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Dann ging sie neben den Wurzeln eines Baumfarns in die Hocke und lugte, von feuchten klebrigen Wedeln umgeben, auf die Savanne hinaus. Das Feuer fraß sich noch immer mit rasender Geschwindigkeit durchs Gras; Rauchwolken wallten auf und waberten in den Wald. Aber dieses Wäldchen war zu dicht und feucht, um bedroht zu sein. Außerdem fand das Feuer kaum noch neue Nahrung, und die Flammen wurden vom Regen gelöscht.

Bald würde sie in der Lage sein, die Deckung zu verlassen. Sie hockte sich hin und wartete, bis es soweit war. An der geriffelten Wurzel des Baumfarns bewegte ein Skorpion sich mit mechanischer Präzision auf ihren Fuß zu. Ohne zu zögern, wobei sie aber darauf achtete, nicht den Stachel zu treffen, machte sie den Skorpion mit der Handkante platt. Vorsichtig ergriff sie ihn mit zwei Fingern und führte ihn zum Mund…

Etwas prallte gegen ihren Rücken. Sie wurde nach vorn auf den Bauch geworfen und spürte eine heiße, schwere und muskulöse Masse auf dem Rücken. Sie war von Gekreisch und Geschrei umgeben, und es hagelte Fausthiebe auf Rücken und Kopf.

Unter Aufbietung aller Kräfte rollte sie sich herum.

Eine schlanke Gestalt stand über ihr. Sie war kaum mehr als halb so groß wie sie. Der dürre Körper war mit einem braunschwarzen Fell bedeckt und wedelte mit langen Armen. Ein affenartiger Kopf saß auf einer schmalen konischen Brust, und ein dünner rosiger Penis stach unterhalb des Bauchs hervor. Das Fell war regennass und stank stark nach Moschus. Und doch stand es – er – aufrecht über ihr wie jemand von ihrer eigenen Art und kein Affe.

Es war ein Pithecine: ein Affenmensch, ein Schimpansen-Mensch, ein Vertreter der ersten Hominiden. Ein entfernter Verwandter von Weit. Und da waren noch mehr von ihnen im Gewirr der Äste über ihr, die nun wie Schemen herunterkletterten.

Sie drehte sich um und wollte aufstehen. Doch da erhielt sie einen Schlag an den Kopf und fiel in Schwärze.

Als sie wieder zu sich kam, lag sie flach auf dem Rücken. Sie hatte Schmerzen in Brust, Beine und Rücken.

Sie war überall von Pithecinen umgeben.

Ein paar von ihnen waren auf der Suche nach Früchten auf Mahagonibäume geklettert. Andere gruben im Boden und zogen Korkenzieherwurzeln heraus. Sie waren aufrecht gehende, emsige Sammler. Doch im Gegensatz zu ihr waren sie kleinwüchsig, behaart und hatten eine runzlige Haut wie Schimpansen.

Irgendjemand schrie. Weit drehte den Kopf und versuchte den Rufer ausfindig zu machen.

Ein Pithecine kauerte im Schmutz. Es – sie mühte sich mit verzerrtem Gesicht. Die hängenden Brüste waren prall voll Milch. Trübe sah Weit, wie eine kleine kompakte Masse aus ihrem Leib quoll. Sie war schleimig und haarig – es war der Kopf eines Babys. Diese Pithecinen-Frau gebar.

Andere Frauen umgaben sie: Schwestern, Cousinen und ihre Mutter. Schnatternd und leise rufend griffen sie der werdenden Mutter zwischen die Beine und halfen dem Baby vorsichtig, sich aus dem Geburtskanal zu winden.

Die Mutter sah sich einem Problem gegenüber, mit dem die früheren Primaten nicht konfrontiert worden waren; bei der Geburt entfernte das Baby sich nämlich von ihr. Blatt, das Weibchen aus Capos Zeit, hätte das Gesicht des auf die Welt kommenden Babys gesehen und wäre imstande gewesen, sich selbst zwischen die Beine zu greifen und das Baby an Kopf und Körper aus dem Geburtskanal zu ziehen. Hätte diese Pithecine das jedoch versucht, dann hätte sie den Kopf des Babys zurück gebogen und eine Verletzung des Rückgrats, der Nerven und Muskeln riskiert. Sie war nicht in der Lage, allein zu gebären, wie Blatt das vermocht hätte, aber das brauchte sie auch gar nicht.

Als das Baby die Hände frei hatte, packte es das Fell der Mutter und zog sich daran heraus. Es war schon so kräftig, um sich selbst Geburtshilfe zu leisten.

Das alles waren Auswirkungen des aufrechten Gangs. Bei einem Vierbeiner wurden die Unterleibsorgane in einer Art Gewebe-Hängematte gelagert, die am Rückgrat aufgehängt war. Das Becken war nur ein Verbindungsstück, das den Druck aufs Rückgrat nach unten und seitwärts auf Hüfte und Beine verlagerte. Wenn man jedoch die Entscheidung für den aufrechten Gang traf, musste das Becken das Gewicht der Unterleibs-Organe tragen und das Gewicht des Embryos, der in der Mutter heranwuchs. Das Becken der aufrecht gehenden Pithecinen hatte sich schnell angepasst und wie bei einem Menschen eine Schüsselform mit tragender Funktion erlangt. Die Öffnung des Geburtskanals hatte sich auch verlagert – sie war nun breiter als tief und hatte ein ovales Profil, um einen Babykopf formschlüssig durchzuschleusen.

Der Geburtskanal dieser Pithecinen-Mutter war im Vergleich zum Kopf ihres Babys der bisher schmalste aller Primaten. Das Baby war der Mutter zugewandt und mit dem Kopf voran in den Geburtskanal eingetreten. Dann hatte es sich jedoch gedreht, damit die Schultern sich auf ganzer Breite durch den Kanal zu schieben vermochten. Manchmal verharrte das Baby in der leichtesten Stellung und wandte sich der Mutter zu, doch öfter wandte es sich von ihr ab.

Und weil die Hominiden-Schädel in Zukunft immer größer wurden, um größere Gehirne unterzubringen, musste auch der Geburtskanal ständig angepasst und optimiert werden; Joan Usebs Baby würde in einem komplizierten Ablauf sich drehen und wenden müssen, um das Licht der Welt zu erblicken. Doch selbst in diesen Zeiten brauchten die Pithecinen-Mütter schon Hebammen – und damit waren neuartige soziale Bande unter den Pithecinen geschmiedet worden.

Schließlich hatte das Baby es geschafft und plumpste mit geballten Fäustchen auf den laubübersäten Boden. Die Mutter sank mit einem Seufzer der Erleichterung zu Boden. Eine ältere Pithecine hob das Kind auf, entferne Schleim-Pfropfen aus Mund und Nase und blies ihm in die Nase. Als das haarige kleine Bündel den ersten Schrei ausstieß, warf die Hebamme das Kind der Mutter einfach zu und ging davon.

Plötzlich spürte Weit starke Hände um die Knöchel. Sie wurde mit einem Ruck fortgerissen, sodass der Rücken über Laub und Schmutz schmirgelte und verlor die Mutter und das Kind aus den Augen.

Sie wurde über den Boden geschleift. Jedes Mal, wenn sie mit dem Kopf gegen einen Stein oder eine Baumwurzel schlug, explodierte der Schädel vor Schmerz. Sie war von brüllenden und kreischenden Kreaturen umgeben. Wie sie nun sah, waren sie alle Männchen mit halb im Fell verborgenen klumpigen Genitalien und erstaunlich großen Hoden, die sie beiläufig kratzten. Wegen der besonderen Hüftgelenke hatten sie einen unbeholfenen Gang.

Sie war sich trübe bewusst, dass sie tiefer in den Wald geschleppt wurde. Aber sie hatte keine Kraft und keinen Kampfeswillen mehr.

Plötzlich brach eine weitere Pithecinen-Horde mit einem zornigen Geheul aus dem Wald. Die Männchen, die Weit ergriffen hatten, richteten sich auf und stellten sich diesen Neuankömmlingen entgegen.

Sie warfen sich in Positur und machten für eine Weile Rabatz, lärmten und sträubten das Fell, wodurch ein paar von ihnen sich zur doppelten Größe aufzublähen schienen. Die größeren brachen Äste ab, rissen Laub von den Bäumen, sprangen umher und schlugen auf den Boden. Einer aus Weits Gruppe präsentierte einen eindrucksvollen rosigen Ständer, mit dem er vor den Neuen herumwedelte. Ein anderer lehnte sich zurück und urinierte auf die Widersacher. Und so weiter. Es war ein lautes, verwirrendes und stinkendes Scharmützel zwischen zwei Gruppen von Kreaturen, die eine verwirrte Weit identisch anmuteten.

Schließlich vertrieben Weits Häscher die Eindringlinge. Unter dem Einfluss der restlichen Aggression rannten sie um die Bäume, schrien sich gegenseitig an und schnappten nacheinander.

Als sie sich dann wieder beruhigt hatten, untersuchten die Pithecinen den Boden und fuhren mit den Fingern durch das Gewirr aus Blättern und Zweigen. Einer von ihnen fand einen schwarzen Steinbrocken, einen Basalt. Dann fand er noch einen zweiten und drehte den ersten unablässig in den Händen, wobei ihm die rosige Zunge aus dem Mund hing. Er sah aus wie ein Idiot.