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Er sah aus wie ein Franzose, dachte Jamie. Was besagte, dass er in New Bern durch und durch deplatziert wirkte. Beauchamp war gerade aus Thorogood Northrups Lagerhaus getreten und unterhielt sich jetzt beiläufig mit Northrup. Der Wind, der vom Wasser kam, ließ das Bändchen flattern, mit dem sein dunkles Haar zusammengebunden war. Elegant war das Wort gewesen, mit dem ihn Claire beschrieben hatte, und genau das war er: kein Geck – nicht ganz –, sondern geschmackvoll und teuer gekleidet. Ziemlich teuer, dachte er.

»Er sieht aus wie ein Franzose«, sprach Fergus seine Gedanken laut aus. Sie saßen am Fenster im »Whinbush«, einem mittelmäßigen Wirtshaus, das von Fischern und Lagerhausarbeitern aufgesucht wurde und dessen Atmosphäre sich zu gleichen Teilen aus Bier, Schweiß, Tabak, Teer und alten Fischgedärmen zusammensetzte.

»Ist das sein Schiff?«, fragte Fergus und runzelte die Stirn, während er kopfnickend auf die gepflegte schwarz-gelbe Schaluppe wies, die etwas außerhalb sanft vor Anker schaukelte.

»Es ist das Schiff, mit dem er reist. Ich kann nicht sagen, ob es ihm auch gehört. Aber sein Gesicht kommt dir nicht bekannt vor?«

Fergus lehnte sich so dicht an das Fenster, dass er sich fast das Gesicht an den unebenen Glasscheiben platt drückte, um M. Beauchamp besser erkennen zu können.

Unterdessen hielt Jamie sein Bier in der Hand und betrachtete Fergus’ Gesicht. Obwohl er seit seinem zehnten Lebensjahr in Schottland gelebt und die letzten etwa zehn Jahre in Amerika verbracht hatte, sah auch Fergus immer noch aus wie ein Franzose, dachte er. Es war nicht nur eine Frage der Gesichtszüge; vielleicht lag es ja in seinem Knochenbau begründet.

Fergus hatte sehr prägnante Gesichtsknochen, Kieferknochen, an denen man Papier hätte schneiden können, eine gebieterische Hakennase und Augenhöhlen, die tief unter den Wölbungen einer hohen Stirn versunken lagen. Das dichte dunkle Haar, das er aus ebendieser Stirn gebürstet hatte, war mit grauen Strähnen durchzogen, ein Anblick, der Jamie einen Stich versetzte; er trug für immer ein Bild in sich, das Fergus als den zehnjährigen verwaisten Taschendieb zeigte, den er aus einem Bordell in Paris gerettet hatte. Und dieses Bild wollte sich einfach nicht in das schmale, gut aussehende Gesicht seines Gegenübers einfügen.

»Nein«, sagte Fergus schließlich. Er lehnte sich wieder zurück und schüttelte den Kopf. »Ich habe ihn noch nie gesehen.«

Fergus’ tief liegende dunkle Augen glitzerten neugierig und spekulativ.

»Auch sonst kennt ihn niemand in der Stadt. Obwohl ich gehört habe, dass er in Halifax und Edenton ebenfalls nach diesem Claudel Fraser gefragt hat.« Er atmete belustigt aus; Claudel war sein Taufname, der einzige, den er hatte, obwohl Jamie nicht glaubte, dass ihn jemals jemand außerhalb von Paris benutzt hatte – oder im Lauf der letzten dreißig Jahre.

Jamie öffnete den Mund, um zu sagen, dass er hoffte, dass Fergus bei seinen Erkundigungen mit Vorsicht vorgegangen war, überlegte es sich aber anders und trank stattdessen sein Bier. Fergus hätte in diesen schwierigen Zeiten niemals als Drucker überlebt, wenn es ihm an Diskretion gemangelt hätte.

»Erinnert er dich denn an irgendjemanden?«, fragte er dann. Fergus warf ihm einen kurzen, überraschten Blick zu, reckte jedoch abermals den Hals, setzte sich wieder normal hin und schüttelte den Kopf.

»Nein. Sollte er das?«

»Ich glaube nicht.« Das stimmte, doch er war froh, dass Fergus es ihm bestätigte. Claire hatte ihm von ihrem Gedanken erzählt – dass der Mann vielleicht mit ihr verwandt war, vielleicht ein direkter Vorfahre. Sie war um einen beiläufigen Ton bemüht gewesen, hatte versucht, die Idee gleich wieder zu verwerfen, doch er hatte das sehnsüchtige Leuchten in ihren Augen gesehen, und es hatte ihn gerührt. Die Tatsache, dass sie in ihrer eigenen Zeit keine Familie und keine nahen Verwandten hatte, war ihm immer als etwas Schreckliches erschienen, auch wenn er begriff, dass dies viel mit ihrer Hingabe an ihn zu tun hatte.

Mit diesem Hintergedanken sah er so genau hin, wie er konnte, doch er entdeckte nichts in Beauchamps Gesicht oder an seiner Körperhaltung, das ihn irgendwie an Claire erinnert hätte – von Fergus ganz zu schweigen.

Er glaubte nicht, dass Fergus überhaupt auf diesen Gedanken gekommen war – dass Beauchamp tatsächlich mit ihm verwandt sein könnte. Er war sich hinreichend sicher, dass Fergus nur die Frasers von Lallybroch als seine Familie betrachtete, abgesehen von Marsali und den Kindern, die er mit der ganzen Heftigkeit seiner leidenschaftlichen Natur liebte.

Beauchamp verabschiedete sich jetzt von Northrup – mit einer echten Pariser Verbeugung, die von einer eleganten Flatterbewegung seines seidenen Taschentuchs begleitet wurde. Was für ein Glück, dass der Mann direkt vor ihm aus dem Lagerhaus getreten war, dachte Jamie. Eigentlich hatten sie vorgehabt, später einen prüfenden Blick auf ihn zu werfen, doch der glückliche Zufall seines Auftauchens ersparte ihnen die Suche.

»Es ist ein gutes Schiff, Milord«, stellte Fergus fest, der seine Aufmerksamkeit jetzt auf die Schaluppe gerichtet hatte. Dann betrachtete er Jamie nachdenklich. »Seid Ihr sicher, dass Ihr Euch nicht genauer nach der Möglichkeit einer Überfahrt mit Monsieur Beauchamp erkundigen wollt?«

»Aye, das bin ich«, sagte Jamie trocken. »Mich selbst und meine Frau in die Hände eines Mannes zu begeben, den ich nicht kenne und dessen Motive mir suspekt sind? Vor dieser Vorstellung würde doch selbst ein Mensch zurückschrecken, der nicht an der Seekrankheit leidet, oder?«

Fergus grinste breit.

»Hat Milady angekündigt, Euch wieder mit Nadeln vollzustecken?«

»Ja«, erwiderte Jamie ziemlich gereizt. Er hasste die wiederholten Nadelstiche, und es missfiel ihm, vor Stacheln strotzend wie ein exotisches Stachelschwein in der Öffentlichkeit erscheinen zu müssen – selbst auf dem beengten Raum eines Schiffes. Das Einzige, was ihn dazu bewegen konnte, war die Gewissheit, dass er sich ansonsten tagelang ununterbrochen übergeben würde.

Doch Fergus bemerkte seine üble Laune nicht; er hatte die Nase erneut an das Fenster gedrückt.

»Nom d’un nom …«, sagte er leise, und seine Miene war plötzlich so angespannt, dass sich Jamie auf der Bank zur Seite drehte, um hinauszuschauen.

Beauchamp war ein Stück gegangen, doch er war immer noch zu sehen. Er hatte jetzt angehalten und schien einen merkwürdigen Tanz zu vollführen. Das war schon seltsam genug, doch was noch beunruhigender war, war die Tatsache, dass Fergus’ Sohn Germain direkt vor ihm auf der Straße hockte und wie eine aufgebrachte Kröte vor ihm auf und ab zu hüpfen schien.

Diese bizarren Bewegungen dauerten noch ein paar Sekunden an und kamen dann zum Stillstand. Auch Beauchamp stand jetzt still und wedelte fordernd mit den Armen, während Germain vor ihm auf den Knien zu liegen schien. Dann stand der Junge auf und steckte sich etwas ins Hemd, und nach kurzer Unterhaltung lachte Beauchamp auf und streckte die Hand aus. Sie verneigten sich gegenseitig und schüttelten sich die Hände, und dann kam Germain auf das Wirtshaus zu, während Beauchamp seinen Weg fortsetzte.

Germain kam herein, sah sie, schlüpfte neben seinem Vater auf die Bank und setzte ein selbstzufriedenes Gesicht auf.

»Ich bin diesem Mann begegnet«, sagte er ohne Umschweife. »Dem Mann, der Papa finden will.«

»Aye, das haben wir gesehen«, sagte Jamie mit hochgezogenen Augenbrauen. »Was zum Teufel hast du mit ihm gemacht?«

»Ich habe ihn kommen sehen, aber ich dachte, dass er wohl nicht anhalten und mit mir sprechen würde, wenn ich ihn einfach nur rufe. Also habe ich ihm Simon und Petrus in den Weg gesetzt.«

»Wer –«, begann Jamie, doch Germain tastete bereits in den Tiefen seines Hemdes umher, und ehe er seinen Satz beenden konnte, hatte der Junge zwei kräftige Frösche zum Vorschein gebracht – einen grünen und einen von aggressiver gelber Farbe –, die sich auf der nackten Tischplatte aneinanderpressten und sich mit großen Augen nervös umsahen.