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Unten, am Fuß der Palisade, liefen Männer mit langen Speeren zusammen. Sie stachen nach der Bestie und versuchten den Troll von den Verteidigern abzulenken. Die vielen leichten Wunden, die sie ihm beibrachten, würden ihn schwächen. Von den Bogenschützen am Hang wagte es keiner zu schießen. Zu groß war die Gefahr, einen der Verteidiger auf dem Wehrgang zu treffen.

Der Troll beugte sich vor. Er schwang seine Keule in weitem Bogen. Die Speere, die er traf, zerbrachen wie dürre Äste. Die Männer wurden von der Wucht des Hiebes durcheinander gewirbelt.

Das Ungeheuer wollte sich gerade wieder aufrichten, als Kalf sprang. Mit den Füßen voran, traf er den Troll in die Seite. Der Kerl grunzte, riss die Arme hoch. Dann stürzte er vom Wehrgang.

Schreiend liefen die Speerträger auseinander. Kalf fiel dicht neben dem Ungeheuer in den Schnee. Der Aufprall presste ihm die Luft aus den Lungen. Benommen blinzelnd sah er, wie sich der Troll hochstemmte. Ihn anzuspringen war wohl doch keine so gute Idee gewesen.

Pfeile schlugen ringsherum in den Schnee. Einer verfehlte Kalf nur um Haaresbreite. Der Fischer fluchte und wünschte sich, er hätte mehr Jäger und Soldaten als Bauern unter den Bogenschützen. Das fehlte gerade noch. Aus Versehen erschossen werden!

Die Keule des Trolls sauste nieder. Kalf rollte zur Seite. Ein Tritt traf ihn mit der Kraft eines auskeilenden Pferdes. Er wurde gegen die Palisade geschleudert. Sterne tanzten ihm vor den Augen. Und mitten zwischen den Sternen erkannte er die grinsende Grimasse des Trolls.

Kalfs Linke bekam einen zersplitterten Speerschaft zu packen. Stell dir vor, er ist nur ein Fisch. Ein besonders großer, besonders hässlicher Fisch. Du kannst ihn töten. Du hast noch nie einen Fisch gesehen, den du nicht umbringen kannst. Mach es wie bei den großen Salmen, denen du deinen Fischhaken ins Auge rammst, um sie an Bord zu ziehen. Kalfs Gedanken überschlugen sich. Er konnte es schaffen, redete er sich ein. Dennoch zitterte seine Hand.

Etwas Silbernes fuhr hinab, traf den Troll am Kopf und hinterließ eine blutige Schramme. Kalf sah Aslas Gesicht. Sie lag flach auf dem Wehrgang und versuchte den Troll mit ausgestrecktem Arm ein zweites Mal zu treffen. Die riesige Keule schnellte hoch.

»Nein!«, schrie Kaff. Er stieß sich mit aller Kraft von der Palisade ab. Der Speer traf den Troll direkt unter dem Kinn in den Hals. Kalf konnte spüren, wie sich die eiserne Spitze durch zähes Fleisch grub. Es gab einen Ruck, als sie plötzlich leichter eindrang. Mit einem weiteren Ruck stieß sie gegen den Schädelknochen. Dem Troll fiel die Keule aus der Hand. Wie vom Blitz getroffen, kippte er nach hinten. Kalf wurde der Speerschaft aus den Händen gerissen. Jubelrufe erklangen auf dem Wehrgang und den Hängen. Doch der Fischer hatte keine Augen für die Männer, die ihn feierten. Er sah allein Asla. Der Troll hatte sie verfehlt. Den Göttern sei Dank!

Er durfte sie nicht vor den Männern anstarren! Sie war die Frau des Herzogs. »Du hättest mit ihm reden sollen«, rief Kalf.

»Deine Zunge ist mörderischer als dein Schwert.«

Asla lächelte. »Ich weiß. Aber bei Kerlen, die zu dumm sind, mich zu verstehen, hilft sie leider nicht. Im Übrigen finde ich, dass du lange genug im Schnee auf der faulen Haut gelegen hast. Komm herauf, wir haben diese Mauer zu verteidigen.«

Die Männer lachten. Es war diese nassforsche Art Aslas, die sie vergessen ließ, dass dieser Kampf nicht zu gewinnen war. Es war wichtig, dass sie dort oben stand. Keiner, ganz gleich ob Krieger oder Bauer, würde davonlaufen, solange eine Frau auf dem Wall ausharrte und über die Trolle spottete. Sie war das Band, das sie zusammenhielt. Es war richtig, dass sie hier war, und dennoch hatte Kalf eine Todesangst um sie. Alles könnte er ertragen, nur nicht, sie sterben zu sehen.

Der Fischer erhob sich und streckte seine schmerzenden Glieder. Voller Sorge betrachtete er die Stämme der Palisade. Sie würden den Angriffen der Trolle nicht mehr lange Stand halten. Es war an der Zeit, sich auf den zweiten Wall weiter oben im Tal zurückzuziehen, auch wenn die Verteidigungsanlagen dort noch nicht ganz fertig gestellt waren.

Kalf sah sich nach einem seiner Hauptleute um, die in die Pläne eingeweiht waren. Ein Stück entfernt hockte Sigvald im Schnee. Mit schmerzverzerrtem Gesicht stemmte er sich eine Hand in die Hüften. Er ging zu dem Wagenbauer hinüber. »Soll ich dich zum Dorf bringen lassen?«

»Es geht schon«, murrte Sigvald. Dann lächelte er schief.

»Man muss schon ziemlich dämlich sein, um sich auf einen Faustkampf mit einem Troll einzulassen.«

»Ich hatte eher den Eindruck, dass du gern herausfinden wolltest, wie es so ist, als Vogel durch die Luft zu fliegen.«

Sigvald stemmte sich auf die Beine. »Das Fliegen war ganz in Ordnung. Nur das Landen muss ich wohl noch ein wenig üben.«

»Erstaunlich, wie hier noch alle zu Scherzen aufgelegt sind.« Sigvald zwinkerte ihm zu. »Wenn es keiner mitbekommt, heule ich mich in den Schlaf. Aber lassen wir das. Was willst du von mir?«

»Wir müssen die Palisade aufgeben.« Kalf deutete hinüber zum Mittelstück des Holzwalls. Einige der Stämme waren schon der Länge nach gerissen. Bald würden sie ganz zersplittern, und wenn die Trolle erst einmal durchbrachen, wäre jeder geordnete Rückzug auf die nächste Verteidigungsstellung unmöglich. Sie würden einfach überrannt werden.

Das Lächeln war aus Sigvalds Gesicht verschwunden. »So schnell schon. Ich hatte gehofft, wir würden hier noch ein wenig länger aushalten.«

Kalf zuckte mit den Schultern. »Luth hat seine eigenen Pläne mit uns. Ich verlasse mich auf dich, Sigvald. Sieh zu, dass unsere Reserve zwanzig Schritt hinter der Palisade bereitsteht. Wenn wir zurückgehen, könnten sie durchbrechen.« Der Fischer wandte sich ab, las eine der langen Stangenäxte aus dem Schnee auf und stieg wieder zum Wehrgang hinauf.

Die Trolle hatten sich ein Stück weit vom Wall zurückgezogen und formierten sich neu. Ihre Anführer schienen genau zu wissen, wie kurz sie davorstanden durchzubrechen. Kalf musterte die riesigen Krieger. Sie wirkten ungeschlacht. Ihre Arme schienen zu lang im Verhältnis zum Oberkörper, die grauen Gesichter wirkten nur halb fertig. Dicke, aufgequollene Nasen. Breite Wülste über den Augenbrauen. Kahle Schädel. Sie sahen aus wie aus Lehm geformt, aber nicht vollendet. Ein Entwurf, bei dem der Künstler keine feinen Linien ausgearbeitet hatte. Mit der fliehenden Stirn und den breiten Mündern erinnerten sie sogar ein klein wenig an Fische. Und doch waren sie ganz anders, als er sich Trolle immer vorgestellt hatte. Stark wie Bären, blutrünstige Menschenfresser, all das passte in sein Bild. Aber sie waren nicht dumm. Sie wussten, wie man Krieg führte. Vielleicht wussten ihre Anführer das sogar besser als er. Die lächerlichen Holzpalisaden würden sie nicht lange aufhalten, zumal jede Verteidigungslinie nach hinten schwächer wurde.

Wie viel Zeit ihnen wohl noch blieb, bis die letzte Linie fiel? Er erschauderte bei dem Gedanken, was dann geschehen würde. Die weiße Flut ... So würden sie Frauen und Kindern noch einen weiteren Tag verschaffen. Asla trat an seine Seite. Sie legte ihm zärtlich die Hand auf den Arm.

»Tu das nie wieder«, sagte sie leise. »Mein Herz hat einen Augenblick aufgehört zu schlagen, als ich gesehen habe, wie du vom Wehrgang gestürzt bist.«

Kalf wich ihrem Blick aus. Ihre Berührung ließ ihn wohlig erschaudern. Man durfte ihm das nicht ansehen! Niemand hier durfte wissen, was er für die Frau des Herzogs empfand.

»Wie wäre ein Leben an deiner Seite gewesen, Kalf?«, fragte sie sanft.

»Sprich nicht so!«, zischte er. »Man könnte dich hören.« Die nächsten Männer hielten zwar ein paar Schritt Abstand zu ihnen, aber trotzdem hatte er Sorge.

»Alfadas wird nicht mehr aus Albenmark zurückkehren ...«

»Aber er hat doch gesagt ...«

Sie schüttelte den Kopf. »Schöne Lügen. Ich kenne ihn zu gut. Die Art, wie er sich verabschiedet hat ... Er ist in der Gewissheit ausgezogen, in Albenmark zu sterben. Er hat sich so sehr bemüht, seine Angst vor mir zu verstecken, dass sie nicht zu übersehen war – auch wenn ich es versucht habe. Geh nicht auch du verloren, Kalf. Ich kann nicht ...« Ihre Worte gingen im wilden Kriegsgeschrei der Trolle unter.