»Damit ich rede, muss man mich füttern«, erklärte ich ihm vorsorglich.
»Verstehe«, nickte er konspirativ. »Und wer bleibt hier? Kurusch?«
»Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätten wir uns ohnehin nicht hier getroffen«, sagte ich und strich dem Buriwuch übers Gefieder. »Aber da wir schon hier sind, können wir auch bleiben. Lassen wir das Essen doch einfach kommen.«
»Logisch.«
Für seine Verhältnisse war Melifaro verblüffend einsilbig, meldete sich aber immerhin per Stummer Rede im Fressfass, und nach ein paar Minuten standen einige Tabletts auf meinem Schreibtisch.
»Wie sieht eigentlich das Leben mit einem Harem aus?«, fragte er gespannt.
»Nicht schlecht«, antwortete ich mit vollem Mund. »So eine abenteuerliche Nacht hatte ich noch nie. Ich habe einen Ausflug zum Tor zwischen den Welten gemacht, bin durch fremde Gegenden getobt und habe auch sonst allerlei erlebt.«
»Entschuldige, Max, aber warum redest du jetzt vom Tor zwischen den Welten?«, fragte Melifaro enttäuscht.
»Vergiss den Unsinn mit dem Harem. Techi hat dir einen gewaltigen Bären aufgebunden.«
»Dabei hat sie alles so plastisch beschrieben«, rief er. »Ihr habt wirklich einen seltsamen Humor.«
Nach einer Stunde war ich wieder allein, denn als ich die Wahrheit über Gugimagon erzählte, langweilte Melifaro sich so sehr, dass er mir leidtat.
Ich führte ihn zum A-Mobil, kehrte in mein Büro zurück, legte die Beine auf den Tisch und merkte, dass mein Leben langsam wieder auf seine alten Bahnen geriet.
Die Tage wehten an mir vorbei wie welkes Laub, und schon waren zwei Wochen vergangen.
»Max, schau doch mal in deiner Residenz vorbei, um meine Anstrengungen zu würdigen«, sagte Techi eines Morgens zu mir. »Und keine Ausflüchte! Geschlafen hast du schließlich schon die ganze Nacht am Schreibtisch!«
»Du weißt wirklich alles über mich«, seufzte ich ergeben.
Ich sprang aus dem Bett, wusch mich rasch, zog mich an und schaffte es sogar, mich zu rasieren. Techi hatte sich in den Kopf gesetzt, mich in die Residenz zu fahren, und natürlich bekam sie ihren Willen.
Ich staunte, denn die ehemalige Bibliothek erschien mir inzwischen ungeheuer lebendig. Meine Freundin hat einfach ein Talent, jedem Raum Atmosphäre zu geben. Sogar Drupi - der große Bobtail, den meine Landsleute mir geschenkt hatten - kam mir in großen Sprüngen entgegen, obwohl ich mich nicht ein einziges Mal um ihn gekümmert hatte.
»Wie konnte ich dich bloß vergessen? Ich schäme mich wirklich dafür«, sagte ich und umarmte das große, glückliche Tier. Dann wandte ich mich an Techi. »Siehst du, was für ein Unmensch ich bin? Warum hat er mich bloß so gern?«
»Weil er noch dumm ist. Er ist ja erst ein Welpe.«
»Ein Welpe?«, fragte ich erstaunt. »Bei der Größe?«
»Die Bobtails aus den Leeren Ländern sind die größten Hunde der Welt. Wusstest du das nicht?«
»Nein«, sagte ich erschrocken und wandte mich an Drupi. »Na, mein Lieber, mit dir streite ich mich besser nicht.«
Als ich den gutmütigen Blick meines Hundes sah, war mir klar, dass ich mich selbst beim besten Willen nicht mit ihm würde streiten können.
»Guten Tag, Sir Max«, sagten die bezaubernden Drillinge wie aus einem Munde.
Meine Frauen hatten sich in den letzten Wochen ungemein verändert. Sie trugen elegante Lochimäntel, kurze Hosen und taillierte Westen und sahen hinreißend aus. Nur ihren erschrockenen Blick hatten sie noch nicht abgelegt.
»Ausgezeichnet!«, rief ich. »Sir Max ist genau die richtige Anrede und klingt viel besser als »Herrscher von Fangachra«. Wenn ihr jetzt noch auf den >Sir< verzichtet, ist die Sache perfekt.«
Ich war etwas verlegen, wusste aber nicht, warum. Techi erkannte das sofort. »Vielleicht sollten wir zu fünft ein wenig spazieren fahren«, schlug sie vor.
»Wie Ihr befehlt, Lady«, sagte ich und verbeugte mich vor ihr. »Ich bin nur ein kleiner Barbarenkönig, der gern über sich entscheiden lässt.«
»Wie du meinst. Also ab ins A-Mobil«, sagte Techi.
Meine übrigen drei Frauen musterten uns in schockiertem Schweigen.
»So muss man mit mir reden«, meinte ich nur, um sie komplett aus der Fassung zu bringen. »Ihr habt Glück, meine Lieben, denn ihr habt einen König geheiratet, der ganz und gar nicht herrisch ist.«
Die drei Schwestern sahen mich weiter schweigend an. Nur eine kicherte kurz, legte aber sofort die Hand vor den Mund.
»Das war Hellwi«, sagte Techi zu mir. »Helach und Kenlech sind ernster.«
»Irgendwer muss ja ernst sein. Wohin sollen wir fahren?«
»Vielleicht mögen die Mädchen sich die Altstadt ansehen?«
Ich ließ die Gesellschaft in mein nagelneues A-Mobil steigen und rollte beschämend langsam am rechten Ufer dahin. Ich fuhr höchstens dreißig Meilen pro Stunde - für ein höheres Tempo waren meine Frauen einfach noch nicht reif.
Techi bewies einmal mehr, welch blendende Pädagogin sie war. Die Mädchen lauschten ihr mit offenem Mund, und ich musste an Juffins Bemerkung denken, wonach Techi sich jedem ihrer Gesprächspartner fast magisch anverwandeln konnte.
»Bist du sehr beschäftigt?«, fragte Melifaro mich per Stummer Rede, als ich gerade mit dem grenzenlosen Stoizismus eines Schulbusfahrers durch die Gegend gondelte.
»Ja, ganz unglaublich«, seufzte ich. »Aber wenn du einen Vorschlag für ein gemeinsames Mittagessen hast ...»
»Du bist ein Hellseher!«, rief er. »Komm doch zu mir. Ich weiß allerdings noch nicht, wohin wir gehen sollen.«
»Vielleicht schauen wir mal wieder bei Mochi vorbei«, schlug ich vor. »Ich war schon ewig nicht mehr bei ihm, und tagsüber ist es dort ziemlich leer.«
»Sollen wir uns also in Juffins Dutzend treffen? Prima Idee. Bis gleich.«
»Das war's. Der Ausflug ist beendet«, erklärte ich meinen Damen. »Techi, lass mein Ohr los - ich bin noch nicht fertig. Wir gehen essen.«
Mochi Fa begrüßte uns mit grimmiger Miene. Er musterte erst meine Begleiterinnen, dann mich mit strengem Blick und knallte uns eine abgegriffene Speisekarte auf den Tisch, in die wir zu fünft sehen mussten.
Kurz darauf erschien Melifaro. Als er die Damen sah, fiel ihm beinahe die Kinnlade herunter. Für solche Momente lohnt es sich zu leben, dachte ich verzückt.
Die nächsten Minuten war Melifaro verdächtig schweigsam. Erst im Laufe des Essens taute er auf und übte sich in höflicher Konversation.
Auch die Drillinge wirkten sehr schüchtern, denn sie aßen zum ersten Mal in aller Öffentlichkeit mit Besteck. Techi betrachtete die drei Mädchen recht zufrieden. Zwar erröteten sie mitunter oder wurden leichenblass, bestanden die Prüfung aber im Großen und Ganzen mit Bravour.
Der Wirt bestritt den Hauptteil des Gesprächs und erzählte uns ausgiebig von den diversen Küchen, die wir bei unserem Besuch zu probieren gewagt hatten.
»Noch nie ist ein Kunde mit so vielen Frauen zu mir gekommen«, sagte Mochi streng, als er mir die Rechnung gab. »Ich gratuliere Ihnen zu diesem Rekord. Kommen Sie doch bald wieder vorbei.«
Er sagte das alles zwar in einem Ton, als sollte ich es nie wieder wagen, bei ihm zu erscheinen, aber auch das machte ihn - den Landsmann meines Chefs - zu einem der besten Wirte von Echo. Wo konnte man für so wenig Geld sonst noch so gut essen?
Melifaro hatte offenbar vergessen, dass er noch zum Dienst musste. Schweigend setzte er sich zu den Drillingen auf den Rücksitz und blickte so verwirrt drein, dass es einen Heidenspaß machte, ihn zu beobachten.
Wir fuhren die drei Schwestern nach Hause und blieben zu dritt im A-Mobil. Als Techi Melifaro ansah, musste sie lachen, und mir blieb nichts anderes übrig, als einzustimmen.
»Was gackert ihr denn so?«, fragte er ernst. »Max, hast du etwas dagegen, wenn ich eine deiner Frauen erobere?«
»Welche denn?«
»Das weiß ich nicht. Gibt es zwischen ihnen überhaupt Unterschiede?«
»Allerdings«, erklärte Techi. »Aber zuerst, mein Lieber, musst du herausfinden, welche dir am besten gefällt.«