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Hinter den Bogenschützen der Steppe warteten die in Bronze gewappneten Krieger des Katander von Uttika. Sie waren in Einheiten zu etwa hundert Mann eingeteilt. Ihre Aufgabe sollte es sein, durch die Reihen der Trolle zu brechen, sobald sich die erste Lücke auftat. Hinter ihnen, in einer Bodensenke verborgen, standen die Streitwagen Arkadiens. Lange stählerne Sicheln funkelten an ihren Radnaben. Jeder Wagen wurde von vier Pferden gezogen. Drei Krieger standen Seite an Seite in jedem der zerbrechlichen Gefährte, die wie der Wind über die Hügel der Steppe eilen würden. Ein Wagenlenker, ein Bogenschütze und ein Kämpfer mit einer Schwertlanze, die jeden treffen würde, der dem Wagen zu nahe kam. Bunte Seidenbanner, die an Schmetterlingsflügel erinnerten, wehten von den Wagen. Die Besatzungen in ihren prunkvollen Rüstungen mit federgeschmückten Helmen und kostbaren Umhängen sahen eher aus, als wollten sie zu einem Hofball gehen, dachte Misht. Elfen konnten sich einfach nie auf das Wesentliche beschränken. Aus allem mussten sie einen Maskenball machen!

Hinter den Streitwagen warteten die Lanzenreiter. Steigbügel an Steigbügel waren die Ritter nebeneinander aufgezogen. Fünf Reihen tief standen sie, jede Reihe mehr als dreihundert Reiter breit. Sie würden zuschlagen, wenn die Trolle versuchten, sich neu zu formieren.

Ein wenig vor ihnen waren die berittenen Bogenschützen abgesessen. Sie stellten Feuerkörbe auf, und als Misht dünnen, blaugrauen Rauch aufsteigen sah, hob er die Fahne, die er die ganze Zeit festgehalten hatte. Er schwenkte das Seidentuch über seinem Kopf hin und her. Einen Augenblick lang dachte er bedrückt, dass er es war, der das Inferno entfesselte. Sein Name würde nie in irgendeinem Geschichtsbuch stehen, aber er hatte das Signal gegeben, an diesem Tag mit dem Morden zu beginnen.

Überall entlang der Wagenreihe wurden Zündstöcke angesteckt. Manche Kobolde ließen sie wild über ihren Köpfen wirbeln, damit die Lunten hell aufglommen. Aus Hanf gedreht, waren die Lunten straff um schwer brennbare Eichenstäbe gewickelt. Man hatte die Schnüre in Kalisalpeter und giftigen Bleizucker getaucht, damit sie sehr langsam abbrannten. Ein unangenehmer, durchdringender Geruch ging von den schwelenden Lunten aus.

Misht stieg von der Pritsche herab, warf die Fahne achtlos aus dem Wagen und griff nach dem Zündstock, den sein Kutscher vorbereitet hatte. Dann kniete er neben der ersten Seidenkugel nieder. Schweiß rann ihm von den Schläfen. Jetzt bloß keinen Fehler machen! Die Seide war auf dünne Drahtgeflechte aufgezogen, sodass sie große Kugeln formte, die am unteren Ende in einen Zylinder übergingen. Ein Stück unter dem Zylinder hing eine dünnwandige Flasche aus blauem Talsiner Glas in dem Drahtgeflecht.

Vorsichtig zog Misht den fein geschliffenen Glasverschluss aus der ersten Flasche. Dann schob er den Zündstock ganz langsam durch das weitmaschige Drahtgeflecht und den Flaschenhals, sodass die Lunte ins Innere der Flasche reichte. Mit einem Puff geriet die Oberfläche des Lampenöls in Brand. Es war eine besondere Ölmischung, mit der Ollowain die Flaschen hatte füllen lassen. Leicht entzündlich war sie, und beim Verbrennen entstand ein öliger, schwarzer Rauch.

Vorsichtig zog Misht die Lunte aus der Flasche. Der Rauch stieg in die Seidenkugel und färbte binnen Augenblicken den goldgelben Stoff schwarz. Die Seide knisterte leise, als sie sich erwärmte. Fast einen Schritt betrug der Durchmesser jeder Ballonkugel. Ungeduldig wartete Misht, bis die Glasflasche sanft schaukelnd von dem Seidenballon angehoben wurde. Der Kobold trug Lederhandschuhe, die er sich vom Kutscher geliehen hatte. Vorsichtig griff er nach dem Glas. Selbst durch das Leder hindurch spürte er die Wärme.

Behutsam hob er den Ballon an, damit die zarte Flasche nicht im letzten Augenblick noch gegen eine der niedrigen Holzwände schlug, von denen die Pritsche der Kutsche eingefasst war.

Dann spürte Misht, wie der Sanhalla nach der Seidenkugel griff. Der Südwind hob sie dem Himmel entgegen und ließ sie langsam zu den Reihen der Trolle schweben. Überall entlang der Linie der Kutschen stiegen rußgeschwärzte Seidenkugeln in den Himmel. Der Kobold wusste, dass es mehr als zweihundert waren.

Er blies auf die Lunte und kniete neben dem nächsten Ballon nieder. Sie hatten den Befehl, die Seidenkugeln so schnell wie möglich hintereinander in die Luft zu bringen.

Misht winkte dem Kutscher. »Du hast gesehen, was ich getan habe. Sobald er in der Luft schwebt, hebst du die nächste Kugel aus der Kutsche. Und stoße bloß nirgends mit dem Glas an.«

Wie um seine Worte zu unterstreichen, erklang ein gellender Schrei. Misht blickte über die Pritschenwand und sah, wie etwa hundert Schritt entfernt eine Kutsche in Flammen aufging. Eine Flammengestalt sprang vom Wagen und wand sich schreiend im Gras. Der Wind trug eine Fahne aus dichtem schwarzem Rauch den Hang hinab. Ein Minotaur eilte dem brennenden Kobold zu Hilfe. Er versuchte die Flammen mit einer Decke zu ersticken.

Schaudernd wandte Misht sich ab. »Pass bloß auf, was du tust«, ermahnte er den Kutscher.

Die Hand des Kobolds zitterte, als er die Lunte in die nächste Flasche einführte. Brennender Schweiß rann ihm in die Augen. Er blinzelte. Ganz vorsichtig zog er die Lunte heraus. Auch wenn er die Seide berührte, mochte ein Unglück geschehen. Der Stoff war trocken wie Zunder.

Er überließ es dem Kutscher, den Ballon in den Wind zu heben. Mit flatternden Nerven wandte er sich der nächsten Flasche zu. Weitere Schreie erklangen. Diesmal blickte er nicht mehr auf. Er wollte nicht sehen, was mit den Männern geschah, die unter seinem Kommando standen. Und er wünschte sich, Nossew wäre hier. Er vermisste seinen schweigsamen Gefährten. Ihn hatte immer eine Aura unerschütterlicher Ruhe umgeben. Nossew hätten gewiss nicht die Hände gezittert.

Leise klirrend schlug der Zündstab gegen die Flasche. Misht hielt den Atem an. Das Glas war heil geblieben. Zoll um Zoll zog er die Lunte unter dem Ballon hindurch. Dann lehnte er sich zurück und atmete schwer aus. Das war nichts für ihn! Drei Flaschen noch.

Verfluchte Elfen! Wie konnte man nur auf die Idee kommen, aus den Flakons, in denen reiche Weiber ihre Duftwässerchen verwahrten, und aus schillernder Seide Waffen zu machen? Was für die Schönheit geschaffen war, brachte nun Tod und Zerstörung.

Der Kobold wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn und beugte sich zur nächsten Glasflasche hinab. Wieder begann er zu zittern.

Das Netz aus Rauch

»Was tun die Elfen da, Skanga?« Die Schamanin schnalzte abfällig mit der Zunge. »Elfentricks. Das versuchen sie immer, wenn sie unterlegen sind. Sorgen muss man sich nur machen, wenn sie so etwas nicht tun, denn dann halten sie sich für stark genug, um uns in einer ordentlichen Feldschlacht zu besiegen.«

»Diese Dinger sehen unheimlich aus.«

»Der Himmel ist voller schwarzer Kugeln, die langsam in unsere Richtung schweben«, flüsterte Birga ihr ins Ohr.

Skanga legte dem Welpen ihre Hand auf die Schulter. Gilmarak, der junge König, war noch nicht einmal zehn Jahre alt. Er machte sich gut. Aber seit die Lutin ihr verraten hatten, dass die Elfen einen Überraschungsangriff planten, hatte die Schamanin kein Auge mehr zugetan. Emerelle hatte verloren. Daran konnte es keinen Zweifel geben! Höchstens zwei Jahre noch, dann würde sie vom Thron vertrieben sein. Doch immer wenn die Königin mit dem Rücken zur Wand stand, wurde sie besonders gefährlich. Sie war wie eine verwundete Schneelöwin, die ihre Jungen verteidigte, und man musste auf alles gefasst sein.

Skanga blickte zum Himmel, doch sie konnte die Dinge nicht sehen, die dort auf sie zukamen. Sie hatten keine Aura, und sie waren auch nicht von Magie durchdrungen.

Dafür bemerkte Skanga die Unruhe und die Angst, die sich in die Herzen der Krieger schlich. Sie konnte spüren, wie die Zuversicht ihrer Krieger ins Wanken geriet. Dem Pfeilhagel der Kentauren, die immer wieder anritten, eine Salve feuerten und feige davonstürmten, trotzten ihre Krieger.