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Drakon sah Malin an, während er überlegte, was das zu bedeuten hatte — auch mit Blick auf die Frau auf dem Stuhl neben ihm. Hatte sie ihm die ganze Zeit über etwas vorgemacht? »Oder aus dem Kommandozentrum selbst?«

»Das kann ich nicht ausschließen, Sir.«

Drei

Iceni schaute Togo an. Ihr Blick musste eine Botschaft an ihn enthalten haben, da er einmal nickte und dann den Raum verließ.

»Suchen Sie nach Morgan«, sagte Drakon zu Malin, da er nicht bereit war, darauf zu vertrauen, dass Icenis Lakai seine Aufgabe tatsächlich erledigen würde — ganz gleich, wie diese Aufgabe überhaupt lautete. »Richten Sie ihr von mir aus, dass sich im Kommandozentrum womöglich ein Agent der Schlangen aufhält. Ich will, dass sie diese Person ausfindig macht.«

Malin zögerte. »Sir, Morgans Methoden …«

»Sie kann so unauffällig und listig wie ein Dämon sein, wenn sie das will, und das wissen Sie auch. Ich will sie nach dieser Person suchen lassen. Unsere Chancen stehen schon schlecht genug, und ich will nicht, dass eine Schlange oder irgendwer sonst Boyens mit Informationen über das versorgt, was wir beabsichtigen.«

»Jawohl, Sir.«

»Und sagen Sie ihr, ich will, dass der Agent identifiziert wird. Sie soll sich dann bei mir melden, damit darüber entschieden werden kann, was zu tun ist.«

»Sir«, gab Malin sehr förmlich zurück. »Ich fühle mich veranlasst, Sie darauf hinzuweisen, dass es passieren kann, dass sie sich eben nicht zurückhält, wenn Sie Morgan auf jemanden ansetzen. Ich sehe mich auch gezwungen, noch auf etwas anderes aufmerksam zu machen. Die eng gebündelte Übertragung war auf CEO Boyens’ Flotte gerichtet, aber das bedeutet nicht, dass die Nachricht für CEO Boyens bestimmt war.«

Iceni reagierte sofort: »Die Syndikat-Flotte hat sicherlich ISD-Vertreter an Bord. Oder wollen Sie damit andeuten, dass es noch andere Parteien geben könnte?«

»Ich will damit sagen, dass es auch noch andere Möglichkeiten gibt, Madam Präsidentin.«

Malins Bemerkung war eindeutig auch an Drakon gerichtet. Er musterte Malin eindringlich und fragte sich, warum er unbedingt in Icenis Gegenwart auf diese Dinge zu sprechen kommen musste. Wenn sie es nun gewesen war, die mit den Schlangen an Bord von Boyens’ Schiffen Kontakt aufgenommen hatte …

Aber warum sollte sie das tun? Iceni war nicht dumm. Sie wusste, dass die Schlangen es auf ihr Blut abgesehen hatten. Iceni, die Senior-CEO in diesem Sternensystem, hatte sich nicht nur gegen die Syndikatwelten aufgelehnt, sondern zusammen mit Drakon dafür gesorgt, dass alle Schlangen in Midway niedergemetzelt wurden. Die Angehörigen hatten sie nach Prime zurückgeschickt, doch der ISD würde an Iceni ganz sicher ein Exempel statuieren wollen, um den Tod der Kameraden zu rächen und um jeden, der sich auch gegen die Schlangen erheben wollte, zum Umdenken zu veranlassen.

Niemand will meinen Tod so sehr, wie man ihren Tod will. Sie weiß das. Und wahrscheinlich hat sie diesen Togo losgeschickt, um sich Gewissheit zu verschaffen, dass die Nachricht nicht von mir gesendet worden ist.

Vielleicht wollte Malin noch mehr sagen, doch in diesem Moment wurde die Unterhaltung durch einen Ausruf aus dem Hauptraum des Kommandozentrums unterbrochen. »Die Enigmas bewegen sich!«

Zügig verließ Iceni das Büro, doch als Malin ihr nach draußen folgen wollte, hob Drakon eine Hand und hielt den Mann zurück. Es kam ihm ein wenig albern vor, in Eile zu verfallen wegen etwas, das sich schon vor mehr als vier Stunden abgespielt hatte — erst recht, wenn sich dadurch eine günstige Gelegenheit zu einem Gespräch mit Malin ergab, ohne dass jeder davon gleich Notiz nahm. »Es gibt da noch eine Möglichkeit, die Sie nicht erwähnt haben«, sagte er zu Malin. »Nämlich die, dass die Präsidentin selbst diese Nachricht abgeschickt hat, eine Nachricht, die vorab aufgezeichnet wurde und die eine Geheimabmachung enthält, mit der ich in jeder Hinsicht kaltgestellt werde.«

Äußerst bedächtig antwortete Malin: »General, ich habe keinerlei Informationen darüber, dass Präsidentin Iceni einen solchen Zug unternommen haben könnte. Außerdem würde so etwas keinen Sinn ergeben.«

»Ich weiß, und ich habe auch zu viel Respekt vor Iceni, als dass ich glauben könnte, sie wüsste das nicht ebenfalls. Aber schlechte Angewohnheiten legt man nur schwer ab. Wie gut sind Ihre Informationen über das, was sie jetzt macht?«

»Ich bin davon überzeugt, dass ich es wüsste, wenn sie Schritte gegen Sie unternehmen würde, Sir.«

»Hmm.« Drakon blickte versonnen auf die ins Kommandozentrum führende Tür. »Ist das Ihre Einschätzung, oder haben Sie zuverlässige Informationen?«

»Sowohl als auch, Sir.« Malin klang so überzeugt, als wisse er absolut alles.

Genau genommen wirkte er in diesem Moment genau so, wie Morgan es manchmal machte. Auch wenn sie sich gegenseitig nicht ausstehen konnten und auch wenn sie in vieler Hinsicht nicht unterschiedlicher hätten sein können, waren Morgan und Malin sich von Zeit zu Zeit erschreckend ähnlich. »Halten Sie trotzdem die Augen offen, und achten Sie darauf, dass Sie alles infrage stellen, was Sie eigentlich sicher zu glauben wissen.«

»Jawohl, Sir«, sagte Malin lächelnd. »Das haben Sie mir beigebracht. Es ist eine gute Regel, die man bei der Planung jeder Operation beachten muss.«

»Ich habe das noch auf die harte Tour gelernt, Bran. Und jetzt los mit Ihnen.«

Nachdem Malin gegangen war, begab sich Drakon zu Iceni, die das Display nicht aus den Augen ließ. Selbst ein Soldat der Bodenstreitkräfte, wie er einer war, konnte auf den ersten Blick erkennen, was sich dort abspielte. »Die Enigmas gehen auf Abfangkurs zu Black Jack.«

Die beiden Streitkräfte — die der Allianz und die der Enigmas — rasten mit Geschwindigkeiten aufeinander zu, bei denen ein Offizier der Bodenstreitkräfte Mühe hatte sich vorzustellen, welche Entfernungen da innerhalb von Minuten zurückgelegt wurden. Über 0,2 Licht. Drakon begann zu rechnen. Rund sechzigtausend Kilometer pro Sekunde. Wie kann der Verstand irgendeines Menschen eine solche Geschwindigkeit begreifen? Ich bin Umgebungen auf einer Planetenoberfläche gewöhnt, bei denen ein Kilometer eine fassbare Strecke ist.

Außerdem rasten Bodentruppen nicht mit den Geschwindigkeiten aufeinander los, die diese Kriegsschiffe flogen. Sehen konnte man das andere Schiff nur aus weiter Ferne, die Waffen jedoch besaßen im Verhältnis zu den gewaltigen Distanzen des Weltalls eine so geringe Reichweite, dass sich die Schiffe nur aus nächster Nähe unter Beschuss nehmen konnten. Sie konnten bis in alle Ewigkeit umeinander herumtänzeln, ohne einander jemals nahe genug für eine Attacke zu kommen. Wenn eine Seite nicht kämpfen wollte und nicht gerade ein bestimmtes Ziel, wie zum Beispiel ein Hypernet-Portal, vor Augen hatte, gab es keinen Anlass, der Gegenseite zu nahe zu kommen. »Bis in alle Ewigkeit« war natürlich nur relativ gemeint, denn die wahren Grenzen wurden durch den Vorrat an Brennstoffen und Verpflegung für die Besatzung gesetzt.

Ich mag das nicht. Drakon presste die Lippen zusammen, während er zusah, wie sich die beiden Flotten einander näherten. Krieg im All ist einfach zu mechanisch. Man sieht den Feind nie als Person, sondern nur als Kriegsschiff. Sie fliegen quer durchs All, sie legen Strecken zurück, für die sogar das Licht Stunden benötigt, aber am Ende müssen sie einfach gegenseitig aufeinander eindreschen. Wie soll man ernsthaft eine Taktik anwenden, wenn die andere Seite jedes Manöver mitverfolgen kann, ganz gleich, wie weit sie von einem entfernt ist? Wenn es nichts gibt, wohinter man sich verstecken kann? Wenn es keine Möglichkeit der Tarnung gibt?