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Der Menschensohn nickte.

Ollowain zog sein Schwert. In zahlreichen Schlachten hatte ihm die Waffe treu gedient. Noch nie war ein Kampf so verzweifelt gewesen.

Die weißhaarige Elfe trat an seine Seite. Ihre blutroten Augen funkelten spöttisch. »Wäre es sehr unverfroren, dich für heute Abend auf einen guten Apfelwein einzuladen?«

Ollowain lächelte. »Nur wenn du darauf spekulierst, dass ich nicht komme und du den Wein im Gedenken an mich allein trinken kannst.« Leichten Schrittes eilte der Schwertmeister die Treppe hinab. Der erste Troll, dem sie begegneten, war völlig überrascht, sie zu sehen. Ollowain sprang ihn mit den Füßen voran an. Seine Klinge schnellte vor und durchtrennte dem Krieger die Kehle. Er schlug einen Salto über den stürzenden Troll hinweg und landete ein wenig unsicher auf der Treppe.

»Der Nächste gehört mir!«, sagte Lysilla kalt lächelnd und überholte ihn.

Der Schwertmeister ließ sie gewähren. Er sammelte sich, atmete tief und regelmäßig. Diesmal war er vorbereitet auf den Kampf. Nicht so wie damals in Vahan Calyd, als er im Park bei den Springbrunnen gefochten hatte.

Sie fanden beide Kasematten von Trollen verlassen. Tiefer im Berg hörten sie Schreie und Kampflärm. Ollowain führte sie durch einen kurzen Gang, der nach Norden abbog. Und dann standen sie unvermittelt im Durchgang zur Torwindenkammer.

Die Bezeichnung Kammer war allenfalls angemessen, wenn man an die Weite der Himmelshalle dachte. Die Torwindenkammer war eine große Halle mit gewölbter Decke. Die ihnen gegenüberliegende Wand wurde ganz von schweren goldenen Kettenzügen mit armdicken Gliedern eingenommen. Eine Reihe großer Bannsteine an der Decke tauchte die Halle in fahles blaues Licht. Auch hier hingen in weiten Bögen goldene Ketten.

Überall lagen Tote auf dem Boden. Offenbar waren die Verteidiger völlig überrascht worden. Kein einziger Troll fand sich zwischen den Leichen.

Etliche der grauhäutigen Hünen standen im Halbkreis vor einem Portal am östlichen Ende der Halle. Grölend und scherzend trieben sie ein tödliches Spiel mit den Kämpfern, die verzweifelt versuchten auszubrechen.

Ollowain nahm alles mit einem einzigen Blick in sich auf. Er konnte sein Glück kaum fassen. Der Platz war wie geschaffen, um auf seine Weise zu kämpfen. Allerdings gab es noch zwei weitere Tore. Eines, hinter dem ein Weg hinab zum Schneehafen führte, und ein zweites, von dem sich ein Tunnel tief ins Herz des Berges erstreckte. Wenn die Trolle von dort noch weitere Verstärkungen erhielten, dann würde ihr Kampf gegen die Hünen vollends hoffnungslos.

Lysilla hatte Ollowain am Eingang zur Torwindenkammer erwartet.

»Bestehst du noch immer darauf, den nächsten Angriff zu führen?«, fragte er sie. Vor dem Portal zu den äußeren Verteidigungswerken standen mehr als zwanzig Trolle.

»Ich habe nur darauf gewartet, dass du mich einholst, um mir zuzusehen, alter Mann.« Mit katzenhafter Anmut eilte sie durch die Halle. Ollowain glaubte schon, sie wolle den ersten Gegner ohne Warnung einfach niederstechen, als sie eine überraschend vulgäre Beleidigung rief, und das in der Sprache der Trolle.

Der Schwertmeister beeilte sich, an ihre Seite zu gelangen. Nach ihren leichten Siegen schätzten die Trolle zwei Elfen offensichtlich nicht als ernst zu nehmende Bedrohung ein. Nur drei Krieger lösten sich aus der Gruppe am Tor.

Der Erste starb mit durchschnittener Kehle, noch bevor er seinen Kriegshammer heben konnte. Dem Zweiten wollte Lysilla das Knie zerschmettern, doch ihr Hieb verfehlte sein Ziel und hinterließ nur eine blutige Furche auf dem Schienbein, ohne den Troll aufzuhalten. Die Elfe duckte sich unter einem Schlag hinweg, dann war Ollowain an ihrer Seite. Ein Stich traf den vorgebeugten Angreifer in die Magengrube.

Mit einer leichten Drehung befreite der Schwertmeister seine Klinge und sprang mitten zwischen die Krieger, die das Portal blockierten. Zu dicht gedrängt, um ihre Waffen einsetzen zu können, waren sie Ollowains Angriffen fast wehrlos ausgeliefert.

Nun fassten auch die Kämpfer jenseits der Pforte neuen Mut und wagten einen weiteren, ungestümen Ausfall. Die Verteidigungslinie der Trolle zerbrach.

Wie in Ekstase gab sich Ollowain dem Klingentanz hin. Er sprang, stach zu, brachte sich mit einem Salto in Sicherheit und griff schon im nächsten Augenblick wieder an. Einmal sprang er zur Decke empor und lief geduckt über schwere Kettenglieder, um einen fliehenden Troll einzuholen, der hinab zum Schneehafen wollte, um Verstärkung zu holen.

Als auch noch die Verteidiger der Kasematten in die Halle stürmten, war das Schicksal der Trolle endgültig besiegelt. Ollowain ließ das Tor hinab zum Schneehafen schließen und befahl, alle Truppen aus den nördlichen Vorwerken abzuziehen. Er überzeugte sich selbst davon, dass sämtliche Posten aufgegeben wurden. Als er jedoch durch die Schießscharten der Katapultstellungen hinabblickte, sah er, dass eine Hälfte des Hafentors offen stand. Die großen Rammböcke brannten noch immer, waren aber ein Stück den Pass hinabgezerrt, sodass sie das Tor nicht blockierten.

Tausende Trolle stürmten in den Berg, und es gab keine Hoffnung mehr, noch zur zweiten Torwindenkammer durchzubrechen.

Erschöpft befahl Ollowain den Rückzug bis hinter die Himmelshalle. Die Trolle hatten es geschafft, schon am ersten Tag die mächtigsten Bollwerke der Festung zu überwinden und mehr als die Hälfte der Verteidiger zu töten oder einzukesseln. Phylangan schien verloren, kaum dass der Kampf begonnen hatte.

Der Herzog der Nachtzinne

Skanga stieg über einen Kobold hinweg, der noch im Tod mit beiden Händen ein lächerlich kleines Schwert umklammerte. Es roch angenehm nach gebratenem Fleisch in der großen Höhle hinter dem goldenen Tor. Mit Schaudern betrachtete sie die vertäuten Eisschiffe. Sie erkannte die beiden Segler, die so blutige Ernte unter den Trollen gehalten hatten. Zornig blickte sie zurück durch das Tor. Hunderte verkohlter Leiber lagen dort auf dem Eis. Seit ihr Augenlicht sie vor vielen Jahrhunderten verlassen hatte, nahm sie den Tod viel deutlicher wahr. Sie sah jetzt die Lebenslichter der Sterbenden verblassen. Manchmal mochten die Lebenslichter die Toten nicht sofort verlassen. Doch nie leuchteten sie länger als bis zur nächsten Dämmerung.

Diese Halle und der ganze Pass waren voller verblassender Lichter. Ihr Volk hatte einen fürchterlichen Preis für den Sturm auf das goldene Tor bezahlt. Jetzt begriff Skanga, warum die Elfen ihnen nicht ein weiteres Mal mit ihren Eisschiffen zugesetzt hatten. Emerelles Brut hatte darauf vertraut, dass diese Festung unbesiegbar war und so gut wie ohne eigene Verluste verteidigt werden konnte.

Die Schamanin lächelte stolz. So viele auch heute gekämpft hatten, letzten Endes war es ein einziger Troll gewesen, der den Unterschied gemacht hatte. Sie hatte ihn bereits bemerkt, wusste, dass er überlebt hatte.

Hinter sich hörte sie Branbarts Stimme, der überschwänglich seine Krieger lobte. Der König hatte sich auf einem Fass niedergelassen. Als er Skanga sah, rief er sie. Er war von den üblichen Trotteln und Speichelleckern umgeben. Wenn Branbart eines Tages darauf verzichten würde, nur solche Kämpfer um sich zu versammeln, die dümmer waren als er, würde er vielleicht ein großer König werden.

Neben dem Fass, das Branbart zum Thron gemacht hatte, lag ein Haufen mit abgetrennten Elfenköpfen. Noch immer brachten Krieger neue Köpfe. Manche hatten gleich mehrere an ihren langen Haaren zusammengebunden. Branbart fand für jeden seiner Kämpfer lobende Worte.

»Was soll dieser Unsinn?«, fragte Skanga.

»Wir messen den Sieg«, antwortete Dumgar an Stelle des Königs. »Es heißt, dass es nur drei- oder viertausend Normirga gibt. Hier liegen schon mehr als zweihundert von ihnen. Und das sind nicht einmal alle! Manche Elfen vergehen, bevor man ihnen die Köpfe abschneiden kann. Emerelles Volk wird verlöschen! Dieser Schädelhaufen ist wie ein Stundenglas.« Dumgar grinste stolz über diesen Vergleich. Skanga bezweifelte, dass der Herzog vom Mordstein ihn sich selbst ausgedacht hatte. Sie wandte sich an den König.