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Dicht über dem Boden zerfloss die Luft zu glasigen Schlieren, die in der Hitze tanzten. Zwischen den Elfen eilten Kobolde hin und her. Sie tupften den Knienden mit feuchten Schwämmen über die Gesichter. In die Höhlenwand waren breite Bänke eingelassen. Dort saßen vereinzelt Elfen, die sich bereithielten, um erschöpfte Zauberer abzulösen. Sie erfrischten sich mit Obst und Getränken, die in eisgekühlten Karaffen herbeigetragen wurden.

Ollowains Mund war staubtrocken. Warum hatten die Normirga eine Höhle angelegt, in der eine so unnatürliche Hitze herrschte? Und was ging dort unten vor sich?

Unvermittelt riss einer der Elfen seinen Kopf in den Nacken. Sein Mund war weit geöffnet wie zu einem Schrei, doch kein Laut kam über seine Lippen. Eine helle Flamme schlug aus seinem Rachen. Er schien von innen heraus zu leuchten wie eine rote Laterne. Immer greller wurde der Feuerschein. Jetzt brachen auch Flammen aus den Augen. Der Elf sackte in sich zusammen. Sein weißes Gewand fing Feuer. Feine Ascheflocken stiegen mit der heißen Luft zur Höhlendecke empor. Dann war das grausige Schauspiel vorbei. Von dem Elfen war nichts geblieben als die Asche, die in der Luft wirbelte.

Niemand in der Höhle schien besondere Notiz von dem Vorfall zu nehmen. Die in sich versunkenen Elfen hatten den Sterbenden nicht einmal eines Blickes gewürdigt.

Eine junge Magierin mit langem blondem Haar erhob sich unter den Wartenden auf den Steinbänken und nahm den Platz des Toten ein. Sie kniete nieder und senkte schicksalsergeben den Kopf.

»Wie ich sehe, hast du also den Weg zur Halle des Feuers gefunden«, erklang eine wohl vertraute Stimme hinter Ollowain. Der Schwertmeister musste sich nicht umdrehen, um zu wissen, wer dort stand. Landoran trat nun neben ihn und blickte hinab zur Versammlung der Todgeweihten.

»Was geht dort unten vor sich?«, fragte Ollowain aufgewühlt.

»Sie kämpfen um Phylangan, so wie deine Truppen bald oben auf den Wehrgängen kämpfen werden.«

Der Schwertmeister kniff die Augen zusammen und schüttelte den Kopf. Das Bild des brennenden Elfen suchte ihn heim. Er hatte schon Männer brennen sehen. Die Schreckensbilder aus Vahan Calyd überfielen ihn. Der Sog des Feuers ... Was geschah hier? Wieder war da das Feuer!

»Du musst von hier fort, Junge.«

Zum ersten Mal klang die Anrede aus Landorans Mund väterlich und nicht abschätzig. Junge! »Komm!« Der Fürst der Normirga griff ihn sanft bei den Schultern. »Komm, ich werde dir alles erklären, aber du musst fort von hier. An diesem Ort kannst du nicht siegen, Schwertmeister.« Lyndwyn! Sie hielt den Kopf gesenkt. Wenn sie doch nur zu ihm aufsehen würde. Niemand in der Höhle blickte nach oben. Die Aufmerksamkeit aller galt allein dem Boden unter ihren Füßen.

»Wir werden reden, mein Sohn.«

»Aber Lyndwyn ... Sie darf nicht...« Wieder war da das Bild des brennenden Elfen.

»Sie kann nicht fort. Wenn sie geht, dann ist es so, als würdest du den Schlussstein aus einem Torbogen herausreißen. Alles wird zusammenbrechen. Lyndwyn und der Albenstein können nicht von hier fort!«

Vahelmin ist dein Name!

Gundars Atem ging pfeifend. Sein Herz schien ihm aus der Brust springen zu wollen. Er war ein alter Mann! Er konnte das nicht! Zwei Tage lang hatte sie dieser verdammte Sturm auf dem Wehrberghof festgehalten. Zwei Tage neben den Leichen! Und zwei Tage, in denen ihn dieser Traum heimgesucht hatte, sobald er nur die Augen schloss ... Dann sah er Firnstayn, so als fliege er wie ein Vogel darüber hinweg. Und er landete auf dem Giebel des Langhauses. Das Haus des Jarls! Hinter den Bergen war gerade erst die Sonne versunken. Zwischen den Holzschindeln des Daches kroch eine Spinne hervor. Sie wuchs und wuchs ... Und sie sprach zu ihm: »Vahelmin ist dein Name! Das musst du ihm sagen. Und dass er dein Licht rauben muss, wenn er wieder sein will, was er einst war. Vahelmin ist dein Name! Vergiss das nicht. Und komm nicht zu spät!« Gundar blinzelte sich den Schnee aus den Augen. Er lief an seiner Hütte vorbei. Was hatte Luth ihm nur für eine Last aufgebürdet! Er war ein alter Mann und kein Krieger!

Und dann war da noch der zweite Traum. Er hatte Ulric im Schnee zurückgelassen. Du musst es tun, hatte eine Stimme in seinem Kopf geflüstert. Das Leben des Jungen ist verwirkt. Du musst es tun!

Dieser Albtraum war nun Wirklichkeit geworden. Ulric war gestolpert. Es war auf dem letzten Stück des Passweges geschehen. Der Junge hatte sich den Fuß verstaucht. Er hatte nicht weitergehen können. Gundar hatte gebettelt und gefleht, und Ulric hatte es tapfer versucht, aber er hatte nicht mehr laufen können. Zum ersten Mal in seinem Leben hatte der alte Priester ein Kind angeschrien. Er hätte Ulric doch nicht zurücklassen können! Dunkle Wolken waren über den Bergen im Norden gestanden. Der nächste Sturm war heraufgezogen. Zwei Stunden waren es noch bis Firnstayn gewesen. Und zwei weitere Stunden zurück, wenn er sofort Hilfe geschickt hätte. Zu lange, um ein Kind mitten auf einem verschneiten Hang zurückzulassen. Schon vor Sonnenaufgang hatten sie den Wehrberghof verlassen. Und sie waren so schnell gegangen, wie sie nur konnten. Ulric war unter seinem Mantel genauso verschwitzt gewesen wie Gundar. Den Jungen mitten im Schneefeld im Stich zu lassen, wo er vier Stunden still sitzen würde ... Das hätte geheißen, ihn dem sicheren Frosttod auszuliefern.

Nun presste Gundar Ulric dicht an sich. Der alte Priester taumelte. Nur die Wut, dieses Schicksal nicht anzunehmen, trieb ihn noch vorwärts. Er schloss die Augen und stapfte einfach nur weiter. Jetzt musste er nur noch den Hügel hinauf. Fünfzig Schritt. Der Junge war leicht. Viel leichter als das Geschenk Luths, das sie aus der Felsspalte gezogen hatten. Diese Gabe schnürte ihm die Luft ab. Alles tat ihm weh. Sein Atem war nur noch ein verzweifeltes Japsen wie bei einem Jagdhund, der seine Beute bis ans Ende seiner Kräfte verfolgt hatte. Gundar musste lächeln. Es gefiel ihm, sich vorzustellen, der Jagdhund Luths zu sein. Aber ein Jagdhund am Ende seiner Kräfte ... Was hatte die Stimme im Traum gesagt?

»Vahelmin ist dein Name.«

»Was ist?«, fragte Ulric. »Von wem redest du?«

Gundar lehnte mit dem Kopf an der Tür zum Langhaus. Er war den Hügel hinauf! Er konnte sich nicht erinnern, wie er den Weg hinaufgekommen war. Keuchend setzte er den Jungen ab.

»Von wem redest du?« Ulric stützte sich an der Wand ab. Schnee klebte in großen, weißen Pocken auf dem Holz.

Gundar wollte erleichtert aufatmen, doch eine eiserne Klammer umschloss sein Herz. Das Göttergeschenk erdrückte ihn! Er durfte nicht aufgeben.

»Bitte, Luth!«, stieß er hervor. »Bitte, gib mir Kraft!« Gundar drückte die Tür auf. Stickige Wärme und der Geruch eines Feuers aus Buchenholz schlugen ihm entgegen. Er schob den schweren Vorhang der Stiefelkammer zur Seite und strauchelte fast. Seine Finger krallten sich in den groben Stoff Da war es! Das Untier! Es stand dicht vor Asla. Die Hausherrin hatte eine Holzkelle erhoben und wollte auf die Geistgestalt einschlagen.

»Vahelmin ist dein Name!«, krächzte Gundar.

Die Schreckenskreatur drehte sich um. Ihr Kopf sah wirklich ein wenig wie ein Wolfskopf aus. Einen Lidschlag lang sah ihn das Ungeheuer an, und Gundar erschauderte unter dem Blick bis ins Mark. Dies war die Gestalt gewordene Finsternis. Das Böse!