»Ich wette, dass ich sie grün und blau prügeln werde, wenn du mir meine netten Armreife abnimmst!«, rief Lambi.
Einige Männer lachten. Alfadas war zufrieden. Kerle wie Lambi fanden immer schnell Gefolgschaft. »Gut, mein Freund, ich nehme die Wette an. Wenn du die Elfe Silwyna im Übungskampf besiegst, dann nehme ich dir die Ketten ab, und du kannst dich davonmachen. Aber vergiss nicht, dass der König dir ein Halsband aus Hanf versprochen hat, wenn du nicht nach Albenmark gehst.«
»Ich kenne Horsa als einen Mann, der viel verspricht und wenig hält. Wenn ich so dumm bin, mich noch einmal von seinen Häschern schnappen zu lassen, dann habe ich es nicht besser verdient, als zu hängen. Sollte es deine zarte Elfe aber schaffen, mich zu besiegen – vielleicht weil ich mich in ihren wunderschönen Augen verliere und zu kämpfen vergesse -, dann verspreche ich, keinen Fluchtversuch zu unternehmen, solange wir in Honnigsvald sind.« Lambi griff sich mit beiden Händen in den Schritt und ließ dabei seine Hüften kreisen. »Wo sind die Skalden? Hört her, das wird besser als jede Heldensage, die Geschichte von Lambi und dem Elfenmädchen. Nun, Herzog, schlägst du auf diese Wette ein? Oder willst du dein zartes Elfenmädchen vielleicht doch lieber vor einem echten Fjordländer verstecken?«
Alfadas streckte ihm die Hand entgegen, und der Kriegsjarl schlug klatschend ein. »Ich hoffe, dass du, zumindest was Wetten angeht, ein Ehrenmann bist.«
Lambi grinste breit. »Ich verspreche dir, du wirst es herausfinden.«
Rebellen, Bauern und ein paar Aufrechte – welch ein Heer, dachte Alfadas. Sie sollten wissen, was auf sie zukam. Wenigstens das! »Morgen werdet ihr sehen, wie Elfen kämpfen. Ihr werdet beeindruckt sein. Doch diese Elfen, denen kaum einer von uns gleichkommt, haben schon viele Schlachten gegen die Trolle verloren. Sie fürchten sie als schreckliche Feinde. Ein Troll hat die Stärke von vier oder fünf Männern. Wer den Fehler macht, einen ihrer Hiebe zu parieren, der wird zerschmettert. Sie kennen keine Furcht. Wenn fünf von euch es schaffen, in einer Gruppe zusammen zu kämpfen und sich gegenseitig zu schützen, dann seid ihr dem Troll gerade einmal gleichwertig. Diese Ungeheuer sind fast doppelt so groß wie wir. Die Kälte des Winters macht ihnen nichts aus, und sie kämpfen darum, ihre alte Heimat zurückzuerobern. Wenn man uns nach Albenmark schickt, dann ist es so, als steckte man ein Kind in einen Bärenkäfig, kehrte ihm den Rücken und käme erst am nächsten Tag vorbei, um zu sehen, was geschehen ist.«
Keiner der Männer am Ufer lachte mehr. Sie waren verstört. Manche starrten Alfadas mit weit offenen Mündern fassungslos an. Eine solche Rede hatte niemand erwartet.
»Für heute entlasse ich euch«, sagte Alfadas. »Überdenkt meine Worte. Allen, die morgen nicht mehr wiederkommen, werde ich gewiss nicht gram sein. Sie sind keine Feiglinge, sondern haben allein ihre Weisheit bewiesen. Wer dennoch kommt, der sollte sich in dieser Nacht Gedanken machen, wie wir schwachen Menschen die Trolle töten können. Denkt daran: Steht ein Troll erst vor euch, dann seid ihr tot. Und nun geht!«
»Du wirst morgen an einem leeren Strand warten«, sagte Ragni verärgert. »Was soll das? Der König wird sehr wütend sein, wenn er davon hört.«
»Ich glaube nicht, dass der Herzog sie so schnell loswird, Ragni«, entgegnete Mag. »Ich kenne diese Männer. Sie wissen, was für ein elendes Leben sie im Fjordland führen. Selbst eine verschwindend kleine Aussicht, reich zu werden, ist mehr, als sie hier haben.«
Wenn Mag sich nicht irrte, dann würden morgen möglicherweise sogar noch mehr Männer hier am Strand stehen, um in eine neue Welt aufzubrechen. Er musste einen noch drastischeren Weg finden, um ihnen zu zeigen, was geschehen würde, überlegte Alfadas. Schließlich wandte er sich an den jungen Fährmann. »Kannst du in den nächsten paar Tagen ein Dutzend Stiere auftreiben? Ich möchte sie gern kaufen. Wir sollten einen Teil unseres Proviants selbst besorgen und nicht alles den Elfen überlassen.«
Der kleine Rat
»Wo ist Lyndwyn?«
Niemand antwortete Ollowain. Der kleine Rat von Phylangan hatte sich im Pavillon bei der Mandan Falah versammelt. Die Gesichter der Elfen waren wie Masken. Niemand schien sich angesprochen zu fühlen.
Als sich das Schweigen immer mehr in die Länge zog, erbarmte sich schließlich Landoran zu einer Antwort. »Sie ist unabkömmlich. Lyndwyn wünscht dir eine gute Reise.«
»Wie sollte ich ohne sie gehen?«, fragte der Schwertmeister gereizt. Seit zehn Tagen hatte sich Lyndwyn nicht mehr blicken lassen. Seit sie ihn geliebt hatte. Der Gedanke daran weckte einen süßen Schmerz. Hatte sie ihn geliebt? Oder war auch dies nur Teil eines raffinierten Plans? Sie schien tatsächlich als Herrin von Phylangan anerkannt zu werden. Ollowain hatte erlebt, wie auf ihren Befehl hin alle anderen Siedlungen der Normirga in der Snaiwamark aufgegeben worden waren. Alle Elfen, die einen Beitrag zur Verteidigung leisten konnten, blieben in Phylangan; die übrigen wurden zu den Felsschlössern auf der Hochebene von Carandamon geschickt. Es war klug, Siedlungen aufzugeben, die man ohnehin nicht verteidigen konnte, und stattdessen seine Kräfte an einem Punkt zu sammeln. Ollowain hätte erwartet, dass sie ihn um Rat fragte, schließlich war er ihr militärischer Berater. Angeblich ... Aber sie zeigte sich nicht mehr.
Wieder blickte Ollowain in die ausdruckslosen Gesichter. Der Rat hatte Freude daran, ihn zu demütigen, ihm seinen Makel vor Augen zu führen! »Ich kann das Tor nicht öffnen. Ohne Lyndwyn kann ich die Albenpfade nicht betreten. Und wie soll ich das Heer der Menschen hierher bringen, wenn sie mir nicht hilft?«
»Du sollst das Heer der Menschen nicht hierher, sondern in die Slanga-Berge bringen«, verbesserte ihn Landoran in aufreizender Ruhe. »In zwanzig Tagen wird Lyndwyn ein Tor zum Albenstern bei Firnstayn öffnen. Sie wird dich und die Menschen sicher hierher zurückgeleiten. Bis dahin wirst du dich mit den Diensten Lysillas begnügen müssen. Sie ist eine erfahrene Magierin. Gemeinsam mit Ronardin wird sie dir helfen, die Menschen auf ihre Ankunft in Albenmark und auf den Krieg vorzubereiten.«
»Es ist nicht in Emerelles Sinn, dass der Albenstein hier zurückbleibt. Ich verlange die Herausgabe des Artefakts!«
Landoran hob missbilligend eine Braue. Diesen abfälligen Gestus hatte Ollowain schon als Kind bei ihm gehasst!
»Ich glaube nicht, dass du entscheiden kannst, was in Emerelles Sinn ist, zumal die Königin nicht über die besonderen Gegebenheiten unterrichtet ist. Wäre sie hier, so würde sie gutheißen, was wir tun.«
Ollowain war fassungslos. Das übertraf das übliche Maß von Landorans Überheblichkeiten bei weitem! Der Schwertmeister kannte den Sprecher des Rates gut genug, um zu wissen, dass Widerstand im Augenblick zwecklos war. Landoran würde nicht zögern, ihn unter Arrest stellen zu lassen, wenn er gegen dessen Entscheidungen aufbegehrte.
»Ich füge mich der Weisheit des Rates«, log Ollowain glattzüngig. Wenn er wiederkam, dann würde er ein Heer hinter sich haben. Selbst wenn es nur Menschen waren, stellten sie eine Macht dar, über die Landoran nicht einfach hinweggehen konnte.
Einen Augenblick lang wirkte Landoran überrascht. Dann hatte er sich wieder unter Kontrolle. »Ich werde veranlassen, dass deine Abreise so schnell wie möglich erfolgen kann. Du sollst ein Pferd und eine Rüstung von uns bekommen, damit du das Volk der Normirga angemessen vertreten kannst.«