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Die Wachen hoben grüßend die Speere. Sonst waren sie waffenlos, und die Vortex-Kanonen auf den Wällen der Burg rosteten bereits. Im Herzen des Reiches, das nur noch von den Besitzungen Sols übertroffen wurde, bedurfte man keiner Waffen. Skorrogan stand wartend im Vorhof. Die fünfzig Jahre hatten nicht vermocht, seinen Rücken stark zu krümmen, oder die wilde, goldene Lebenskraft aus seinen Augen zu nehmen. Heute schien es Thordin jedoch, daß der Alte von einer angespannten, inneren Begierde erfüllt war, als sehe er dem Ende einer langen Reise entgegen. Skorrogan begrüßte ihn formell und forderte ihn auf, einzutreten. „Nicht jetzt, danke!“ wehrte Thordin ab. „Ich habe wirklich viel zu tun und möchte sofort abfliegen.“

Der Herzog murmelte die offizielle Redewendung des höflichen Bedauerns, aber es war offensichtlich, daß er es begrüßte, nicht eine Stunde in der Burg vertrödeln zu müssen.

„Dann komm bitte!“ sagte er. „Mein Kreuzer ist startbereit.“ Er befand sich hinter dem Gebäude auf einer Startrampe.

Es war ein schmuckes, kleines Robo-Schiff in Tetraederform. Sie traten ein und nahmen auf den Sitzen in der Mitte Platz.

„Willst du mir vielleicht jetzt sagen, warum du heute Cundaloa aufsuchen möchtest?“ fragte Thordin.

Skorrogan warf ihm einen Blick zu, in dem der alte Schmerz durchschimmerte. „Heute“, begann er langsam, „ist es genau fünfzig Jahre her, daß ich von Sol zurückgekehrt bin.“

„Ja…?“ Thordin war erstaunt und fühlte sich etwas unbehaglich. Es paßt gar nicht zu dem wortkargen Alten, die vergessene Sache wieder aufzuwärmen.

„Du wirst dich wahrscheinlich nicht mehr daran erinnern“, fuhr Skorrogan fort, „aber wenn du es aus deinem Unterbewußtsein vargen willst, wirst du wissen, daß ich damals sagte, man solle sich in fünfzig Jahren bei mir entschuldigen kommen.“

„Du willst dich also jetzt rechtfertigen.“ Thordin war nicht überrascht — es war typisch skontarische Psychologie — aber er fragte sich noch immer, was es zu entschuldigen gab.

„Das will ich. Damals konnte ich keine Erklärung abgeben, weil mir niemand geglaubt hätte; und außerdem war ich mir selbst nicht sicher.“ Skorrogan lächelte, und seine schlanken Hände bedienten die Kontrollen. „Jetzt bin ich es. Die Zeit gab mir recht, und ich will meine damals verlorene Ehre wiedererlangen, indem ich dir heute zeige, daß ich nicht wirklich versagt habe. Im Gegenteil, ich hatte Erfolg. Ich stieß die Solarier nämlich absichtlich vor den Kopf.“

Er drückte den Startknopf, und das Schiff überwand die Entfernung von einem halben Lichtjahr. Die große blaue Kugel Cundaloa rollte majestätisch, sanft leuchtend vor dem Hintergrund von Millionen strahlender Sterne.

Thordin saß reglos da und ließ die einfache und erschütternde Behauptung durch alle Ebenen seines Geistes dringen. Seine erste, emotionelle Reaktion war die ziemlich überraschende Erkenntnis, daß er etwas Ähnliches erwartet hatte. Tief im Inneren hatte er nie geglaubt, daß Skorrogan unfähig sein könne.

Dafür aber — nein, kein Verräter. Aber — was sonst? Was hatte er bezweckt? War er all diese Jahre nicht bei Verstand gewesen? Oder… „Du warst seit dem Krieg nicht oft auf Cundaloa, oder…?“ fragte Skorrogan.

„Nein, nur dreimal wegen dringlicher Geschäfte. Es ist ein blühendes System. Die Hilfe von Sol hat es wieder auf die Beine gestellt.“

„Blühend — ja, ja, das ist es.“ Einen Augenblick lang zuckte ein Lächeln um Skorrogans Mundwinkel, aber es war ein trauriges Lächeln; so als wollte, doch konnte er nicht weinen. „Ein geschäftiges, erfolgreiches, kleines System mit ganzen drei Kolonien unter den Sternen.“

Mit einer plötzlichen, zornigen Bewegung hieb er auf die Kurzstreckenkontrollen, und das Schiff gelangte durch eine Raumfalte auf die Oberfläche. Es landete in einer Ekke des großen Raumhafens bei Cundaloa City, und die Robots an der Rampe gingen daran, es zu sichern und einen Schutzschirm darum zu legen.

„Was nun?“ flüsterte Thordin. Plötzlich empfand er leichte Furcht; er wußte unbestimmt, daß ihm das, was er zu sehen bekommen, nicht gefallen würde. „Nur ein kleiner Spaziergang durch die Hauptstadt“, antwortete Skorrogan, „und vielleicht einige Abstecher in die Umgebung. Ich möchte, daß wir ganz inoffiziell und inkognito bleiben, denn das ist die einzige Möglichkeit, die Wirklichkeit und den Alltag zu erleben, was viel wichtiger und aufschlußreicher ist, als statistisches und wirtschaftliches Material. Ich möchte dir zeigen, wovor ich Skontar bewahrt habe.“ Wieder lächelte er verzerrt. „Ich gab mein Leben für meinen Planeten, Thordin. Jedenfalls fünfzig Jahre davon — fünfzig Jahre der Einsamkeit und der Schande.“

* * *

Sie traten in den Lärm der großen Stahl- und Betonebene hinaus und begaben sich zum Ausgang, wo der Strom von Wesen der verschiedensten Rassen nie versiegte. Viele Menschen, die geschäftlich oder zum Vergnügen Avaiki besuchten, aber den Großteil der Menge machten natürlich die eingeborenen Cundaloaner aus. Manchmal fiel es nicht leicht, sie von den Menschen zu unterscheiden — die beiden Rassen glichen einander ja auch sehr —, und da die Cundaloaner solare Kleidung trugen… Von dem Stimmengewirr etwas verwirrt, schüttelte Thordin den Kopf. „Ich verstehe nichts“, rief er Skorrogan zu. „Ich kann Cundaloanisch, sowohl den Laui- wie auch den Muaradialekt, aber…“

„Natürlich nicht“, klärte ihn Skorrogan auf. „Die meisten sprechen auch Solarisch. Die Eingeborenensprachen sterben rasch aus.“

Ein untersetzter Solarier, in auffallende Farben gekleidet, brüllte einen unbewegt vor seinem Geschäft stehenden Ladenbesitzer an: „Hallo, du mir geben Souvenir, ha?“

„Pidgin-Solarisch.“ Skorrogan zog eine Grimasse.

„Ebenfalls im Aussterben, weil ja alle jungen Cundaloaner die Sprache von Grund auf lernen. Aber die Touristen sind unverbesserlich.“ Er blickte finster, und seine Hand zuckte zum Strahler.

Doch nein — die Zeiten hatten sich geändert. Man tötete niemanden mehr, nur weil er einem persönlich unsympathisch war, nicht einmal auf Skontar. Nicht mehr.

Der Tourist wandte sich um und stieß gegen ihn. „Oh, tut mir leid!“ rief er höflich aus. „Ich hätte aufpassen müssen.“

„Macht nichts.“ Skorrogan zuckte die Achseln.

Der Solarier fuhr in mühsam, mit starkem Akzent behafteten Hoch-Naarhaym fort: „Ich muß mich wirklich entschuldigen. Darf ich Sie auf einen Drink einladen?“

„Ich sagte, macht nichts.“ In Skorrogans Stimme schwang Grimm.

„Was für ein Planet! Rückständig wie — wie Pluto! Ich fliege von hier aus nach Skontar. Hoffe, Geschäftsverbindungen anzuknüpfen — ihr Skontarier versteht es, Geschäfte zu machen!“

Skorrogan knurrte und wandte sich ab, indem er Thordin mit sich zerrte. Der Rollsteig hatte sie bereits einen halben Block fortgetragen, als der Valtam fragte: „Wo sind deine Manieren geblieben? Er versuchte wirklich, zu uns höflich zu sein. Oder haßt du einfach alle Menschen?“

„Ich mag die meisten von ihnen“, antwortete Skorrogan.

„Aber nicht ihre Touristen. Das Schicksal sei gelobt, daß wir nicht viele bei uns auf Skontar zu Gesicht bekommen.

Ihre Ingenieure, Geschäftsleute und Studenten sind in Ordnung. Ich bin froh, daß zwischen Sol und Skang so enge Beziehungen bestehen, wodurch viele zu uns kommen.