwar verstehen, aber ich wusste, dass ihm nichts anderes übrig bleiben würde, als den Stier bei den Hörnern zu packen und die Sache ins Reine zu bringen, wenn ich sie herholte.«

»Sie hat auf ihn geschossen«, sagte ich, und auch ich wurde jetzt hitziger.

»Nun, das Gewehr hatte sie aber nicht von mir, oder?«, fuhr sie mich an. »Ich wollte weder, dass er zu ihr sagt – ach, was auch immer er zu ihr gesagt hat –, noch, dass sie zur Pistole greift und ihm eine Kugel verpasst.«

»Nein, aber du hast mich fortgeschickt.«

»Warum auch nicht? Du hattest ihm doch schon einmal das Herz gebrochen, und ich dachte, du würdest es wieder tun! Und dann hattest du den Nerv, hier aufzutauchen wie das blühende Leben, während wir … während wir – nun, das, was wir durchgemacht hatten, ist auch schuld an Ians Husten!«

»Das –«

»Als sie ihn mitgenommen und in den Tolbooth gesteckt haben. Aber da warst du ja nicht hier! Du warst nicht hier, als wir gehungert und gefroren und um das Leben unserer Männer und Kinder gebangt haben! Du hast nichts davon mitbekommen! Du warst in Frankreich, warm und außer Gefahr!«

»Ich war in Boston, in zweihundert Jahren, und dachte, Jamie wäre tot«, sagte ich kalt. »Und ich kann Ian nicht helfen.« Ich kämpfte darum, meine eigenen Gefühle im Griff zu behalten, die plötzlich freigesetzt worden waren, als sie die Krusten von der Vergangenheit riss, und fand Mitleid, als ich sie ansah, ihr zartes Gesicht, das von der Sorge hager und zerfurcht war, während sie die Hände so fest zusammenballte, dass ihre Nägel sie ins Fleisch bissen.

»Jenny«, sagte ich, leiser jetzt. »Bitte glaube mir. Wenn ich irgendetwas für Ian tun könnte, würde ich meine Seele geben, um es zu tun. Doch ich beherrsche keine Magie; ich habe keine Zauberkräfte. Nur etwas Wissen, und davon viel zu wenig. Ich würde meine Seele dafür geben«, wiederholte ich noch einmal lauter und beugte mich zu ihr hinüber. »Doch ich kann es nicht, Jenny … ich kann es nicht.«

Sie starrte mich schweigend an. Ein Schweigen, das sich unerträglich in die Länge zog, bis ich schließlich an ihr vorbeiging und auf das Haus zuhielt. Sie wandte sich nicht um, und ich blickte nicht zurück. Doch hinter mir hörte ich sie flüstern.

»Du hast gar keine Seele.«

Kapitel 81

Fegefeuer II

Wenn sich Ian gut genug fühlte, wanderte er mit Jamie. Manchmal nur bis auf den Hof oder bis zur Scheune, wo er sich auf den Zaun stützte und sich mit Jennys Schafen unterhielt. Manchmal ging es ihm so gut, dass er meilenweit wanderte, was Jamie erstaunte – und alarmierte. Dennoch, so dachte er, war es schön, Seite an Seite über das Moor und durch den Wald und am See entlangzuwandern, ohne viel zu reden – nur Seite an Seite. Dass sie langsam gingen, spielte keine Rolle; das hatten sie getan, seit Ian mit einem Holzbein aus Frankreich zurückgekehrt war.

»Ich freue mich darauf, mein Bein wiederzuhaben«, hatte Ian einmal beiläufig angemerkt, als sie im Schutz des großen Felsens saßen, an dem Fergus seine Hand verloren hatte. Im Wasser des kleinen Bachs, der am Fuß des Hügels entlanglief, hatten sie Ausschau nach dem Aufblitzen der springenden Forellen gehalten.

»Aye, das wird schön sein«, hatte Jamie gesagt und schwach gelächelt – und zugleich ein wenig ironisch, weil er daran denken musste, wie er nach der Schlacht von Culloden erwacht war und gedacht hatte, er hätte ein Bein verloren. Er war bestürzt gewesen und hatte versucht, sich mit dem Gedanken zu trösten, dass er es ja zurückbekommen würde, wenn er das Fegefeuer verlassen durfte und in den Himmel kam. Natürlich hatte er auch gedacht, er wäre tot, doch das war ihm nicht annähernd so schlimm erschienen wie der eingebildete Verlust seines Beins.

»Wahrscheinlich brauchst du ja gar nicht zu warten«, sagte er geistesabwesend, und Ian blinzelte ihn an.

»Auf was denn?«

»Auf dein Bein.« Ihm wurde klar, dass Ian keine Ahnung hatte, woran er gerade gedacht hatte, und rasch erklärte er es ihm.

»Ich habe nur gedacht, dass du wahrscheinlich nicht lange im Fegefeuer bleiben musst – wenn überhaupt – und du es also bald zurückhaben wirst.«

Ian grinste ihn an. »Warum bist du dir denn so sicher, dass ich nicht tausend Jahre im Fegefeuer zubringen werde? Ich könnte doch ein schrecklicher Sünder sein, aye?«

»Aye, das könntest du«, gab Jamie zu. »Aber wenn es so ist, musst du verdammt viele schmutzige Gedanken hegen, denn wenn du irgendetwas getan hättest, wüsste ich davon.«

»Oh, meinst du?« Ian schien das komisch zu finden. »Du hast mich doch seit Jahren nicht mehr gesehen. Ich hätte alles Mögliche anstellen können, ohne dass du je davon erfahren hättest.«

»Natürlich hätte ich das«, sagte Jamie in aller Logik. »Jenny hätte es mir erzählt. Und du willst doch kaum behaupten, dass sie nichts davon wüsste, wenn du eine Geliebte und sechs Bastarde hättest oder mit einer schwarzen Seidenmaske die Landstraßen unsicher machen würdest?«

»Nun, wahrscheinlich wüsste sie es«, räumte Ian ein. »Obwohl, komm schon, Mann, hier gibt es doch im Umkreis von hundert Meilen nichts, was den Namen Landstraße verdient hätte. Und ich würde eher erfrieren, als auf einem der Pässe jemandem zu begegnen, der es wert wäre, ihn auszurauben.« Er hielt inne und kniff die Augen zum Schutz vor dem Wind zusammen, während er die kriminellen Möglichkeiten in Erwägung zog, die sich ihm boten.

»Ich hätte vielleicht Rinder stehlen können«, schlug er vor. »Obwohl es hier nur noch so wenige davon gibt, dass sofort der ganze Bezirk Bescheid wüsste, wenn eines verschwindet. Und ich bezweifle, dass ich es in Jennys Schafherde verstecken könnte, ohne dass es auffällt.«

Er überlegte weiter, das Kinn auf die Hand gestützt, dann schüttelte er widerstrebend den Kopf.

»Die traurige Wahrheit, Jamie, ist, dass in den Highlands schon seit zwanzig Jahren niemand mehr etwas hat, das einen Diebstahl lohnen würde. Nein, ich fürchte, Diebstahl kommt ebenfalls nicht infrage. Genauso wenig wie Unzucht, denn dann hätte mich Jenny längst umgebracht. Was bleibt also noch? Lüge und Mord wahrscheinlich, und ich bin zwar schon hin und wieder jemandem begegnet, den ich gern umgebracht hätte, aber getan habe ich es nie.« Er schüttelte bedauernd den Kopf, und Jamie lachte.