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»Sie fand es ... interessant. Landoran hatte beschlossen, sie dir zu schicken. Sie sollte dich massieren und ... aufmuntern. Das waren seine Worte. Er sagte etwas davon, dass du ganz versessen auf alles bist, das die Farbe des Schnees hat. Deshalb Lysilla. Landoran scheint dich sehr gut zu kennen ... Er weiß alles über dich. Ich konnte den Gedanken nicht ertragen, dass Lysilla dich ...« Sie stockte.

»Für sie wäre es nur ein Spiel gewesen. Sie findet dich eben interessant. Ich ... Ich habe sie überredet ...«

Ollowain fühlte sich, als wäre er nackt in einen Schneesturm geraten. Obwohl es drückend warm war, schlang er die Arme um die Brust. Er konnte nicht glauben, was geschehen war. Und dass er es nicht bemerkt hatte! Was war nur mit ihm los?

»Womit hast du Lysilla überredet?«, fragte er leise, zu verletzt, um barsch oder gar ausfallend zu werden.

»Sie wollen etwas von mir. Ich darf nicht darüber sprechen. Es ist kein Verrat. Ein Geheimnis ...«

»Was?«

Lyndwyn erhob sich. »Ich darf es dir nicht sagen.« Sie strich sich das nasse Haar aus dem Gesicht. »Ich bereue es nicht, Ollowain. Es war richtig. Wenn du auf dein Herz hören könntest, dann wüsstest du es auch.«

»Was? Dass ich eine Verräterin und Diebin begehre? Du hast den größten Schatz unseres Volkes gestohlen! Und heute haben dich deine Lügen zur Herrin von Phylangan gemacht und mich...« Er fand keine Worte. Sie hatte ihn sich einfach genommen, so wie den Albenstein.

»Emerelle wäre noch in Vahan Calyd gestorben, wenn ich die Macht des Steins nicht genutzt hätte. Ich war zu schwach, um sie allein mit meiner Kraft zu heilen. Ich habe es versucht! Es hat mich fast umgebracht. Du hast es doch gesehen! Der Zauber mit dem Lichtvogel hatte meine Kräfte erschöpft. Was glaubst du, wie ich euch alle heilen konnte ...«

»Mich hast du mit einem Dolchstoß in die Kehle geheilt. Was sollte das? Waren auch die Kräfte des Albensteins erschöpft, als die Reihe an mir war?«

Sie schüttelte den Kopf. Tränen standen in ihren Augen.

»Wenn ich jemanden auf magische Weise heile, der mit dem Tod ringt, dann greife ich nach seinem Innersten. Ich teile seine Schmerzen, und manchmal erschließt sich mir seine Seele. Danach hatte ich mich gesehnt ... Aber es sollte nicht auf diese Weise geschehen. Dich zu kennen, sollte dein Geschenk an mich sein.«

»Schöne Worte«, sagte Ollowain bitter. »Ich wünschte nur, sie wären nicht von einer Diebin gesprochen. Wie sollte ich dir glauben, nachdem du mich auf diese Weise erobert hast?«

Sie senkte den Kopf. »Ja, wie solltest du mir glauben, mein weißer Ritter. Mein Vater hat mir die Geschichte von der Shalyn Falah erzählt. Wie du gegen die Trolle gekämpft und wie du dich geweigert hast, ihre Fürsten zu ermorden. Er hatte tiefen Respekt vor dir.«

»Natürlich«, schnaubte Ollowain. »Deine Familie schätzt jeden, der sich der Königin widersetzt.«

»Das war noch, bevor die Fehde mit Emerelle begann. Und so sehr ich sie verachtet habe, so sehr habe ich dich immer bewundert. Ich habe es vermieden, dir jemals zu begegnen, um meine Mädchenträume von dem weißen Ritter der Shalyn Falah zu behalten. Erst in Vahan Calyd habe ich dich gesehen. Ich war im Gedränge, auf der Straße, als man auf Emerelle geschossen hat. Und ich habe mitbekommen, wie du die Königin mit deinem Leib geschützt hast. In diesem Augenblick wusste ich, dass du tatsächlich so warst wie in meinen Träumen. Und ich konnte nicht mehr tun, worum mein Großvater mich gebeten hatte. Du musstest dir nie Sorgen machen, dass ich dich nach Arkadien entführen würde, wenn wir über die Albenpfade gingen. Ich kann dorthin nicht mehr zurück! Emerelle sollte sterben, nachdem sie sich gekrönt hatte. Und mein Lichtvogel sollte das Achterdeck so ausleuchten, dass mein Bruder sie nicht verfehlen konnte. Und wäre dies doch geschehen, hätte ich sie töten sollen. Aber ... Ich konnte es nicht mehr, nachdem ich dich gesehen hatte. Ich habe mich so vor die Königin gestellt, dass mein Leib sie vor dem Pfeil meines Bruders abschirmte. Und ich habe den Lichtvogel hinaus auf die See fliegen lassen. Es war kein Signal an die Trolle und ihre Schiffe. Versteh mich nicht falsch, ich habe Emerelle noch immer verachtet. Aber ich konnte mich nicht unter deinen Augen an ihrer Ermordung beteiligen. Ich...« Sie lachte. »So kindisch es ist... Nachdem du wirklich so warst, wie ich es mir immer vorgestellt hatte, wollte ich dir gefallen. Um jeden Preis. Ich wollte die deine sein.«

Ollowain sah sie fassungslos an. Konnte er ihr jetzt glauben? Er hatte mit seinem Misstrauen also die ganze Zeit Recht gehabt. Und zugleich hatte er sich geirrt. »Ich sollte dich nicht noch einmal in die Nähe Emerelles lassen.«

»Das musst du entscheiden. Als ich sie geheilt habe, bin ich ihrer Seele sehr nahe gewesen. Sie ist schrecklich, Ollowain.« Sie schauderte, und der Schwertmeister hatte einen Augenblick lang das Gefühl, als habe ein Schatten ihre Seele berührt. Lyndwyn war eine Intrigantin, und er traute ihren allzu kindlichen Liebesschwüren nicht, aber die Begegnung mit Emerelles Seele schien ihr wirklich Angst gemacht zu haben.

»Du kennst die Herrin nicht, der du dienst«, fuhr die Magierin fort. »Sie ist wahrlich eine Normirga. Jede Ethik oder Moral unterwirft sie einem einzigen Gedanken: Sie will Albenmark beschützen. Irgendwo jenseits der Albenpfade versteckt sich ein schrecklicher Feind, der selbst Emerelle Angst macht. Ihr Denken ist so sehr darauf ausgerichtet, ihn zu besiegen, dass sie jedes Opfer für dieses Ziel erbringt. Sie wusste, das Vahan Calyd angegriffen würde. Sie wusste auch, dass sie sehr schwer verletzt werden würde. Sie hat all dies in Kauf genommen, damit die Pfade, die in die Zukunft führen, nicht durcheinander geraten. Denn ob wir einst den alten Feind besiegen oder ob Albenmark vollkommen zerstört werden wird, hängt vom Leben einiger weniger ab. Und davon, wie der Krieg gegen die Trolle verläuft. Emerelle wollte, dass die Trolle in Vahan Calyd siegen.«

Sie hielt inne und sah ihn direkt an. Ollowain schluckte. »Sie hat die Stadt geopfert und damit tausende Albenkinder! Ich habe sie geheilt. Ihr Körper weist keine Wunde mehr auf. Aber ihre Seele ist ein Hort unendlicher Qualen. Es gibt nur einen Grund, warum sie nicht erwacht: Sie flüchtet vor dem, was sie getan hat!«

Nun schüttelte Ollowain entschieden den Kopf. »Das sind die Lügen einer Diebin und Mörderin!« Lyndwyn sah ihn lange an. Ihre Augen waren wunderschön. Sie schienen so unschuldig.

»Ich weiß, dass du mich als Verräterin sehen musst, um weiterhin der weiße Ritter von der Shalyn Falah zu sein.« Sie erhob sich und watete durch das seichte Becken.

Ihr Anblick erregte ihn. »Wohin gehst du?«, fragte Ollowain gereizt.

»Ich werde nun meinen Preis für das eine Mal zahlen, dass ich dich wirklich getäuscht habe. Du weißt ja, man sagt: Leidenschaft ist das, was Leiden schafft. Lebe wohl, mein weißer Ritter.« Sie trat durch die Tür und verließ das Bad.

Ollowain betrachtete die Augenbinde, die vor ihm im Wasser trieb. Er fühlte sich immer noch blind. Unfähig zu sagen, was Trug und was Wirklichkeit war. Hatte sie ihn belogen? Hatte Emerelle von dem Angriff der Trolle auf Vahan Calyd gewusst? Die seltsame Sänfte schien Lyndwyns Worte zu bestätigen. Zumindest schien Emerelle gewusst zu haben, dass sie in dieser Nacht fliehen musste und ein Boot brauchen würde. Auch wenn er ihre Beweggründe im Augenblick nicht verstehen konnte, war er sich gewiss, dass Emerelle stets nur zum besten Albenmarks handeln würde.

»Lyndwyn?«

Er bekam keine Antwort. Sie hatte wohl Recht. Sehenden Auges hätte er sich niemals auf eine Affäre mit ihr eingelassen. Es hatte sich alles so richtig angefühlt. So vollkommen ... Nie zuvor hatte er so leidenschaftlich eine Frau geliebt. Und auch ihre Leidenschaft schien nicht vorgetäuscht gewesen zu sein. Stimmte ihre Geschichte? Immer wieder gingen ihm ihre Worte durch den Sinn: Leidenschaft ist das, was Leiden schafft.

Ein Gespräch in der Nacht

Das Wissen um das, was kommen musste, ließ Alfadas keine Ruhe. Er hatte sogar überlegt, Asla und die Kinder nach Albenmark mitzunehmen und dort vor den Trollen davonzulaufen. Doch wohin sollte er gehen als Mensch unter Albenkindern? Zu viele kannten ihn. Wer würde den Ziehsohn Emerelles aufnehmen, wenn die Trolle die Königin verfolgten? Wie Alfadas es auch drehte und wendete, seine Lage war hoffnungslos. Wenn Asla in Firnstayn blieb, dann war sie wenigstens unter Freunden. In dem Dorf, in dem sie aufgewachsen war, würde sie noch am leichtesten darüber hinwegkommen, wenn er nicht wiederkehrte.