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»Danke, Sir.« Rodriguez salutierte, grinste dankbar und verschwand.

»Was euch beide dagegen betrifft«, sagte Devall schwerfällig, »habt ihr bis zum Ausgang der Sache den Stützpunkt nicht zu verlassen. Ich brauche euch nicht zu sagen, wie ernst das werden kann, ob die Tötung nun in Notwehr erfolgt ist oder nicht. Viele Wesen verstehen den Begriff der Notwehr überhaupt nicht.« Er befeuchtete seine plötzlich ausgetrockneten Lippen. »Ich rechne nicht mit allzu vielen Komplikationen, aber das sind fremde Wesen auf einer fremden Welt, und ihr Verhalten ist nicht immer vorhersehbar.« Er sah Leonards an. »Leutnant, ich muß Sie um Ihrer eigenen Sicherheit willen bitten, bis auf weiteres in Ihrer Unterkunft zu bleiben.«

»Ja, Sir. Gilt das als Arrest?«

»Noch nicht«, sagte Devall. »Meyer, Sie schließen sich für den Rest des Tages dem Instandhaltungspersonal an. Wir werden Ihre Aussage vermutlich noch einmal hören müssen, bevor die Sache abgeschlossen ist. Wegtreten.«

Als sie fort waren, sank Devall in seinen Schaumgeflechtsessel und starrte seine Fingerspitzen an. Seine Hände zitterten.

John F. Devall, Dr. der Anthropologie, Columbia-Universität 2682, Weltraumkorps 2687, und jetzt bist du zum erstenmal in Schwierigkeiten. Wie willst du es anpacken, Jack? fragte er sich. Kannst du beweisen, daß der Silberadler wirklich auf deine Schulterklappen gehört? Er schwitzte. Er fühlte sich todmüde. Er schloß kurz die Augen, öffnete sie wieder und sagte ins Mikrofon: »Schicken Sie die Marker herein.«

Fünf von ihnen traten ein, verbeugten sich höflich und stellten sich nervös an der Rückwand auf, wie die Kandidaten für eine Erschießung. Begleitet wurden sie von Steber, dem Linguisten, der eilig aus der Stadt zurückgeholt worden war, damit er Devall als Dolmetscher dienen konnte.

Die Markin-Bewohner waren von humanoidem Wuchs mit äffischen Vorfahren, was sie im allgemeinen physiologischen Aufbau zu nahen Verwandten der Terraner hätte machen müssen. Das war aber nicht der Fall. Sie hatten eine rauhe, grobe, körnige Haut, dunkel getönt, schmutzigbraun meist, ab und zu auch purpurschwarz. Ihre Kiefer hatten im Laufe der Evolution irgendwann ein Reptilgelenk erworben, so daß sie praktisch kein Kinn hatten, aber Nahrung in großen Klumpen verschlingen konnten, bei denen ein Mensch erstickt wäre. Ihre Augen, von flüssig-goldener Farbe, lagen weit auseinander, was ein enormes peripheres Sehvermögen bewirkte; ihre Nasen waren flache Knöpfe, in manchen Fällen kaum wahrnehmbare Erhebungen über den Nasenlöchern.

Devall sah zwei jüngere Männer, offenkundig Krieger; sie hatten ihre Waffen draußen gelassen, aber sie reckten angriffslustig die Kiefer vor, und der Dunklere der beiden hatte sich in seiner Wut praktisch den Kiefer ausgerenkt. Die Frau sah aus wie alle Frauen auf Markin, formlos und müde hinter ihrem schäbigen Umhang aus Fellen. Das restliche Paar waren Priester, einer davon alt, einer sehr alt. Es war dieser Greis, an den Devall sich zuerst wandte.

»Es tut mir leid, daß unsere Begegnung heute nachmittag eine so bedauerliche ist. Ich hatte mich auf ein angenehmes Gespräch gefreut. Aber man kann nicht immer voraussagen, was geschehen wird.«

»Für den, der getötet wurde, lag der Tod bereit«, sagte der alte Priester mit der hohen, schrillen Stimme, von der Devall wußte, daß sie Zorn und Verachtung ausdrückte.

Die Frau stieß einen heulenden Schrei aus, und dann ein halbes Dutzend klagender Worte, so schnell hintereinander, daß Devall sie nicht verstand.

»Was sagt sie?« fragte er Steber.

Der Dolmetscher legte die Hände nachdenklich aneinander.

»Sie ist die Frau des Getöteten. Sie verlangt — Rache«, sagte er auf englisch.

Anscheinend waren die beiden jungen Krieger Freunde des Toten. Devall sah die fünf Gesichter der Reihe nach an.

»Das ist ein höchst bedauerlicher Vorfall«, sagte er in der fremden Sprache. »Ich hoffe aber, daß er sich auf die herzlichen Beziehungen zwischen Menschen und Markern nicht auswirken wird, die bisher bestanden haben. Dieses Mißverständnis — «

»Blut muß gesühnt werden«, sagte der kleinere und weniger eindrucksvoll gekleidete Priester. Wahrscheinlich der Ortspriester, dachte Devall, er mochte froh sein, daß er seinen Vorgesetzten als Rückhalt dabei hatte.

Der Colonel wischte sich den Schweiß von der Stirn.

»Der junge Mann, der die Tat begangen hat, wird natürlich zur Rechenschaft gezogen. Es wird Ihnen klar sein, daß eine Tötung aus Notwehr nicht als Mord betrachtet werden kann, aber ich gebe zu, daß der junge Mann unklug gehandelt hat und die Folgen wird tragen müssen.«

Es klang selbst für Devall nicht sehr befriedigend, und die fremden Wesen wirkten auch kaum beeindruckt.

Der Hohepriester gab zwei kurze, knappe Silben von sich. Devall kannte die Worte nicht und sah Steber hilfesuchend an.

»Er sagt, Leonards habe heiligen Boden entweiht. Er sagt, das Verbrechen, das sie erzürnt, sei nicht Mord, sondern Blasphemie.«

Devall spürte trotz der Hitze einen eisigen Hauch. Nicht… Mord? Das wird kompliziert werden, dachte er bedrückt.

»Ändert das die eigentliche Natur des Falles?« fragte er den Priester. »Er wird trotzdem von uns für seine Handlung bestraft, die nicht zu rechtfertigen ist.«

»Ihr könnt ihn wegen Mordes bestrafen, wenn ihr das für gut haltet«, sagte der Priester ganz langsam, damit Devall jedes Wort verstehen konnte. Die Witwe schluchzte ein paarmal auf sehr irdische Weise; die jungen Männer machten finstere Gesichter. »Mord betrifft uns nicht«, fuhr der Hohepriester fort. »Er hat Leben genommen; das Leben gehört Jenen, und Sie nehmen es, wie Sie es für richtig halten, ganz, wie Sie wollen. Aber er hat auch eine heilige Blume auf heiligem Boden entweiht. Das sind schwere Verbrechen für uns. Dazu hat er das Blut eines Wächters auf heiligem Boden vergossen. Wir fordern euch auf, ihn zu einem Prozeß vor einem Priestergericht unter dieser doppelten Anklage zu übergeben. Danach könnt ihr ihn vielleicht nach euren Gesetzen zur Rechenschaft ziehen.«

Einen Augenblick lang sah Devall nichts als das unerbittliche, ledrige Gesicht des alten Priesters, dann drehte er den Kopf und sah den Ausdruck der Überraschung und Betroffenheit auf Stebers Gesicht.

Es dauerte einige Sekunden, bis die Worte des Hohepriesters ihre Wirkung taten, und wieder einige, bis Devall betäubt die Folgen begriff. Sie wollen einen Menschen vor Gericht stellen, dachte er dumpf. Nach ihren eigenen Gesetzen. Und ihre eigene Strafe aussprechen.

Es handelte sich plötzlich nicht mehr nur um einen lokalen Vorfall, eine Sache, die zu bereinigen, im Logbuch zu vermerken und zu vergessen war. Es ging nicht einfach mehr um simple Reparationen für die zufällige Tötung eines Eingeborenen.

Jetzt war das eine Sache von galaktischer Bedeutung, dachte Devall dumpf. Und er war der Mann, der alle Entscheidungen zu fällen hatte.

Am Abend, nach dem Essen, besuchte er Leonards. Inzwischen wußten alle im Lager, was geschehen war, obwohl Devall Steber angewiesen hatte, nichts davon zu erwähnen, daß die fremden Wesen Leonards selbst den Prozeß machen wollten.

Der junge Mann sah auf, als Devall hereinkam, und salutierte lahm.

»Rühren, Leutnant.« Devall setzte sich auf die Bettkante und sah den Leutnant an. »Jetzt sitzen Sie in der Tinte, mein Sohn.«

»Sir, ich — «

»Ich weiß. Sie wollten von dem heiligen Dornenstrauch keine Blätter abzupfen, und Sie konnten nicht anders, als den Eingeborenen zu erschießen, der Sie angriff. Wenn die Sache wirklich so einfach wäre, würde ich Sie wegen Hitzigkeit verwarnen und es dabei belassen. Aber — «

»Aber, Sir?«

Devall zog die Brauen zusammen und sah den Jungen an.

»Aber die Wesen wollen Ihnen selbst den Prozeß machen. Ihnen geht es nicht so sehr um den Mord, als um die doppelte Blasphemie, die Sie begangen haben. Der runzlige alte Hohepriester will Sie vor ein Klerikergericht bringen.«