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Pamela sagte: »Seit Wochen beschatten wir diesen Maler Goldfuß. Ein Dutzend FBI-Autos mit Radar-, Funk- und Fernsehgeräten ist eingesetzt. Keinen Schritt kann Goldfuß mehr machen, ohne daß ihm unsere Leute folgen. Ergebnis: null.«

»Das verstehe ich aber nicht«, sagte Thomas. »Wenn er so dringend verdächtig ist, ein Spion zu sein, warum verhaften Sie ihn dann nicht?«

Pamela schüttelte den Kopf: »Wir sind nicht in Europa, Herr Lieven.«

»In den Staaten«, erklärte Edgar Hoover, »darf ein Mann nur festgenommen werden, wenn er ohne jeden Zweifel eine ungesetzliche Handlung begangen hat. Erst dann wird ein Richter einen Haftbefehl ausschreiben. Wir haben den Verdacht, daß Goldfuß ein Spion ist. Aber beweisen? Nein, beweisen können wir es nicht. Und solange wir das nicht unwiderlegbar können, wird uns kein einziger Richter dieses Landes gestatten, ihn festzunehmen.«

»Aber Morris? «

»Morris hat uns alle Informationen vertraulich geliefert. Mit Rücksicht auf seine Familie in Rußland wird er unter gar keinen Umständen öffentlich gegen Goldfuß in den Zeugenstand treten.«

»Und eine heimliche Hausdurchsuchung?«

»Natürlich könnten wir, wenn Goldfuß einmal fort ist, in seine Wohnung eindringen und sie durchsuchen. Ich bin sicher, daß wir einen Kurzwellensender und viele andere Dinge finden würden, die beweisen, daß er ein Spion ist. Aber dann würde er niemals verurteilt werden können!«

»Wieso nicht?«

»Seine Verteidiger würden verlangen, daß unsere Beamten unter Eid aussagen, woher sie ihr Belastungsmaterial haben. Angenommen, sie hätten es sich durch eine ungesetzliche Hausdurchsuchung verschafft – der Richter würde anordnen, daß nichts von all diesem Material gegen Goldfuß verwendet werden darf.«

»Ja, aber wie ist denn dieser Mr. Goldfuß dann überhaupt zu fassen?«

Edgar Hoover lächelte sanft. »Das fragen wir Sie, Herr Lieven. Darum haben wir Sie kommen lassen – Sie, einen alten Freund von Dunja Melanin.«

8

»In Rußland machen sie Schaschlik mit Zwiebeln!« schrie der fette Boris Roganow. »In Rußland machen sie Schaschlik nicht mit Zwiebeln!« schrie Thomas Lieven.

Sie standen sich wutbebend gegenüber. Ohrfeigen lagen greifbar nahe in der Luft. Man schrieb den 19. Juni 1957. Es war 13 Uhr 30 und entsetzlich schwül in New York. Der Schaschlikkrach fand in der Küche eines russischen Feinschmeckerlokals in der 41. Straße statt. Der fette Herr Roganow war der Besitzer dieses Lokals. Thomas verkehrte hier seit einigen Tagen, denn »Bei Roganow« pflegte Dunja Melanin zu Mittag zu essen. Sie arbeitete in der Nähe, in der Ordination eines gewissen Dr. Mason.

Es war ein trauriges Wiedersehen gewesen. Dunja, immer noch leidenschaftlich und reizvoll, jammerte Victor Morris nach. Immer wieder brach sie in Tränen aus, wenn sie von ihm erzählte – und sie erzählte ununterbrochen von ihm, teils aus eigenem Antrieb, teils, weil Thomas sie dauernd dazu animierte.

Heraus kam nichts dabei. Was Dunja auch erzählte, es half Thomas nicht weiter. Wenn er Dunja verließ, traf er Pamela, über die der Kontakt zu Hoover lief. Sie hatte eine kleine Wohnung in Manhattan. Thomas wohnte im Hotel »Waldorf-Astoria«.

Tag um Tag verstrich. Nichts geschah. Goldfuß gab sich keine Blöße. Thomas fiel eine wachsende Gereiztheit an Pamela auf, die er sich nicht erklären konnte. Und immer wieder traf er Dunja, versuchte etwas, irgend etwas zu finden, das Goldfuß belastete, zu ihm hinführte. Aber Dunja schien Goldfuß nie im Leben gesehen zu haben. Sie weinte nur immer wieder ihrem Morris nach.

Schaschlik hatte sie sich gestern gewünscht. Prompt hatte Thomas Hammelfleischstücke in eine Beize gelegt und sie zwölf Stunden darin ziehen lassen. Jetzt war das Fleisch richtig. Thomas wollte es gerade, mit Speck untermischt, auf den Spieß bringen, da begann dieser fette Boris Roganow doch wahrhaftig Zwiebeln in dicke Scheiben zu schneiden! Ein wilder Krach brach los. Dann versöhnten sich die Herren wieder. Aber der Ärger nahm an diesem Tag kein Ende.

Als Dunja – verspätet natürlich – endlich erschien und mit Thomas zu essen begann, legte auch sie eine gräßliche Gereiztheit an den Tag. Dauernd griff sie sich an den schmerzenden Kopf, dauernd mäkelte sie an Thomas herum. Dann faßte sie sich ein bißchen: »Entschuldige – diese wahnsinnige Arbeit, ich breche noch zusammen!«

»Was ist denn los?«

»Ich glaube, die halbe Stadt läßt sich impfen.«

»Impfen?«

»Mit diesem neuen Serum gegen Kinderlähmung. Doktor Salk. Sicherlich hast du davon gehört. Das Impfen wäre ja noch nicht einmal das schlimmste! Das schlimmste ist die Schreiberei!«

»Was für eine Schreiberei?«

»Jeder Patient muß seinen Geburtsschein vorlegen. Nicht den Paß, nicht den Meldezettel, nein, den Geburtsschein!«

»Warum?«

»Das verlangt das Gesetz! Und ich muß die Nummer von jedem Geburtsschein aufschreiben. Und die ausstellende Behörde. Und sie kommen zu Hunderten! Ich werde noch verrückt! Impfen! Impfen! Impfen!«

»Impfen, impfen«, wiederholte er blödsinnig, indessen sich sein Herz zusammenkrampfte. Denn eine junge Frau in einem gelben Sommerkleid hatte soeben das Lokal betreten. Er traute seinen Augen nicht. Wahnsinnig! Sie mußte wahnsinnig geworden sein! Streng verboten es die Gesetze des FBI, daß zwei Agenten, die miteinander arbeiteten, sich in der Öffentlichkeit trafen. Aber darauf schien Pamela Faber zu pfeifen. Direkt gegenüber von Thomas nahm sie Platz. Kreuzte die Beine. Lehnte sich zurück. Und starrte Dunja an …

Das konnte derselben natürlich nicht lange verborgen bleiben.

»Wer ist das?«

»Bi-bitte?«

»Die Person da drüben. Sie starrt mich an. Kennst du sie?«

»Ich? Wen denn überhaupt?«

»Die geschminkte Gelbe. Tu doch nicht so!«

»Herrgott, ich habe die Frau nie im Leben gesehen!«

»Du lügst! Du kennst sie! Und wie du sie kennst!«

So fing das an, und so ging das weiter durch das ganze Essen. Beim schwarzen Kaffee hatte Thomas sein Hemd durchgeschwitzt. Und immer noch starrte Pamela Faber herüber …

Und so ging das an diesem Tag lustig weiter!

Als Thomas Lieven ins »Waldorf-Astoria« zurückkam, wartete hier ein Herr namens Roger Ackroyd auf ihn. Mr. Ackroyd war im Hotel bekannt als Exportkaufmann, der oft mit europäischen Geschäftsleuten zusammenarbeitete.

Herr Peter Scheuner – so nannte sich Thomas derzeit – war im Hotel als einer dieser europäischen Geschäftsleute bekannt. Die beiden Kaufherren, die keine waren, setzten sich in die leere Bar. Mr. Ackroyd sagte leise: »Die Sache brennt uns mehr und mehr unter den Nägeln, Lieven. Sind Sie weitergekommen?«

Menu • New York, 19. Juni 1957

Dieses Essen verhilft Thomas zum Fang

des größten Sowjetspions.

Frühlingssalat

Schaschlik mit Risotto

Gebratene Bananen

Frühlingssalat: Man nehme eine geschälte junge Gurke, zarte Radieschen, hartgekochte Eier, schneide sie in Scheiben, gebe sie in eine Schüssel. Man streue wenig Pfeffer und Salz und viel feingehackten Dill, Schnittlauch und Petersilie darüber, mische dann reichlich dicken sauren Rahm darunter. – Man serviere den Salat sofort, damit die Gurkenscheiben keine Zeit haben, Wasser zu ziehen.

Schaschlik: Man nehme Filets von einem Hammelrücken, schneide sie in zwei Zentimeter dicke Scheiben. Man mariniere sie mindestens zwölf Stunden in Olivenöl, etwas Zitronensaft, Salz, gehackter Zwiebel, Petersilie, zerquetschten Wacholder- und Pfefferkörnern, einer zerdrückten Knoblauchzehe, einem Schuß Wein. – Man stecke das Fleisch abwechselnd mit Speckscheiben auf Grillspießchen, röste sie auf dem Grill oder im Bratofenrost, aber so, daß sie innen noch leicht rosafarben bleiben.

Risotto: Man lasse eine große, feingeschnittene Zwiebel in einer Kasserolle in Butter oder Olivenöl weich und hellgelb dünsten, schütte trockenen Reis dazu, lasse ihn unter ständigem Rühren etwa zehn Minuten leicht mitrösten, wobei er keinesfalls braun werden darf. – Man gieße dann die anderthalbfache Menge kochendes Wasser auf den Reis, salze ihn leicht und lasse ihn im fest verschlossenen Topf auf einer Asbestplatte über schwächster Flamme dreißig Minuten ziehen.