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Wieder sauste die Keule des Sprechers hinab. Oblon wich aus, doch nicht schnell genug. Der Schlag streifte ihn. Sengender Schmerz fuhr durch seinen linken Arm. Er trat zurück und strauchelte. Fluchend ging er zu Boden. Doch als Douar sich breitbeinig über ihm aufbaute, versetzte er ihm mit dem Maisstampfer einen Hieb ins Gemächt. Leider hatte er kaum ausholen können, so dass der Schlag mit wenig Wucht traf. Doch er genügte, den Troll vor Schmerz aufheulen zu lassen.

»Wehrt euch, verdammt!«, schrie Oblon verzweifelt. Er konnte nicht fassen, dass sie alle sich lieber den Trollen überließen, statt zu kämpfen.

Mit einem Satz war der Schamane auf den Beinen. Er rannte zurück zu der aufgebrochenen Totenkammer seiner Ahnen. »Komm heraus, Falrach. Die Trolle sind da! Sie werden alle umbringen, auch dich.«

Von innen war nur ein undeutliches Gemurmel zu hören. Der Tonfall ließ allerdings keinen Zweifel daran, dass es Flüche waren. Die langen Beine des Riesen zuckten.

Er hätte ihm nicht zwei Stücke Hattah geben sollen, haderte Oblon mit sich. Er selbst hatte viele Jahre gebraucht, bis er so viel von dem Kakteenfleisch vertrug, ohne tagelang benommen zu sein.

»Oblon!« Der Sprecher kam steifbeinig auf ihn zu. Sein Gesicht war eine Grimasse des Schmerzes. Schweiß perlte von seiner grauen Haut. Einer seiner Ketten war zerrissen, und mit jedem Schritt rieselten kleine, zahnweiße Muscheln zu Boden.

Warum hatte er nie einen Zauber gelernt, der ihm jetzt nutzen konnte? Der Troll würde ihn in Stücke hacken.

Doch plötzlich hielt Douar inne. Endlich hatte er die Beine des Riesen entdeckt! Und Falrach bewegte sich. Sein Allerwertester ruckte nach oben und stieß gegen den Eingang zur Ahnenkammer. Einige Stoffstreifen und Perlenschnüre rissen ab.

Oblon fiel ein Wort der Macht ein, mit dem man Fliegen anlockte. Laut schrie er es dem Troll entgegen, und tatsächlich wich Douar ein wenig zurück. Der Anblick des Riesen hatte ihn erschüttert.

Falrach schob sich aus der Ahnenkammer. Seine Augen hatten blutrote Ränder. Das Gesicht war aschfahl. Er stützte sich auf die Lehmwand und stemmte sich hoch. Sofort knickten ihm die Beine wieder ein. »Wo sind die Trolle?« Die Stimme des Riesen war ein heiseres Krächzen.

Die ersten Trollkrieger sprangen über den nur halb ver schlossenen Durchlass im Dornenwall. Als sie den Riesen entdeckten, endete ihr selbstsicherer Sturmlauf.

»Er wird euch alle töten«, drohte Oblon, während immer mehr Fliegen um ihn herumschwirrten.

Douar hatte sich gefasst. Er deutete mit der Keule auf Falrach. »Dieser Riese ist betrunken und unbewaffnet. Auf ihn, tapfere Grauhäute! Niemand kann uns Trollen widerstehen.« Die übrigen Krieger teilten seinen Kampfgeist nicht. Mit schreckensweiten Augen blickten sie zu dem Riesen auf. Oblon konnte sich gut vorstellen, wie sie sich fühlten. Er kannte den Riesen nun ja schon einige Tage, aber auch er fand ihn immer noch erschreckend groß.

Der Sprecher der Trolle stürmte vor und schlug Falrach mit der Keule aufs Knie. »Seht, er ist kein Kämpfer wie wir!«

Der Riese schwankte. Dann versetzte er Douar einen Tritt, der den Troll durch die Luft wirbeln ließ. Der Sprecher schlug hart gegen die Lehmwand einer Hütte. Benommen rappelte er sich auf. »Packt die beiden! Sie rebellieren gegen die Herrschaft der Trolle.

Ihr wisst, was das bedeutet!«

Oblon fand diese Rede merkwürdig und nicht sonderlich ermunternd. Die Trolle dachten aber offensichtlich anders. Sie duckten sich hinter ihre Schilde und rückten langsam vor. »Helft uns doch!«, rief der Schamane seinen Leuten zu.

»Wer keine Waffe gegen uns erhebt, den verschonen wir!«

Oblon fluchte. Seine Leute hörten auf den Sprecher der Trolle und nicht auf ihn. So ein Pack! Wütend schwang er den Maisstampfer über seinem Kopf und ließ ihn auf den Schild eines Trolls krachen. Die Luft war erfüllt vom Summen Hunderter Fliegen. Der Riese wedelte mit den Armen, um die lästigen Insekten zu verscheuchen.

Der Schamane sprach ein Wort der Macht und legte all seine Wut und seine Enttäuschung in den Zauber. Douar verströmte nun einen Gestank wie eine Jauchegrube an einem heißen Sommertag. Sofort versammelten sich die Flie gen um ihn. Wie dichter Rauch umgaben sie ihn. Der Sprecher schrie. Allerdings nur ein einziges Mal. Oblon lächelte gehässig. Es war kein guter Einfall, seinen Mund zu öffnen, wenn man von so vielen Fliegen umschwirrt wurde.

Unbeirrt vom Schicksal ihres Sprechers rückten die Trolle weiter vor und drängten ihn zurück, bis er dicht neben Falrach mit dem Rücken zu seiner Hütte stand. Der Riese setzte sich mit Fußtritten zur Wehr, gegen die sich die Trolle auch mit ihren großen Schilden nicht schützen konnten.

Sie attackierten ihn auch mit Wurfspeeren, doch er schlug sie einfach aus der Luft, als seien sie von kraftlosen Greisen geschleudert worden. Plötzlich schlug sich Falrach auf die Wange, als wolle er ein Insekt verscheuchen. Ein feiner Blutstropfen rann über seine blasse Haut. Ein vergifteter Blasrohrpfeil musste ihn getroffen haben.

Der Riese ging in die Knie. Mit beiden Händen packte er den nächststehenden Trollkrieger und schleuderte ihn in die Schlachtreihe seiner Gefährten.

Eine Wurfkeule traf Oblon seitlich am Kopf. Benommen torkelt er gegen den knienden Riesen. »Werden die uns fressen?«, fragte Falrach merkwürdig gedehnt, als müsse er jedes Wort mit Gewalt über die Lippen zwingen.

»Dich fressen sie. Für mich werden sie sich etwas Schlimmeres ausdenken.«

Falrach fasste sich mit der Hand an die Stirn. Seine Augenlider flatterten. Sein Gesicht hatte die Farbe von gebranntem Kalk. Oblon kannte die Anzeichen. Jetzt begann er keuchend zu atmen. Das Gift lähmte ihn. Er würde ersticken. Ihm blieb nicht mehr viel Zeit.

Die Trolle wichen zurück. Sie wussten, dass der Kampf entschieden war. Überall hob Jammern und Wehklagen an. Er konnte verstehen, dass sein Volk es nicht wagte, gegen die Grauhäute zu kämpfen. Wer vermochte schon Trolle zu besiegen! Wenn die andere Riesin auch hier gewesen wäre, hätte die Schlacht vielleicht einen anderen Verlauf genommen. Nun aber war alles verloren.

Falrach stieß sich von der Lehmmauer ab und sprang mit ausgebreiteten Armen den Trollen entgegen. Zwei Krieger verschwanden schreiend unter dem massigen Körper des Riesen. Fünf oder sechs andere stürzten beim Versuch, dem Verhängnis auszuweichen. Fairachs Rechte schloss sich um die Kehle eines Trolls. Die Übrigen hieben mit Keulen und Speeren auf den Riesen ein.

Oblon nutzte die Verwirrung unter den Feinden, um selbst einen letzten, verzweifelten Angriff zu unternehmen. Zwei Schritt hinter ihm ruhten die Ahnen vieler Generationen. Sie sollten sehen, wie er als Held die Reise zu ihnen antrat.

Vom Blutrecht

»Ich will mit der Königin sprechen!«, rief der Anführer der Trolle mit einer Stimme, die wie Donner von den Bergen widerhallte. Sie waren vielleicht zehn Schritt vor ihm stehen geblieben.

»Sie hat Fieber. Sie liegt in tiefem Schlaf. Und selbst wenn sie wach wäre, würde sie nicht klar reden können. Ich spreche für sie.«

»Du wirst mir die eine, alles entscheidende Frage nicht beantworten können. Das kann nur sie. Lass mich zu ihr, Elf, oder du stirbst!«

Melvyn lachte auf. Es war ein freudloser Laut, geboren aus Wut und Verzweiflung.

»Du rückst nicht mit Heeresmacht an, um mit ihr zu reden, Troll. Für wie dumm hältst du mich?«

»Da du ein Maurawan zu sein scheinst, für ziemlich dumm. Dumm und gefährlich.« Er winkte seinen Leibwachen. Seine berststeinfarbenen Augen glühten im Morgenlicht wie Katzenaugen, die bei Nacht ein Fackellicht einfingen. »Tötet ihn!«

Die Trolle der Leibwache gehorchten umgehend. Krachend schlugen ihre schweren Schilde gegeneinander, so dass eine Wand aus Holz entstand. Melvyn begriff, dass sie ihn einfach an der Felswand zerquetschen konnten. Statt einen guten Platz zur Verteidigung zu wählen, hatte er sich in eine tödliche Falle manövriert.