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Kalf packte das Stangenbeil fester. Ein großer Krieger kam geradewegs auf seinen Abschnitt vom Wall zugelaufen. Ein Hagel von Pfeilen schlug den Trollen entgegen, doch er vermochte ihren Angriff nicht abzubremsen.

Dichter schwarzer Rauch stieg entlang der Palisade auf Sigvald hatte die mit Robbentran getränkten Reisigbündel in Brand gesetzt. Doch sie würden hier oben ausharren müssen, bis die schweren Balken der Palisade Feuer gefangen hatten und die Flammen auf den Wehrgang schlugen. Wenn sie sich zu früh zurückzogen, konnten die Trolle durchbrechen. Dann wäre alles vergebens gewesen.

Kalf blickte auf den Trollkrieger hinab. Er würde springen! Der Fischer konnte es an der Art sehen, wie der Troll lief. Der Mistkerl blickte ihn unverwandt an. Er würde genau hier versuchen, die Palisade zu erklimmen.

Eine Eiskugel zischte dicht an Ralfs Kopf vorbei. Weiter hinten sah er ein paar Trolle, die ganz offensichtlich ihn zu ihrem Ziel ausgewählt hatten. Schon hoben sie die nächsten Eisklumpen, um ihn zu bewerfen. Aber er durfte sich nicht ducken! Wenn der Troll nach der Brustwehr griff, um sich hochzuziehen, war der einzige Augenblick gekommen, in dem er siegen konnte. Ein oder zwei Herzschläge lang war der Troll dann wehrlos. Ein Geschoss traf die Palisade dicht neben ihm. Eissplitter schlugen Kalf ins Gesicht. Er blinzelte sie aus den Augen und hob das Stangenbeil. Die Palisade erzitterte unter der Wucht des Aufpralls, als der Troll sprang. Seine Rechte griff über den Holzwall, sein Kopf tauchte vor Kalf auf. Geschmeidig zog der Krieger sich hoch. Er hatte sich ein zweites Paar Augen auf die Stirn tätowiert.

Ralf hatte die Gelegenheit verpasst, nach den Fingern zu schlagen. Er wechselte den Griff und stieß mit dem langen Dorn am Ende des Stangenbeils zu. Seine Hände zitterten. Er verfehlte die Augen ... Nein. Er hatte nach den tätowierten Augen gestochen. Die Eisenspitze glitt seitlich am Schädel des Angreifers entlang. Dann traf ihn mit aller Wucht das hochgebogene Axtblatt. Der Troll grunzte. Eine zweite Klinge bohrte sich in seine Schulter. Sein Griff löste sich. Er ließ sich zurück in den Schnee fallen.

»Ich lass dich nicht verloren gehen«, sagte Asla entschlossen und schleuderte mit einer Drehung aus dem Handgelenk das Blut von ihrem Schwert.

Immer dichter zog der Rauch über den Wehrgang. Kalf spürte durch die Bretter unter seinen Füßen die Hitze des Feuers.

»Danke«, sagte er schlicht und wünschte sich, er hätte eine Seidenzunge wie Alfadas, dem schöne Worte stets leicht von den Lippen gingen.

Ein verzweifelter Schrei ließ ihn nach links blicken. Sie hatten wieder angefangen, Menschen zu angeln! Einige der Trolle führten Lederschlingen an kräftigen Seilen mit sich. Sie warfen sie die Palisade hinauf und versuchten die Verteidiger hinabzuzerren. Mehr als ein Dutzend Männer hatten sie auf diese Weise schon verloren. Rodran, der blonde Fährmann, versuchte dem jungen Burschen zu helfen, den es erwischt hatte. Er hob sein Schwert, um das Seil durchzuschlagen. Zu spät. Mit einem Ruck wurde der arme Kerl über die Brustwehr gezerrt.

Kalf hatte den Bogenschützen befohlen, besonders auf die Trolle mit den Lederschlingen zu schießen. Doch es waren zu viele, und sie ließen sich von den Pfeilen nicht aufhalten.

Mit Schrecken sah der Fischer, wie die Ungeheuer über den jungen Mann herfielen. Sie rissen ihm Arme und Beine aus und stopften sich gierig blutige Fleischklumpen in den Mund. Dunkles Blut dampfte im Schnee. Asla vergrub den Kopf an Kalfs Schulter. »Was haben wir den Göttern getan?«, fragte sie.

»Warum geschieht das alles?«

Kalf legte den Arm um sie und drückte sie fest an sich. In diesem Augenblick war ihm egal, was die anderen dachten.

Helle Flammen schlugen durch die Lücken zwischen den Brettern, aus denen der Wehrgang gezimmert war. Das Feuer fauchte wie ein wütendes Tier, und noch immer warfen Sigvald und seine Helfer neue Reisigbündel in die Flammen.

Der Rhythmus des Rammbocks wurde schneller. Die Trolle begriffen, dass sie kurz davorstanden, diesen Kampf zu verlieren. Wieder sprang einer an der Palisade hoch. Doch Kodran zerhackte ihm die Hand, und der Troll stürzte hinab.

Die ersten Krieger stiegen die Leitern hinunter. »Asla«, sagte Kalf sanft. »Du musst sie aufhalten. Auf dich hören sie.« Er nahm den Arm von ihren Schultern. Sie sah zu ihm auf Ihre Lippen waren zu einem schmalen Strich zusammengepresst, als kämpfe sie gegen einen jähen Schmerz an. Dann strich sie sich eine Haarsträhne aus der Stirn, straffte sich und blickte den Wehrgang entlang. Fast die Hälfte der Verteidiger war schon die Leitern hinab oder einfach in den Schnee gesprungen.

»Was seid ihr Männer nur für ein seltsames Volk!«, rief sie und rieb ihre Hände. »Es ist das erste Mal seit zwei Wochen, dass ich nicht friere, und ihr habt nichts Besseres zu tun, als von hier wegzukommen und diesen lauschigen Platz den Trollen zu überlassen. Ich verstehe euch nicht! Was mich angeht, ich werde noch etwas bleiben.« Sie hob ihr Schwert und wich einer Flammenzunge aus, die dicht neben ihr durch die Bretter schlug. Etliche der Flüchtenden hielten beschämt inne. Auch viele der Kämpfer, die die Palisade schon verlassen hatten, drehten sich um und sahen zu ihr hinauf. In ihrem schweren Kettenhemd, das Schwert erhoben, von Rauch und Flammen umspielt, sah sie aus wie eine von Norgrimms Schwertmaiden oder gar Svanlaug selbst.

Ein Eisklumpen streifte Asla und riss ihr den Helm vom Kopf. Sie strauchelte. Kalf griff nach ihr, doch sie schob ihn zurück. Schon hatte sie sich wieder in der Gewalt.

Mit lautem Krachen brach ein Balken der Palisade. Die Trolle grölten.

»Geh hinunter und sorg dafür, dass sich jeder eine blutige Nase holt, der seinen Kopf durch die Bresche steckt«, befahl sie Kalf. Dann wandte sie sich an die übrigen Männer. »Jeder Einzelne von uns wird sterben. Heute, morgen oder in fünfzig Jahren. Luth allein weiß, wann unsere Stunde gekommen ist. Aber ein wenig liegt es auch an uns, auf welche Weise wir unsere letzte Reise antreten. Ich weiß, dass ich lieber hier oben verbrennen werde, als dass ich mich von einem Troll auf der Flucht erschlagen lasse. Doch diese Wahl muss jeder von euch selbst treffen.«

Kodran, der schon an einer Leiter stand, trat auf den Wehrgang zurück. »Asla hat Recht. Ich lass mir von den Trollen doch nicht die Gelegenheit vermiesen, mir hier oben meinen Hintern ein wenig aufzuwärmen.« Er eilte zurück zu seinem Platz auf dem Wall. Andere folgten ihm.

Das Geräusch splitternden Holzes übertönte den Gesang der Flammen. Kalf zögerte noch einen Augenblick. Erst als er sich sicher war, dass sein vermeintlicher Rückzug die Stimmung nicht wieder umschlagen ließ, sprang er vom Wehrgang.

»Bogenschützen zu mir!«, rief er aus Leibeskräften.

Die ganze Rückseite der Palisade war ein Flammenmeer. Fast genau in der Mitte des hölzernen Walls hatten die Trolle ihre Bresche geschaffen. Sie arbeiteten verzweifelt mit ihren Steinäxten, um die Lücke zu verbreitern. Einige Knaben mit Bögen kamen herangelaufen. Die Ältesten von ihnen hatten vielleicht vierzehn Sommer gesehen. Sie waren das letzte Aufgebot.

»Schießt in die Bresche!«, befahl Kalf. »Sigvald! Bring die letzten Reisigbündel zur Bresche. Wir wollen doch mal sehen, was unsere Freunde sagen, wenn sie nach dem Wall aus Holz vor einer Feuerwand stehen.«

Die Jungen machten ihre Sache gut. Mit einigen gezielten Schüssen hatten sie die Trolle aus der Bresche vertrieben. Die Flammen schlugen inzwischen weit über die Brustwehr hinaus. Die dicken Stämme, aus denen der Verteidigungswall gefügt war, begannen zu brennen. Die Flammenwand würde die Trolle für Stunden aufhalten.

Besorgt blickte Kalf zum Wehrgang hinauf. Ein Mann sprang schreiend in den Schnee hinab und schlug noch im Fallen auf seine brennende Hose ein. Asla ging immer noch auf ihrem Abschnitt des Walls auf und ab. Scheinbar seelenruhig, so wie ein Wachtposten in einer lauen Sommernacht mitten im Frieden. Ihr Gesicht war von Ruß geschwärzt.