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Der Schild behinderte den Hofmeister in seiner Beweglichkeit. Seine Angriffe kamen Alvias ungelenk vor. Vielleicht lag es auch nur daran, dass er sich zwischen den Trollen wie ein Kind fühlte. Er duckte sich weg, suchte nach Lücken in der Verteidigung seiner Angreifer und versuchte, ständig in Bewegung zu bleiben. Es war schwer, an den türgroßen Schilden vorbeizukommen und den Gegnern den Stahl ins Fleisch zu rammen. Für ihre Größe bewegten sich die Trolle recht geschickt. Sie waren gut ausgebildet. Das war kein Heerhaufen von halb verhungerten Ungeheuern wie in den früheren Kriegen. Die Trolle hatten sich verändert.

Alvias bewegte sich wie ein Tänzer zwischen den großen, grauen Leibern. Er war durch die Schlachtlinie gebrochen. Sie waren jetzt überall. Er drehte sich, stach in eine Kniekehle, duckte sich weg. Die Trolle behinderten sich gegenseitig. Um ihre großen Waffen effektiv einzusetzen, brauchten sie Platz. Platz, den sie hier im Gedränge nicht mehr hatten.

Ein leichter Schnitt durchtrennte Fersensehnen und ließ einen weiteren Hünen hilflos stürzen.

Die Trolle stanken nach ranzigem Fett und Schweiß. Manche hatten sich mit dem Blut ihrer Opfer Kreise und Handabdrücke auf den Leib geschmiert. Ohrenbetäubender Lärm drang von der Kampflinie den Hügel hinab. Schlachtrufe, wütende Schreie und das verzweifelte Kreischen von Verwundeten.

Alvias führte einen glatten Stich durch einen Oberschenkel. Einen halben Herzschlag lang betrachtete er verwundert die grau gemusterte Haut seines Opfers. Sie sah aus wie Granit. Erstaunlich, wie sehr die Trolle den Felsen ihrer Heimat glichen.

Eine Finte ließ den verletzten Troll ängstlich zurückspringen. Er stieß mit einem seiner Kameraden zusammen, und beide stürzten zu Boden. Alvias nutzte die Gunst des Augenblicks. Ein Schnitt hinterließ eine feine rote Linie auf der Kehle seines Gegners. Der Troll folgte ihm mit Blicken, wendete den Kopf ein wenig, und die Linie weitete sich zu einem klaffenden Spalt, aus dem das Blut in pulsierenden Stößen hervorquoll.

Aus dem Augenwinkel sah Alvias eine Bewegung und riss in tausendfach geübter Routine seinen Schild hoch, um den Schlag abzufangen. Noch bevor der Schmerz kam, wusste er, dass er einen Fehler gemacht hatte. Das hier war kein Fechtsaal!

Der Hieb des Trolls traf ihn mit der Wucht eines Pferdetritts. Alvias wurde von den Beinen gerissen und ein gutes Stück weit zurückgeschleudert. Er prallte gegen etwas Weiches und glitt zu Boden. Welch ein dummer Tod, dachte er seltsam teilnahmslos. Ein Opfer meiner Fechtsaalübungen ...

Einen Schwerthieb hätte er mit seinem Schild leicht ablenken können. So hatte er es in tausenden Fechtstunden getan. Diese Bewegung war ihm in Fleisch und Blut übergegangen. Routine, die von Muskeln und Sehnen ausgeführt wurde, ohne dass er über die Bewegungen noch nachdachte. Das war gut, solange er einem gleich großen Schwertkämpfer gegenüberstand. Doch den Schlag eines Trollkriegshammers so abzufangen, war einfach nur dumm!

Stämmige graue Beine schritten über Alvias hinweg. Ein Troll hob seinen Kriegshammer an, um ihn dem Hofmeister in den Brustkorb zu rammen.

Dem Elfen standen Tränen in den Augen. Sein Schildarm war vor Schmerz ganz gefühllos geworden. Fast wäre Alvias entkommen. Der Hieb streifte nur seine Schulter. Der Hofmeister schrie auf. Dann kippte der Troll über ihm zur Seite. Eine Gestalt mit blutigen Krallen setzte über den gefällten Hünen hinweg. Melvyn!

Der Elf bewegte sich seltsam geduckt. Seine Angriffe waren schnell, effektiv, gnadenlos. Ihnen fehlte die tänzerische Eleganz des Fechtsaals. Wie ein Raubtier versuchte er die Kehle seines Gegners zu finden.

Vom Schmerz ganz benommen, beobachtete Alvias, wie die Trolle vor Melvyn zurückwichen. Andere Krieger drangen in den weiten Kreis, der sich um den Elfen bildete. Ein nach Branntwein stinkender Minotaur kniete neben Alvias und hob ihn auf die Arme. Noch nie war der Hofmeister jemandem, der so schlecht roch, so dankbar gewesen.

Plötzlich, wie auf ein geheimes Zeichen hin, griffen die Trolle wieder an. Ein Kentaur ging hilflos auskeilend mit gebrochenen Läufen zu Boden. Schreie gellten durch die Mittagshitze. Alvias spritzte Blut ins Gesicht.

Der Minotaur warf ihn grob auf die Pritsche eines Fuhrwerks und wandte sich wieder zu den Angreifern um. Alvias lag zwischen toten Kobolden. Einer von ihnen hielt selbst jetzt noch seine Armbrust umklammert. Eine merkwürdige Waffe, auf die ein hölzerner Kasten aufgesetzt war. Er lag zwischen den Holzverstrebungen der Speerschleuder, die man auf den Wagen montiert hatte. Ein stählerner Bogenarm des Geschützes war aus seiner Verankerung gebrochen. Armlange Geschosse mit vierkantigen Spitzen lagen auf dem Boden verstreut. Auch etliche große graue Steine lagen auf der hölzernen Pritsche. Einige von ihnen waren mit Blut verschmiert. Offenbar hatten sie das Schicksal der Kobolde besiegelt.

Immer lauter tönte das Geschrei der Kämpfer. Der Hofmeister wollte sehen, was um ihn geschah. Er konnte nicht einfach nur da liegen und sich seinem Schicksal ergeben. Vom Schmerz ganz benommen, zog er sich an der Seitenwand des Fuhrwerks hoch. Die Trolle waren bis an die Wagen herangekommen. Der Kampf der Verbündeten war nur noch ein letztes Aufbäumen gegen das Unvermeidliche.

Alvias griff nach einer Armbrust, die zu seinen Füßen lag. Doch vermochte er den linken Arm nicht zu bewegen, und nur mit einer Hand konnte er die Waffe nicht spannen. Entmutigt sah er sich nach seinem Schwert um. Es musste auf dem Schlachtfeld zurückgeblieben sein, dort, wo er niedergeschlagen worden war. Trotzig zog der Elf sein Messer. So würde er wenigstens mit einer Waffe in der Hand sterben.

Am Fuß des Hügels erschollen dutzende Kriegshörner. Es hörte sich an, als gehe eine riesige Reiterschar zum Angriff über. Das Handgemenge hatte so viel Staub aufgewirbelt, dass man nur undeutlich sehen konnte, was dort geschah.

Eine riesige graue Hand legte sich vor Alvias auf die Seitenwand der Pritsche. Ein großer Kopf mit geröteten Augen erschien. Als der Troll das Messer sah, grinste er breit. »Zu klein!«

Alvias wollte dem Mistkerl den Dolch in den Handrücken rammen, doch ein leichter Stoß des Trolls holte ihn von den Beinen. Zwischen den vermeintlichen Toten erhob sich ein Kobold, der den Arm in einer Schlinge trug. Er richtete seine Armbrust auf den Angreifer. Mit scharfem Klacken zog er den Abzug durch. Ein Bolzen traf den Troll dicht über der Nasenwurzel in die Stirn. »Ein zu großes Ziel, um es zu verfehlen.«

Der Kobold ließ die Waffe sinken. Ihm zitterten die Hände.

»Das war mein letzter Bolzen.« Alvias trat an die Seite des Schützen. Es war derselbe, mit dem Melvyn sich vor Beginn der Kämpfe unterhalten hatte.

»Du bist Misht?«

Der Schütze grinste. »Als Hofmeister der Königin hat man wohl ein gutes Namensgedächtnis. Schade, dass die Trolle es gleich durch die Kutsche schmieren werden.«

Der Elf hob trotzig seinen Dolch. »Der erste Schmierfink sollte auf seine Finger Acht geben.«

»Mich musst du nicht mit solchen Sprüchen ermutigen«, murmelte der Kobold. »Worte sind allzu billig.«