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»Das ist ja großartig«, rief ich erfreut. »Ich habe Ihnen ja schon mehrfach gesagt, dass ich nichts von Ihnen erwarte, und bestimmt sehnt sich Ihre Familie schon lange nach Ihnen.«

»Sie haben mich missverstanden, Sir Max«, entgegnete der Kapitän. »Ich hoffe nach wie vor, mich eines Tages bei Ihnen dafür revanchieren zu können, dass Sie mir das Leben gerettet haben. Und ich reise nicht nach Hause - ich fahre zur See.«

»Das ist auch eine gute Idee«, sagte ich. »Wohin denn?«

»Das weiß ich noch nicht. Der Kapitän des Schiffes, auf dem ich angeheuert habe, hat der Besatzung das Ziel der Fahrt noch nicht verraten, aber gesagt, die Reise werde nicht länger als ein Jahr dauern. Und ich bin gekommen, um Ihnen zu sagen, dass Sie in einem Jahr wieder mit mir rechnen können.«

»Ich fürchte, ich habe Sie schon wieder nicht verstanden. Von welchem Kapitän reden Sie? Und wo haben Sie angeheuert? Sie sind doch selber Kapitän und haben ein eigenes Schiff! Alle Mitarbeiter des Kleinen Geheimen Suchtrupps waren im Hafen, um es sich anzusehen. Was ist denn passiert?«

»Mit der Alten Jungfer ist zum Glück alles in Ordnung«, sagte der Mann aus Tascher, doch sein Blick wirkte zerstreut.

»Ohne eine Tasse Kamra getrunken zu haben, können wir uns unmöglich voneinander verabschieden«, meinte ich lächelnd. »Oder möchten Sie etwas Stärkeres?«

»Etwas Stärkeres«, sagte der Kapitän schwermütig.

Ich nickte und meldete mich per Stummer Rede im Fressfass. Das hatte ich sowieso vorgehabt.

»Eines habe ich noch immer nicht verstanden«, sagte ich zu Kapitän Gjata, als der Tisch voller Tabletts stand. »Statt mit Ihrem Schiff loszusegeln, heuern Sie bei einem Kapitän an, der es nicht einmal nötig hat, Ihnen sein Reiseziel mitzuteilen. Ist das ein alter Freund von Ihnen?«

»Nein«, sagte der Mann aus Tascher und sah zur Decke, als stünde dort die Lösung all seiner Probleme. »Bis heute Morgen habe ich nicht einmal von seiner Existenz gewusst.«

»Warum haben Sie es dann getan? Werden Sie wenigstens gut dafür bezahlt?«

»Das weiß ich nicht. Über Geld haben wir noch nicht gesprochen.«

Kapitän Gjata wirkte, als würde er langsam aus einer Trance erwachen.

»Nicht schlecht«, sagte ich und schüttelte erstaunt den Kopf. »Allmählich verstehe ich, welcher böse Wind Sie in Ihr letztes Abenteuer getrieben hat, das so böse für Sie endete. Sagen Sie mir doch, ob Sie immer auf so ungewöhnliche Weise zu Ihren Aufträgen kommen.«

»Ganz und gar nicht. Wahrscheinlich werden Sie es mir nicht glauben, aber ich bin ein sehr vorsichtiger Mensch«, sagte Gjata betrübt. »Ich kann mir vorstellen, dass Sie einen anderen Eindruck von mir haben, doch als ich damals an den betrügerischen Kaufmann geriet, überlegte ich mir seinen Vorschlag einige Tage lang und wollte ihm dann absagen, denn ich dachte, er verberge mir etwas. Genau darum hat er mir ja den furchtbaren Zaubergürtel umgelegt. «

»Ich würde Ihnen gern glauben«, sagte ich lächelnd, »aber Ihr jetziges Abenteuer überschreitet all meine Vorstellungen von menschlichem Leichtsinn, wenn Sie mir diese Bemerkung gestatten. Ich hoffe, Ihr neuer Bekannter hat Ihnen nicht auch einen Gürtel verpasst.«

»Aber nein! Nach den damaligen Ereignissen habe ich mir geschworen, nie mehr Geschenke von Fremden anzunehmen, und auch bei Bekannten bin ich auf der Hut. Inzwischen allerdings begreife ich selbst nicht mehr, was in mich gefahren ist, dort anzuheuern. Wissen Sie, eigentlich habe ich gar keine Arbeit gesucht. Ich verdiene beim Zoll recht gut, denn es gehört zu meinen Pflichten, die Verhafteten in Gefängnisse außerhalb der Stadt zu transportieren. Meine Alte Jungfer ist dafür sehr geeignet, denn sie bietet viel Platz und ist wendig. Ich habe so viele Aufträge, dass ich sogar Helfer einstellen musste, denen ich Verträge bis zum Jahresende gegeben habe. Wenn ich jetzt verschwinde, bringen sie mich sicher vor Gericht. Was habe ich nur getan!«

Kapitän Gjata stürzte seinen Dschubatinischen Säufer in einem Zug herunter und seufzte. Er sah aus wie jemand, der nach einem Alptraum in einem unbekannten Zimmer erwacht ist.

»Offenbar haben Sie sich nicht überlegt, ob Sie sich auf die Fahrt überhaupt einlassen wollen«, sagte ich. »Auch ich habe ja die Neigung, mich kopfüber in Abenteuer zu stürzen, aber ich fürchte, Sie haben mich um Längen geschlagen.«

»Gut, dass ich mich von Ihnen verabschiedet und Ihnen bei dieser Gelegenheit meine neue Reise gebeichtet habe«, sagte der Kapitän nachdenklich, musterte sein leeres Glas und schüttelte den Kopf. »Welcher böse Geist hat mich da bloß geritten? Ich habe diesen Kapitän von einer großen Reise sprechen hören, war sofort kindlich entzückt und habe alles andere vergessen. Jetzt ist mir klar, dass ich notfalls sogar als Leichtmatrose bei ihm angeheuert hätte.«

»Was Sie nicht sagen!«, rief ich erstaunt. »Hat der Mann wirklich so ein Charisma?«

»Ein was?«, fragte der Mann aus Tascher und kniff die Augen zusammen.

»Ach, ich rede mitunter Blödsinn. Ich meine nur, dass von ihm eine Kraft auszugehen scheint, die einen in Bann schlägt.«

»Das stimmt«, sagte Kapitän Gjata und wischte sich den Schweiß vom Gesicht. »Sie glauben gar nicht, wie peinlich es mir plötzlich ist, mich auf diese Reise eingelassen zu haben. Am besten gehe ich nach Hause, schlafe mich aus und warte, bis die Tobindona den Hafen verlassen hat.«

»Die Tobindona'1. Ist das ein Frauenname?«

»Nein - eine exotische Pflanze heißt so.«

»Na schön, zu den Magistern mit dieser Pflanze und dem Schiff. Vielleicht sind Sie einfach an einen Menschen von ungewöhnlicher Überzeugungskraft geraten. Inzwischen haben Sie erkannt, dass Sie sich von ihm haben einwickeln lassen, und weil Sie Ihren Fehler eingesehen haben, wird alles gut. Aber ich muss mich davon überzeugen, dass Sie nicht Opfer eines bösen Geistes geworden sind, denn solche Geister aufzuspüren, ist meine Pflicht. Vielleicht sollte ich mich mit diesem eigenartigen Kapitän bekannt machen. Wann will er auslaufen?«

»Er hat uns befohlen, morgen bei Sonnenuntergang im Hafen zu sein, und ich glaube, eine Stunde später soll es losgehen.«

»Uns? Gibt es noch weitere neue Besatzungsmitglieder? «

»Natürlich. Viele Leute haben ihm zugehört, und alle haben beschlossen, mitzukommen.«

»Alle? Das klingt interessant. Wie haben Sie diesen Mann eigentlich kennen gelernt?«

»Im Hafenviertel gibt es einen kleinen Platz. Dorthin gehen die Seeleute, die anheuern wollen, und die Kapitäne, die Matrosen suchen. Auch alte Seebären, die mit jüngeren Kollegen plaudern möchten, treffen sich dort. Ich ging auf den Platz, um einen weiteren Helfer einzustellen. In letzter Zeit hatte ich viel zu tun und suchte eine erfahrene, vertrauenswürdige Person. Als ich sah, dass sich eine Traube von Matrosen um einen Mann versammelt hatte, wollte ich wissen, worum es da ging. Wie die Sache endete, wissen Sie«, sagte Kapitän Gjata und hob ratlos die Arme.

»Zerbrechen Sie sich darüber nicht weiter den Kopf«, sagte ich lächelnd. »Schlimm wäre es, wenn Sie erst jenseits der Insel Tjuto zur Besinnung gekommen wären. Wie heißt dieser begnadete Redner überhaupt?«

»Wenn ich das wüsste! Aber ich bin nicht einmal auf die Idee gekommen, ihn danach zu fragen.«

Kapitän Gjata staunte nicht mehr über seinen Leichtsinn, sondern zürnte allmählich mit sich.

»Gehen Sie schlafen«, riet ich ihm. »Ende gut, alles gut. Und wissen Sie was? Am besten, Sie setzen morgen keinen Fuß vor die Tür. Vielleicht war das wirklich ein böser Geist, und wenn die Tobindona erst abgesegelt ist, können Sie machen, was Sie wollen. Wohin hat der Kapitän Sie eigentlich bestellt? Der Hafen ist schließlich ziemlich groß.«

»Ans Ende des rechten Hauptanlegers. Dort hat die Tobindona festgemacht.«

»Das finde ich bestimmt. Gute Nacht, Gjata. Und sollten Sie Ihre Pläne ändern, melden Sie sich bitte per Stummer Rede bei mir. Es gibt nichts Schlimmeres, als allein mit bösen Geistern zu ringen - das weiß ich aus Erfahrung.«