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Der Elf beschrieb in allen Einzelheiten die Verteidigungsanlagen von Phylangan und welche Truppen sie besetzt hielten. Als er seinen Vortrag beendete, war es totenstill. Selbst Branbart schien klar zu sein, welch schreckliche Opfer ein Angriff auf den Königsstein verlangen würde.

Mit Schaudern erinnerte Orgrim sich an das Blutbad auf den Mauern von Reilimee. Und nun würden sie ein enges Tal stürmen, das von Dutzenden Elfenkatapulten und einigen hundert Armbrustschützen gesichert wurde. Und sie würden ein Tor einrammen müssen, das darauf ausgelegt war, selbst Trollen zu widerstehen. »Wir brauchen Rammböcke, die von Mammuts geschleppt werden«, sagte Branbart. »Damit werden wir selbst das Tor vom Königsstein öffnen können.«

»Aber die riesigen Baumstämme für solche Rammen könnten wir nur aus den Wäldern der Slanga-Berge holen«, wandte Dumgar ein. »Die Maurawan werden wie wilde Hornissen über uns herfallen.«

»Hast du Angst vor Hornissenstichen?«, fragte Branbart verächtlich. »Vielleicht hat Skanga Recht, und ich sollte es mir noch einmal überlegen, dir deine alten Felsenburgen zurückzugeben.«

»Kannst du die Tore nicht von innen öffnen?« Mandrag wandte sich direkt an den Elfenfürsten. Shahondin ging auf den Ältesten zu und blieb dicht vor dem Greis stehen. Plötzlich schnellte sein Kopf vor, und er drang in den Leib Mandrags. Fast augenblicklich zog er sich zurück. Der Alte ächzte und griff nach seinem Herzen. Seine Lippen hatten sich blaugrau verfärbt, und seine Beine zitterten.

»Ich kann nach nichts greifen, was von fester Form ist«, erklang die unheimliche Stimme des Elfenfürsten in Orgrims Kopf. »Solange ich in dieser Gestalt gefangen bin, werde ich keine Hilfe dabei sein, die Tore zu öffnen. Ich gleite durch die Zugketten und Hebel hindurch. Wenn ich meinen Leib zurückbekäme, wäre das freilich etwas anderes. «

»Ich lasse nicht mit mir feilschen«, entgegnete Skanga scharf.

»Du weißt, was du mir schuldest. Es gibt keinen anderen Weg für dich!«

»Gib mir fünfhundert Krieger, und ich werde dir die Tore des Königssteins von innen öffnen, Branbart«, forderte Orgrim. Er hatte die Schilderungen des Elfen aufmerksam verfolgt und war überrascht, welche Schwächen die Festung aufwies.

»Du willst durch den Albenstern gehen?«, fragte Shahondin.

»Er liegt auf einer Brücke, die über einem Abgrund endet. Am anderen Ende steht ein Festungsturm. Dort gibt es kein Durchkommen.«

»Fünfhundert Krieger, mein König«, forderte Orgrim. »Wenn du Glück hast, dann wirst du mich für immer los. Und wenn ich dir die Tore öffne, dann machst du mich zum Herzog.«

Branbart knetete nachdenklich sein Kinn. Plötzlich erhellte ein Lächeln seine Züge.

»Gut, ich nehme dein Angebot an! Öffne mir die Tore des Königssteins, und du wirst bekommen, was du dir so sehr wünschst.«

»Du schickst deine Männer in den sicheren Tod.« Der Elfenfürst trat dicht an Orgrim heran. Ein eisiger Hauch streifte den Troll. »Der Geruch des Todes haftet dir jetzt schon an.«

»Das ist der Geruch der Feinde, die ich erschlagen habe.« Orgrim wandte sich an Skanga. »Du musst mich und meine Männer sicher über die Albenpfade führen. Und du, Elf, wirst mir alle Fragen beantworten. Ich muss genau wissen, wie es in der Festung aussieht. Heute Nacht noch werde ich meine Männer aussuchen.« Er blickte zum Himmel. Die Dämmerung tauchte den Horizont in blutiges Rot. Hoch über ihren Köpfen zog ein einsamer Schneefalke seine Kreise.

Kalter Atem

Asla stand in der Tür des Langhauses und stemmte die Hände in die Hüften. Wenn Ulric zurück war, würde er eine Tracht Prügel bekommen, die er bis ans Ende seiner Tage nicht vergessen würde! Und Kalf brauchte sich hier in nächster Zeit auch nicht blicken zu lassen!

»Sei gnädig zu ihnen, Firn«, flüsterte sie. Mit der Dämmerung hatte erneut Schneefall eingesetzt. Ulric und Gundar waren seit drei Tagen überfällig. Kalf war sich sicher, dass sie im Wehrberghof Zuflucht vor dem Unwetter gesucht hatten. Zwei Tage lang hatte es ohne Unterbrechung gestürmt. Wer von diesem Unwetter ohne ausreichenden Schutz in den Bergen überrascht worden war, der hätte jämmerlich erfrieren müssen. Aslas Finger krallten sich in den Stoff ihres Kleides. Alfadas würde auch eine Abreibung bekommen, sobald er zurück war. Er hatte dem Jungen diese Flausen in den Kopf gesetzt!

Asla hatte vor fünf Tagen Kalf darum gebeten, ihren Jungen zu suchen. Der Fischer war Ulrics Fährte zum Pass in die Berge hinauf gefolgt. Er hatte beobachtet, wie Ulric im Wehrberghof Zuflucht fand. Dorthin führten auch die Spuren Gundars. Doch statt Ulric zu holen, war Kalf allein zurückgekehrt und hatte erzählt, es sei wichtig für den Jungen, dieses Abenteuer zu bestehen.

Asla atmete tief aus. Sie waren alle verrückt, die Männer! Ulric war sieben! Er hatte sich nicht allein in den Bergen herumzutreiben, und das wusste er auch genau.

Yilvina trat an ihre Seite und spähte in die Dämmerung.

»Siehst du ihn?«, fragte Asla.

»Nein. Aber der Priester wird schon auf deinen Sohn aufpassen. Er ist ein vernünftiger Mann.« Es gibt keine vernünftigen Männer, dachte Asla wütend und kehrte ins Langhaus zurück. Nach dem Ausflug an die frische Luft empfand sie die stickige Wärme des Langhauses als bedrückend. Ihre Augen tränten vom Rauch des Feuers. Sie zog den Vorhang zur Stiefelkammer hinter der Tür zu.

Ole stank fürchterlich. Selbst der Rauch vermochte den Verwesungsgeruch nicht mehr zu vertreiben. Ihr Onkel hatte hohes Fieber. Er erwachte nur noch selten. Nichts würde ihn mehr retten. In den kurzen Augenblicken, in denen er zur Besinnung kam, wimmerte er vor Schmerzen. Und er verfluchte einen Elch, der ihn betrogen hatte. Asla sah kurz nach Kadlin. Die Kleine lag in ihrer Schlafnische und hielt die Strohpuppe an ihre Brust gedrückt, die Yilvina für sie gemacht hatte. Asla beobachtete die Elfe aus den Augenwinkeln. Yilvina verharrte völlig bewegungslos, so als sei sie aus Holz geschnitzt und nicht aus Fleisch und Blut. Sie hatte etwas Unheimliches an sich. In ihrer Gegenwart fühlte sich Asla plump und unbeholfen. Und hässlich ... Wenn nur Emerelle endlich erwachen würde! Die Königin würde gewiss darauf bestehen, so schnell wie möglich nach Albenmark zurückzukehren.

Blut hob seinen schweren Kopf und schnaubte leise. Sie hatte den Hund wieder ins Haus geholt, als vor drei Tagen der Sturm aufgezogen war. Mit einer starken Leine war er an einen der Stützbalken nahe am Eingang angebunden. Der Hund hatte nicht versucht, das dicke Hanfseil zu zerkauen. Er war ihr dankbar dafür, wieder in der warmen Stube zu sein, glaubte Asla. Hier konnte auch Kadlin mit ihm spielen. Dennoch blickte er ständig zu der Butze hinüber, in der Ole lag.

Der Hund schien auf den Tod seines Peinigers zu warten.

Plötzlich richtete Blut die Ohren auf. Er sprang auf und blickte zu dem schweren Vorhang, hinter dem die Stiefelkammer lag.

Quietschend schwang die Haustür auf. Sofort war auch Asla auf den Beinen. »Ulric?« Ein stoppelbärtiges Gesicht schob sich durch den Vorhang. Erek, ihr Vater.

»Ich war es Leid, zu Hause die Decke anzustarren, Mädchen.« Er rieb sich die rot gefrorenen Hände, trat in die Stube und hängte seinen abgewetzten Pelzmantel an einen Haken nahe der Feuerstelle. »Hast du eine Schale Suppe, Mädel?« Er ließ sich mit einem Seufzer am Tisch nieder und starrte dann ungerührt in Yilvinas Richtung. »Nichts wärmt die alten Knochen so gut wie der Anblick einer holden Maid. Du hast mir noch immer nicht erzählt, ob zu Hause ein Liebster auf dich wartet. Ich bin zwar nicht mehr der hübscheste Mann im Dorf, aber dafür bin ich sehr erfahren.« Er grinste frech. »Glaub mir, das gleicht einiges aus.«

»Vater!« Asla stellte eine Schüssel mit Hirsebrei vor ihm auf den Tisch. Im Grunde mochte sie es, wenn er seine schamlosen Spaße mit der unnahbaren Elfe trieb. Aber unter ihrem Dach konnte sie das nicht dulden. »Was würde Mutter sagen, wenn sie dich jetzt hören könnte.«

Erek legte seine roten Hände um die Suppenschüssel. »Deine Mutter mochte es ganz gern, wenn ich schlüpfrige Spaße machte.« Er nickte in Yilvinas Richtung. »Und ich glaube, meine hübsche Freundin dort drüben mag es auch. Jedenfalls hat sie noch nie protestiert.«