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Seht das Zeltlager der Bittsteller vor der Burg. Es wird täglich größer. Und was tut Gilmarak? Er streift durch den Alten Wald, um zu jagen, statt sich um seine Regierungsgeschäfte zu kümmern.«

»Und wie bekommen wir sie in ihre Höhlen zurück?«, insistierte der Herr der Wasser.

»Sie müssen das Herrschen als eine unerträgliche Last empfinden. Lassen wir sie ihren Gesetzeskodex schreiben und das Münzgeld abschaffen. Dann wird der Handel zusammenbrechen. Überall wird es zu begrenzten Aufständen kommen. Und wir werden, während wir offiziell an der Seite unserer Verbündeten stehen, diese Aufstände unterstützen. Wir sollten Waffen an die Kentauren liefern, damit ihnen die Pfeile mit eisernen Spitzen nicht ausgehen. Wir werden Misswirtschaft betreiben.«

Ärgerliches Gemurmel wurde laut. Elija hob erneut die Arme, um es zu ersticken.

»Seht ihr einen anderen Weg? Die Herrschaft der Trolle ist ein unausweichliches Übel auf dem Weg in die Freiheit! Wir allein hätten die Elfen niemals vertrieben. Nun vergällen wir den Trollen den Thron, bis sie freiwillig aufgeben. Wir werden Opfer bringen müssen, gewiss, doch denkt an unser Ziel. Wir haben eine Vision. Ich kann sie deutlich vor mir sehen, die Herrschaft der Kobolde. Ich weiß, was ich ändern will. Ich weiß, wie wir regieren müssen, damit diese Welt gerechter wird! Die Trolle hatten nur eine Vision. Sie wollten Emerelle stürzen. Auf das, was danach folgen sollte, waren sie nicht vorbereitet. Sie haben keinen Plan für die Zeit ihrer Herrschaft vorbereitet. Die Macht ist ihnen als Dreingabe zum Sieg über Emerelle in den Schoß gefallen. Deshalb werden sie sie nicht halten können. Und während wir ihnen ins Angesicht schmeicheln, werden wir hinter ihrem Rücken alles tun, um ihnen die Herrschaft zu erschweren!«

»Und was ist mit den Elfen?«, wollte Anderan wissen. »Wenn die Trolle gehen, dann werden sie nach der Krone Albenmarks greifen.«

»Natürlich werden sie das«, stimmte Elija zu. Auf diesen Einwand hatte er nur gewartet. »Aber sie werden alle zugleich danach greifen, und deshalb werden sie die Krone nicht bekommen. Wir müssen nur dafür sorgen, dass Emerelle tot ist. Sie darf nicht zurückkehren. Sie könnte die Elfen einen. Wenn sie nicht mehr lebt, dann wird auch die Herrschaft der Elfen beendet sein. Wir können ruhigen Gewissens eine Königswahl in Vahan Calyd abhalten. Bringen wir die Trolle so weit, dass sie die Krone nicht mehr haben wollen. Säen wir Zwietracht zwischen den Elfen, und ihr werdet sehen, die Krone Albenmarks wird uns gehören!«

Elija konnte in ihren Gesichtern lesen, dass er sie auf seine Seite gezogen hatte. Selbst der Herr der Wasser schwieg nun endlich. Sein Plan war vollkommen, dachte Elija selbstzufrieden. Sie konnten gar nicht verlieren. Sie waren die Herren von Morgen. Die…

Ein geisterhafter Hundekopf streckte sich aus der gewölbten Decke. Er bewegte den Kopf hin und her, als wolle er Witterung aufnehmen.

Jetzt sahen auch die anderen ihn. Einige sprangen auf. Jene, die nahe der Tür zum Tunnel standen, versuchten zu fliehen. Sie erweckten die Aufmerksamkeit der Bestie.

Sie glitt aus der Decke hinab. Sie war groß wie ein Pferd!

Plötzliche Kälte ließ die stickige Luft knistern. Die Bestie schritt über die marmorne Tischplatte. Sie schnappte nach der Brust des Gesandten aus Manchukett. Ohne Widerstand und ohne Blut zu vergießen, drang die Schnauze ins Herz des Gesandten.

Der Geisterhund zerrte etwas aus der Brust seines Opfers. Etwas klebrig Goldenes, das an hell leuchtenden Honig erinnerte.

Dem Kobold schmolz das Fleisch von den fülligen Wangen. Er stieß einen Schrei aus, der die Gläser klirren ließ. Verzweifelt griff er sich an die Brust. Seine Finger waren nur noch Krallen aus Haut und Knochen. Dann sank er vornüber.

Der Geisterhund schnappte um sich wie ein Hirtenhund, den man in eine Grube voller Ratten stößt. Seine Schnauze fuhr durch Kehle und Kopf eines Kobolds, der erschrocken zurücksprang. Binnen eines Herzschlags alterte er um Jahrzehnte, wenngleich er überlebte. Seine Augen waren zu weißen, blinden Kugeln geworden. Freunde zerrten ihn zurück.

Elija tastete nach dem Dolch an seiner Seite. Mit gezückter Klinge verschwand er unter dem Tisch. Ihm war klar, dass die Tischplatte für einen Geist, der durch Wände ging, kein Hindernis sein konnte. Er hoffte allein darauf, dass der Hund ihn hier nicht sehen würde.

Die Gesandten schrien nach den Wachen.

Stühle purzelten durcheinander. Immer mehr versuchten zum Ausgang zu gelangen.

Elija sah einige stürzen und unter trampelnden Füßen verschwinden. Kälte floss wie ein Strom eisigen Wassers unter den Tisch. Der Hundekopf erschien. Nur zwei Schritt vor ihm. Kalte, blaue Augen fixierten ihn. Elija kroch zurück, bis er gegen eines der Tischbeine stieß. Die Bestie war jetzt unmittelbar vor ihm. Sie bewegte den Kopf, als schnuppere sie. Doch kein Laut war zu hören. Raureif kroch in Elijas Pelz. Er hielt seinen Dolch hoch. Einen rasiermesserscharfen Elfendolch, der jedes Kettenhemd durchdringen konnte! Geschmiedet aus bestem Silberstahl. Eingelegt mit Rubinen. Es war die Waffe eines Fürsten!

Die Bestie kam noch ein wenig näher. Den Dolch beachtete sie gar nicht.

Elija war klar, wie nah er seinem Ende war. Sein Leben lang war er kein Duckmäuser gewesen! Er würde jetzt nicht wie einer sterben. »Verrecke!« Er schnellte vor und stieß dem Geisterhund den Dolch in die Schnauze.

Ohne auf Widerstand zu stoßen, glitt die Waffe bis zu den Rippen. Kälte, die jedes Gefühl auslöschte, durchdrang seinen Arm. Er stürzte vornüber und spürte den Atem der Bestie in seinem Nacken.

»Hierher, Wölkchen!« Anderan war unter den Tisch gekrochen. Er kniete zwischen zwei Stühlen und warf seinen Dolch spielerisch von einer Hand in die andere wie ein Hinterhofmesserstecher.

»Komm, Hundchen. Komm.«

Die Bestie fuhr lautlos herum. Statt auf ihren Angriff zu warten, hechtete Anderan ihr entgegen. Er hielt einen Krummdolch vorgestreckt. Eine lächerlich kleine Waffe im Vergleich zu der riesigen Bestie.

Elija wollte die Gelegenheit nutzen und den Geisterhund von hinten angreifen. Sein rechter Arm gehorchte ihm nicht mehr. Die Hand und der Unterarm waren völlig taub.

Er konnte den Dolch nicht einmal mehr fallen lassen. Dafür tobte in seinem Oberarm sengender Schmerz. Er fühlte sich an, als würde er auf einem eisernen Bratspieß über einem Feuer gedreht.

Elija griff mit der Linken vorsichtig nach der Klinge des Dolches, um die Waffe aus der gefühllosen Hand zu drehen. Als er das Metall berührte, klebte die Haut seiner Finger daran fest. Er zuckte zurück. Die Finger hafteten weiterhin an der Klinge. In Panik zerrte er weiter. Als er sie endlich losgerissen bekam, hafteten blutige Hautstreifen auf dem Dolch.

Der Lutin stöhnte vor Schmerz. Ihm war übel und schwindelig. Er versuchte weiter zurückzukriechen und stieß erneut gegen das Tischbein hinter ihm.

Der Geisterhund wich Anderan aus und schnappte nach ihm. Elija sah, wie die Bestie etwas Goldenes aus dem Arm des Holden zerrte. Der linke Arm des Kobolds verdorrte. Seine linke Gesichtshälfte verlor all ihr Fleisch. Schreiend stieß er mit dem Dolch zu. Die Klinge glitt durch den Körper des Hundes und zog eine Bahn silberner Funken.

Erschrocken fuhr die Bestie zurück. Und dann verschwand sie durch die Tischplatte.

Keinen einzigen Laut hatte sie während des Angriffs von sich gegeben. Es war stil in der großen Gewölbekammer. Aus dem Tunnel hörte man das Lärmen der Flüchtenden.

»Lebst du noch?« Anderan rang hörbar jede Silbe seinem Schmerz ab.

»Ja.« Elija kroch zu dem Holden hinüber. Das Gesicht des Kobolds war grausam verstümmelt. Eine Hälfte war nur noch eine Maske aus Haut und Knochen. Die verdorrten Lippen waren von den Zähnen zurückgezogen, so dass er zu lächeln schien.

»Gut«, stöhnte Anderan. »Sie dürfen dich nicht kriegen. Du bist die Zukunft.«