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  »Nein.«

  »Und die Waffe?« Barnaby schob das Messer hinüber.

  Erschaudernd musterte sie es. »Das lag auf dem Regal in der Küche. Und dort war er heute nachmittag. Auch das war meine Schuld. Ich habe ihn allein zurückgelassen, um Tee nach oben zu bringen. Da hat er es an sich genommen. Er muß die Tat schon lange geplant haben.«

  »Und wie steht es mit dem Motiv?«

  »Ha! Das Motiv, das ihn immer und bei allem leitet. Geld. Seit heute habe ich die freie Verfügung über meinen Treuhandfonds. Ich bin einundzwanzig geworden. Über eine halbe Million.«

  Christopher fiel die Kinnlade runter. »Du hast mir nicht erzählt -«

  »Mr. Wainwright...« Barnaby hielt die Hand hoch und ermunterte sie mit einem Nicken weiterzusprechen.

  »Ich wollte den Fonds nicht haben. Er war mir eine Last.«

  Mein Gott, die Reichen, staunte Troy, diese verdammten Reichen. Diese absolut irren Reichen. Eine Last.

  »Daher habe ich mich entschlossen, das Geld wegzugeben.«

  Nun, warum noch lange suchen, Lady? Hier bin ich.

  »Ich wollte, daß die Kommune es bekommt. Der Meister hielt meine Entscheidung allerdings für unklug. Meinte, es würde mir irgendwann leid tun. Er schlug vor, mit meinen Eltern zu sprechen. Einmal abgesehen von dem Geld, hoffte er auch, wir könnten unsere Differenzen beilegen.« Erneut stieß sie eins von diesen rauhen, humorlosen Geräuschen aus. »Er war so naiv. Begriff nicht, wie schrecklich Menschen sein können.«

  »Sagen Sie, Miss Gamelin -«

  »Nennen Sie mich nicht so! Das ist nicht mein Name.«

  »Sind Ihre Eltern Mr. Craigie vor dem Mord begegnet?«

  »Mein Vater schon. Die beiden haben sich gegen sieben miteinander unterhalten. Meine Mutter kam erst später.«

  »WWissen Sie etwas über das Ergebnis dieser Unterhaltung?«

  »Nur, daß sie später noch mal darüber sprechen wollten. Ich halte es für eher unwahrscheinlich, daß der Meister großen Einfluß auf meinen Vater hatte. Beim Abendessen war er wirklich gemein.«

  »Wie hat er reagiert, als Sie ihm von Ihrer Entscheidung bezüglich des Fonds berichteten?«

  »Das habe ich nicht getan. Ich habe es dem Meister überlassen.«

  Barnaby warf einen Blick auf die Skizze. »Soweit Sie sich erinnern, stand Ihr Vater also direkt hinter Mr. Craigies Stuhl?«

  »Ja. Jetzt wissen Sie ja, warum. Er mußte sich nur vorbeugen und... und...«

  »Ganz so einfach ist es nun wieder nicht, oder? Sie haben beispielsweise gerade gesagt, daß Ihr Vater, bis er mit Mr. Craigie sprach, nichts von Ihrer Entscheidung, das Geld zu verschenken, geahnt hat.«

  »Das ist richtig.«

  »Nicht vor sieben Uhr.«

  »Ja.«

  »Warum sollte er dann um fünf Uhr das Messer an sich nehmen?«

  »Oh...«

  Troy fragte sich, wie sie diesen Schlag wohl verdaute. Ihn freute es jedesmal, wenn jemand in der Bredouille war. Er schlenderte hinüber und baute sich hinter Barnaby auf.

  »Nun... das Geld mag nicht der einzige Grund gewesen sein. Ich habe von dem Ort hier gesprochen. Ihm erzählt, wie zufrieden ich bin.«

  »Daran kann sich doch niemand stören?«

  »Sie kennen ihn nicht. Er ist unglaublich eifersüchtig. Kann es nicht ertragen, wenn ich mit jemand anderem glücklich bin. Nachdem ich von Zuhause weg bin, hing er andauernd in Türeingängen rum und spionierte mir hinterher.« Sie streckte die Hand aus, griff nach der Tüte mit dem Gummihandschuh. »Hat er den auch getragen?«

  »Wir gehen davon aus, daß derjenige, der das Messer hielt, auch den Handschuh trug, ja.«

  »Das ist ein linker Handschuh. Er ist Linkshänder. Und sie waren auch in der Küche. Was wollen Sie noch? Daß May sich so echauffierte, war die perfekte Ablenkung.«

  »Das Problem damit ist nur, Miss Gamelin«, wiederholte Troy ihren Namen süffisant und setzte sich auf die Tischkante, »daß das nicht zu unserer Theorie paßt. Da er zum ersten Mal hiergewesen ist, woher sollte er da wissen, daß die Ereignisse eine so dramatische Wendung nehmen?«

  »Sie werden zulassen, daß er sich da rauswindet, nicht wahr?« Mit unverhohlener Abneigung, als wäre er für jeden Preis zu haben, musterte sie Troy. »Das hätte ich wissen müssen. Wer Geld hat, kommt immer ungeschoren davon.«

  Ihre Unterstellung machte Troy fuchsteufelswild. Er besaß viele schlechte Eigenschaften, aber korrupt war er nicht und würde es auch niemals sein. »Ihre verdammten Anschuldigungen behalten Sie besser für -«

  »In Ordnung. Das reicht.« Die Worte wurden leise gesprochen. Troy bemerkte den Blick des Chief Inspectors, rutschte vom Tisch und wandte sich ab.

  Barnaby mußte feststellen, daß die entschiedene Meinung dieser Zeugin jede weitere Befragung sinnlos machte. Ging er mit ihr die harten Fakten durch, lief er Gefahr, daß sie anfing, sich Dinge auszudenken. Er ließ beide gehen und wandte sich an seinen Untergebenen.

  »Was nehmen Sie sich heraus, Troy? Wieso lassen Sie sich von einem jungen Mädchen provozieren?«

  »Nun... ja...«

  »Ja was?«

  »Nichts, Sir.«

  Barnaby prüfte seine Liste und schickte den jungen Constable nach Mr. Gibbs. Mit geradem Rücken stand Troy da und betrachtete den alten Gestetner. Darauf klebte ein gelber Sticker, der mit einem freundlichen »Nein, danke« auf Atomenergie verzichtete. Die Milde, mit der Barnaby seiner Unbill Luft gemacht hatte, tröstete Troy nicht über den falsch gewählten Zeitpunkt hinweg. Daß er vor einem Polizisten, der noch grün hinter den Ohren war, und vor zwei Zivilisten gemaßregelt worden war, war unverzeihlich. Troy, der - was die Gefühle anderer anging - keinerlei Feingefühl aufbrachte, legte großen Wert darauf, mit Samthandschuhen angefaßt zu werden. Beim leisesten Anflug von Kritik stieg er aufs hohe Roß.

  »Sehen Sie nach, ob Sie Wasser auftreiben können. Ich bin wie ausgedörrt.«

  »Ja.« Übergebührlich förmlich schritt er zur Tür.

  »Und schlagen Sie Alternativen aus. Vor allem diesen unaussprechlichen Kaffee-Ersatz. Damit würde ich nicht mal meine Abflußrohre reinigen.«

  Als Troy die Tür öffnete, stand Guy Gamelin im Korridor. Er setzte sich in Bewegung und zwang Troy, ein paar Schritte zurückzuweichen.

  »Ich begebe mich jetzt in mein Hotel. Dürfte bis morgen früh dort anzutreffen sein. Im Chartwell Grange, unweit von Denham.«

  Barnaby erhob sich. »Mr. Gamelin.« Er deutete auf den freien Stuhl. »Bevor Sie gehen, würde ich Ihnen gern ein paar Fragen stellen.«

  Beide Männer musterten einander. Guy blieb stehen. Er gab sich unkooperativ und antwortete mit »Weiß ich nicht« und »Keine Ahnung« auf Barnabys Fragen. Auch weigerte er sich, eine Skizze zu machen.

  »Ich kann mich nicht erinnern, wo ich war, ganz zu schweigen, wo die anderen sich aufhielten. Einmal abgesehen von dieser dusseligen Kuh, die auf dem Boden herumrollte und stöhnte.«

  »Dann halten Sie also nicht viel von dieser Kommune?«

  »Eine Horde sich selbst täuschender, rückgratloser, theatralischer Wichser.«

  »In dem Fall dürfte es Ihnen nicht behagt haben, Ihre Tochter hier zu finden?« Bei dieser Bemerkung streckte Guy sein ausgeprägtes Kinn vor und begann schneller zu atmen. Er antwortete dem Chief Inspector nicht. »Wenn ich richtig verstanden habe«, fuhr Barnaby fort, »haben Sie und Ihre Tochter seit Jahren keinen Kontakt mehr.«

  »Falls Sie den Boulevardzeitungen Glauben schenken.«

  »Dann trifft es nicht zu?«

  »Einigermaßen. Nicht, daß es Sie - Teufel auch - etwas anginge.«

  Ein Wort wie »einigermaßen« aus dem Munde von Gamelin wirkte seltsam. Der Chief unterstellte Gamelin Intoleranz und hielt ihn für jemanden, der von extremen Gefühlen beherrscht wurde.