Выбрать главу

»Wer befindet sich an Bord dieses Shuttles?«, wollte Iceni wissen.

»Es wird ein routinemäßiger Frachttransport gemeldet, normale Crew, keine Passagiere«, antwortete ein anderer Operator.

»Ein routinemäßiger Transport? Und das, wo alle routinemäßigen Transporte abgesagt worden sind?« Ehe Iceni noch eine weitere Frage stellen konnte, tauchte auf einmal Togo an ihrer Seite auf.

»Ein regionaler Gouverneur ist augenblicklich unauffindbar«, sagte Togo ohne jegliche Gefühlsregung. »Das Gleiche gilt für seine Geliebte. Eine industrielle Executive und ihr Freund lassen sich mithilfe der planetaren Überwachungssysteme ebenfalls nicht aufspüren.«

»Gouverneur Beadal?«, fragte Iceni in frostigem Tonfall.

»Ja, Madam Präsidentin. Vielleicht bekam er Wind von den Ermittlungen, die gegen ihn laufen, oder er will einfach nur den Enigmas entkommen, auch wenn alle Executives die Anweisung erhalten haben zu bleiben, wo sie sind. Die industrielle Executive ist Magira Fillis, Amt für Bauwesen.«

»Die wird niemand vermissen.« Iceni hatte den Blick auf die Flugbahn des Shuttles gerichtet, das darum bemüht war, die Atmosphäre zu verlassen. »Und das Versagen von Regionalgouverneur Beadal als Administrator gibt mir auch keinen Grund, über seine Korruptionsaffären und über die Verletzung meiner ausdrücklichen Anweisung hinwegzusehen. Aber ich verliere nur ungern ein Shuttle.«

Colonel Malin erwiderte: »Es ist keines von unseren Shuttles, es gehört zu einem der Handelsschiffe im Orbit. Das Schiff gehört zur Xavandi-Gruppe, aber der Executive, der den Befehl über den Frachter hat, behauptet, das Schiff sei inzwischen abtrünnig und handele auf eigene Faust.«

Icenis Blick bekam etwas von dem eines Jägers, der seine Beute erfasst hatte. »Die CEOs, die die Xavandi-Gruppe geleitet haben, konnte ich noch nie leiden. Es würde zu ihnen passen, dass eines ihrer Schiff gegen die Auflagen der Syndikatsregierung verstößt und dann so zu tun, als hätte es sich ihrer Kontrolle entzogen. Auf diese Weise können sie Profite einstreichen und sich bei Bedarf darauf zurückziehen, dass sie ja nicht gegen Regierungsvorschriften verstoßen. Es macht mir wirklich nichts aus, deren Shuttle zu verlieren. General?«

Drakon drehte sich zu ihr um und wunderte sich einen Moment lang über die Frage. Angenommen Iceni hatte recht, was den Frachter anging, dann unterschied die Xavandi-Gruppe sich nicht allzu sehr von vielen anderen Konglomeraten des Syndikats. Und die beiden Executives an Bord dieses Shuttles waren wie viele der übelsten Wiesel der Syndikatwelten, denen Drakon im Lauf der Jahre begegnet war. »Wenn Sie das Shuttle zerstören wollen, müssen Sie mich nicht erst fragen.«

»Wir haben vor ein paar Stunden eine Vereinbarung getroffen«, gab Iceni zurück, die in einem knappen, geschäftsmäßigen Tonfall mit ihm redete, während es darum ging, ein Shuttle zu zerstören und die Menschen an Bord zu töten. Sie hatte ihre Privatsphäre aktiviert, damit niemand außer Drakon sie hören konnte. »Es gibt kein Attentat, welcher Art auch immer, dem wir nicht beide zustimmen. Diesen Fall hier könnte man als ein Attentat auslegen, da weder der Gouverneur noch die Executive eine Chance bekommen werden, zu kapitulieren oder sich vor einem Gericht zu verantworten.«

Gerichtsverfahren waren im System des Syndikats nur eine Formalität gewesen, um einem vorbestimmten Urteil den Anstrich eines rechtmäßigen Prozesses zu geben. Manchmal wurde den Angeklagten ein Deal vorgeschlagen, doch das würde jetzt nicht passieren. »Colonel Malin hat mir bereits von den Aktivitäten von Regionalgouverneur Beadal berichtet«, sagte Drakon. »Einige seiner Spielchen hatten für Versorgungsprobleme bei einer meiner Einheiten gesorgt.« Von der industriellen Executive in Beadals Shuttle hatte er noch nie gehört, doch diese Wissenslücke würde er jetzt und hier nicht zugeben. Aber Fillis’ Wahl des Begleiters auf ihrer Reise sprach dafür, dass sie früher oder später ohnehin vor einem Erschießungskommando gelandet wäre, auch wenn sie jetzt nicht versucht hätte zu fliehen. »Uns wird dieses Shuttle nicht fehlen.«

»Ich bin froh, dass wir uns einig sind«, sagte Iceni und schaltete die Privatsphäre ab. »Muss ich einem der Kriegsschiffe im Orbit den Befehl geben, sich um das Shuttle zu kümmern?«

»Nein. Die Bodenstreitkräfte können das ohne Probleme erledigen. Colonel Malin, befehlen Sie der orbitalen Verteidigung, das Shuttle zu eliminieren.«

»Jawohl, Sir.« Malin gab drei Befehle ein: Zielerfassung. Bestätigen. Feuer.

Irgendwo auf dem Planeten richtete sich eine Partikelstrahl-Batterie auf das Shuttle aus. Bodengestützte Waffen konnten eine sehr große Feuerkraft besitzen, da ihnen ausreichend leistungsfähige Energiequellen zur Verfügung standen. Dennoch war ihre Reichweite aufgrund der physikalischen Gesetzmäßigkeiten äußerst begrenzt. Bei den gewaltigen Entfernungen im All mussten diese Strahlen immense Strecken zurücklegen, auf denen sie sich zu streuen begannen. Wenn sie dann auf ein Schiff trafen, das mehr als nur ein paar Lichtminuten entfernt war, konnten dessen Schilde den Treffer problemlos einstecken. Wenn aber jemand unerlaubt auf einem Planeten landen wollte oder wenn ein Bombardement begonnen wurde, konnten diese Waffen heftigste Gegenwehr leisten. Da sich Midway seit fast hundert Jahren mit der Bedrohung durch die Enigma-Rasse konfrontiert sah, waren die orbitalen Verteidigungseinrichtungen deutlich besser als in einem durchschnittlichen Sternensystem.

Das Frachtshuttle, das noch immer in den Orbit aufstieg, besaß nur schwache Schilde und keinerlei Panzerung, zudem befand es sich noch innerhalb der Atmosphäre, als die Partikelstrahl-Batterie das Feuer eröffnete. Etliche Speere aus geladenen Partikeln rissen das Shuttle in Stücke, die darauf in die Weiten des Ozeans des Planeten stürzten. Die Besatzung des Shuttles war auf der Stelle tot gewesen, ohne überhaupt begreifen zu können, was ihren Tod herbeigeführt hatte.

Aber jeder auf dem Planeten hatte den Start des Shuttles mitverfolgt und wusste, von welchem Schicksal es heimgesucht worden war.

»Das sollte der letzte Versuch gewesen sein, vor seiner Verantwortung davonzulaufen«, erklärte Iceni laut genug, um im gesamten Kommandozentrum gehört zu werden. »Ich will, dass jedes Schiff in diesem System davon in Kenntnis gesetzt wird, dass jegliche Veränderung des Orbits oder der Flugrichtung ohne die ausdrückliche Anweisung von Kommodor Marphissa zugleich das letzte Flugmanöver des betreffenden Schiffs darstellt.«

»Jawohl, Madam Präsidentin«, sagte der Senior-Ablaufspezialist und wandte sich ab, um diese Warnung sofort weiterzuleiten.

Etwas leiser wandte sich Iceni an Togo: »Stellen Sie sicher, dass die Ermittlungen gegen Gouverneur Beadal weitergeführt werden. Er ist zwar tot, aber ich will wissen, mit wem er alles bei seinen Betrügereien zusammengearbeitet hat.«

Drakon sah zu, wie Togo wegging. Unwillkürlich fragte er sich, ob die Geliebte und der Freund sich wohl der Risiken ihrer Flucht bewusst gewesen waren. Vermutlich ja, denn sie mussten sich Hals über Kopf in das Shuttle begeben haben, um nicht erwischt zu werden. Niemand, der die Zeit unter dem Diktat des Syndikats mitgemacht hatte, konnte so ignorant gewesen sein, nicht über die Gefahren einer Befehlsverweigerung Bescheid zu wissen. Wenn einem Executive der ausdrückliche Befehl erteilt worden war, dort zu bleiben, wo er sich befand, dann tat er das auch. Das Bestechungsgeld für den Shuttlepiloten und die übrige Crew musste ganz erheblich gewesen sein, um sie dazu zu bewegen, das Risiko eines unerlaubten Starts einzugehen. Von dem Geld, das ihnen ihr Wagemut eingebracht hatte, konnte sich nun keiner mehr etwas kaufen.