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»Gebt unseren Jungs auf dem Eis Deckung. Und zeigt mir, dass ihr schneller nachladen könnt als ein paar gichtkranke Großmütter!«, feuerte er die Armbrustschützen an.

Alfadas’ Gedanken überschlugen sich. Die Gestrandeten zu retten, war ein selbstmörderisches Unternehmen. Aber er konnte sie doch nicht einfach diesen Menschenfressern überlassen!

»Legt die Sicheln an den Rumpf! Macht Seile klar, um unsere Kameraden an Bord zu nehmen!«

Sofort bemannten einige Krieger das große Spill am Bug. Über Seilwinden wurden die tödlichen Sicheln gespannt. Langsam bewegten sich die Sichelblätter der Bordwand entgegen. Sie waren mit Spannwinden verbunden. Binnen eines Herzschlags konnte man sie wieder vorschnellen lassen, doch sie zu spannen, erforderte große Kraft. Unter den Trollen erhob sich Jubelgeschrei. In hellen Scharen stürmten sie den Männern auf dem Eis entgegen, während Ragni die Schwertwal in Richtung der Klippen steuerte. Sein Schiff hatte wieder an Fahrt aufgenommen. Die Trolle, denen er entgegenhielt, warfen sich zu Boden, um den tödlichen Sichelklingen zu entkommen.

Die Lage der Männer auf dem Eis hingegen wurde immer verzweifelter. Sie waren von Trollen umringt und setzten sich verbissen zur Wehr.

»Nimm Fahrt weg!«, rief Alfadas Fenryl zu.

Der Elf sah ihn zweifelnd an, gehorchte aber dem Befehl. Wenn sie zu schnell waren, würde kaum einer es schaffen, nach den Rettungsseilen zu greifen. Waren sie aber zu langsam, dann würden die Trolle in Scharen versuchen, die Rosenzorn zu entern.

Alfadas griff nach einem der Rettungsseile. Er band es sich um die Hüften und vergewisserte sich, dass ein Ende sicher an der Reling vertäut war. Wenn er auf dem geschwungenen Stützbalken der Kufen balancierte, war er wenigstens nicht dazu verdammt, dem Massaker an seinen Männern einfach nur zuzusehen. Es war leichter, nach einer ausgestreckten Hand zu greifen als nach einem Seil, das auf dem Eis hin und her schlingerte.

Plötzlich war Lambi an seiner Seite. »Das machst du nicht allein!« Auch er schlang sich ein Seil um die Hüften. »Lieber geh ich mit dir zusammen drauf, als deiner Frau erzählen zu müssen, dass du verreckt bist, weil du mitten in einer Schlacht ein Tänzchen auf den Kufen eines fahrenden Eisseglers aufgeführt hast. Ich wünschte, ich wäre dir nie begegnet, du Irrer!« Ein Lächeln nahm Lambis Worten die Schärfe. Dann schwang er sich als Erster über das Schanzkleid. Alfadas folgte ihm.

Die Sichelklingen der Rosenzorn lagen nun wieder eng an die Bordwand geschmiegt. Alfadas blickte auf die stählerne Kufe hinab, die mit drohendem Sirren über das Eis schrammte. Sie war nicht breiter als die Schneide eines Schwertes. Handbreite Holzbögen verbanden die Kufen mit dem Schiffsleib. Der Herzog hangelte sich ein Stück an der Reling entlang und ließ sich dann auf einem der Bögen nieder. Er umklammerte das Holz mit den Beinen und verhakte seine Füße ineinander, um einen besseren Halt zu haben. Hoffentlich würde Asla nie davon erfahren, dachte er. Noch einmal prüfte er den Sitz des Sicherungsseils um seine Hüften.

Die Rosenzorn hatte stark an Fahrt verloren. Sie bewegte sich nicht mehr schneller als ein laufender Mann und hielt geradewegs auf ein dichtes Knäuel von Trollen zu.

»Heho, ihr riesigen Dreckfresser«, schrie der Jarl. »Hier kommt Lambi, um euch die Ärsche zu streicheln.« Wie Alfadas saß er rittlings auf einem der Stützbögen. Er streckte sich weit vor und winkte den Trollen mit der Linken.

Ein nackter Trollkrieger mit einem Streithammer kam seitlich auf den Eissegler zugelaufen. Er hatte den Blick fest auf Alfadas gerichtet. Mit Leichtigkeit hielt der Troll mit dem Segler mit und schloss sogar immer dichter auf. Dabei ließ er den Kriegshammer über seinem Kopf kreisen.

Alfadas wurde sich bewusst, wie wenig Spielraum er hatte, einem Schlag auszuweichen, wenn er sich nicht von seinem Sitzplatz fallen lassen wollte. Er blickte zu den Stahlkufen hinab, die zischend über das Eis glitten. Sie waren rot von gefrorenem Blut. Sich fallen zu lassen, wäre keine gute Idee!

Plötzlich wurde der Troll in vollem Lauf nach hinten gerissen. Ein dunkler Armbrustbolzen ragte ihm dicht über der Nase aus der Stirn.

Veleif beugte sich über die Bordwand. »Ich habe allen Armbrustschützen befohlen, auf dich und Lambi aufzupassen. Wir werden ...« Die Worte des Skalden gingen in wildem Geschrei unter. Die Rosenzorn stieß in den Pulk der Trolle hinein. Auch wenn die Sichelblätter eingezogen waren, riss der Rumpf des Seglers etliche Feinde zu Boden. Alfadas sah, wie die messerscharfen Kufen einem Krieger beide Beine abtrennten.

Der Herzog duckte sich unter einem Axthieb. Dem Angreifer wurde die Waffe aus der Hand gerissen, als sich deren Schneide in das Holz der Bordwand fraß. Warmes Blut spritzte Alfadas von den Kufen ins Gesicht. Blinzelnd versuchte er zu erkennen, was vor dem Rumpf vor sich ging. Ein letztes Häuflein Überlebender stand Rücken an Rücken beisammen. Die Trolle hatten sich ein wenig zurückgezogen, um sich vor den Kufen der Eissegler in Sicherheit zu bringen.

Ein Schatten zog an der Rosenzorn vorbei. Die Weidenwind war ebenfalls zur Rettung der Überlebenden eingetroffen. Sie machte jedoch noch wesentlich mehr Fahrt. Lysilla und zwei andere Elfen, die Alfadas nicht kannte, hatten sich Seile umgebunden und stützten sich mit beiden Beinen schräg gegen die Bordwand. Lysilla deckte ihre Gefährten mit zwei wirbelnden Schwertklingen. Mit einem lässigen Hieb prellte sie einen Wurfspeer aus seiner Flugbahn und versetzte einem Troll, der seine Hände nach ihr ausstreckte, einen zielsicheren Stich ins Auge. Dann waren sie bei den Überlebenden.

Kräftige Hände umklammerten einander. Lysilla ließ ihre Waffen fallen und zog einen verwundeten Elfen an Bord.

Alfadas wandte seinen Blick ab, um den Moment, in dem er zupacken musste, nicht zu verpassen. Über ihm war das scharfe Klacken der Armbrüste zu hören, mit denen seine Besatzung die Trolle auf Abstand hielt.

Unter den Überlebenden, die ihnen jetzt mit verzweifelt ausgestreckten Händen entgegenliefen, erkannte der Herzog Egil Horsason, den Sohn des Königs. Der junge Mann stützte zwei Verwundete.

Die ersten Krieger erreichten Alfadas. Er griff nach ausgestreckten Händen, er zog die Fliehenden zu sich heran und half ihnen, nach den Tauen zu greifen, die von der Bordwand hingen. Wer ein Tau zu packen bekam, war binnen Augenblicken an Bord gezogen. Wie Ertrinkende klammerten sich die Männer an Alfadas. Einige wurden vom Eissegler mitgeschleift.

Obwohl das Schiff so langsam fuhr, war es immer noch zu schnell für die Verwundeten. Der Herzog sah Männer, die hilflos schreiend ihre Hände emporreckten. Humpelnd oder gar kriechend strebten sie der Rosenzorn entgegen.

Egil half seinen beiden Kameraden, Seile zu ergreifen. Dann ließ er sich zurückfallen und eilte noch einmal hinaus auf das Eis. Er war unverletzt. Der Königssohn packte einen der Verwundeten. Mit einem Ruck wuchtete er ihn sich auf die Schultern und begann zu laufen.

Lambi winkte ihm zu. »Lass ihn liegen, du Trottel! Du schaffst es nicht.« Die Trolle bewarfen die beiden Schiffe nun mit Eisbrocken. Ein dunkelhaariger Elf wurde in den Rücken getroffen. Der Schlag ließ ihn Alfadas in die Arme taumeln. Das Albenkind hustete ihm warmes Blut ins Gesicht. Alfadas stemmte ihn hoch. Hände griffen über die Reling und zerrten ihn hinauf.

Egil rannte indessen, so schnell ihn seine Beine trugen, und Norgrimm selbst schien seine schützende Hand über den Königssohn zu halten. Kein Geschoss traf ihn. Langsam holte er auf.

Alfadas reckte sich so weit zurück wie nur irgend möglich. Ein paar Zoll trennten sie noch. Egil streckte seine Rechte vor. Ihre Fingerspitzen berührten sich. Er griff um Alfadas‘ Handgelenk. Sein Gesicht war verzerrt vor Anstrengung. »Nimm ihn!«, keuchte er und schob die Hand des Herzogs hoch, sodass er den Gürtel des Verwundeten zu packen bekam. »Ich schaff es schon!«