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Bei seinen Expeditionen für den Landkauf wurde Yossi mit den skrupellosen Methoden der Araber vertraut. Doch wenn er das Heim eines Arabers betrat, war er stets von neuem beeindruckt von ihrer nicht zu überbietenden Gastfreundlichkeit. Habgier und Genußsucht, Haß und Schläue, Hinterlist und Gewalt, Freundlichkeit und Wärme — sie alle waren Bestandteile des phantastischen Gemischs, das den arabischen Charakter für den Außenseiter zu einem erstaunlichen Rätsel machte.

Jakob blieb nicht lange in Sde Tov. Die Versuchsfarm war ein Fehlschlag gewesen. In seinem Innern sah es nicht anders aus als vorher, und er wanderte weiter ruhelos durch das Land, auf der Suche nach dem Platz, an den er gehörte.

Im Jahre 1905 brach in Rußland die Revolution aus, die schon lange geschwelt hatte. Sie wurde niedergeschlagen. Doch die mißglückte Revolution war das Signal für neue Pogrome, die so grauenhaft waren, daß sich die ganze zivilisierte Welt entsetzte. Mehrere hunderttausend Juden verließen Rußland. Die meisten gingen nach Amerika, einige kamen nach Palästina.

Die Juden, die jetzt in das Gelobte Land kamen, gehörten einer neuen Generation an. Sie waren nicht geflohen wie die beiden Brüder Rabinski, und sie hatten auch nicht die Absicht, hier Handel zu treiben. Es waren junge Leute, geschult im Geist des Zionismus, voller Idealismus und fest entschlossen, das Land zu erschließen.

Das Jahr 1905 brachte die zweite Aliyah-Welle des Exodus.

VIII.

Den Idealismus, der bisher in Palästina gefehlt hatte, brachte die zweite Aliyah-Welle. Die neuen Einwanderer waren nicht damit zufrieden, Kaufleute in Jaffa zu sein, und sie hatten auch nicht die Absicht, von milden Gaben ihrer Glaubensgenossen zu leben. Sie waren erfüllt von der Mission, das Land zurückzugewinnen.

Sie machten sich in Gruppen zu dem Land auf, das die Effendis verkauft hatten, und versuchten, die sumpfigen Böden zu entwässern. Es war eine harte Arbeit. Für viele von der alten Garde war es einfach unvorstellbar, daß Juden wie die Fellachen auf den Feldern arbeiten sollten. In Palästina hatten sie die Aufseher gespielt, und dort, wo sie hergekommen waren, hatten sie mit der Feldbestellung überhaupt nichts zu tun gehabt. Von allem, was die zweite Aliyah-Welle brachte, war der wertvollste Beitrag die Entschlossenheit der Menschen, selbst Hand anzulegen und den Boden durch eigene Arbeit zu erobern. Durch ihren Wortführer, A. D. Gordon, erhielt die Arbeit ihre Würde. Gordon war ein älterer Mann und ein Wissenschaftler; doch er verzichtete auf seine Wissenschaft um der größeren Aufgabe willen, den Boden mit seinen eigenen Händen zu bearbeiten.

Jakob war begeistert. Er brach abermals auf, um auf einer Versuchsfarm in Galiläa mitzuarbeiten. Auf dieser Farm namens Chedera war des Staunens kein Ende, als sich die jungen Juden der zweiten Aliyah-Welle an die Arbeit machten. Eines Tages kam Jakob nach Jaffa, um mit Yossi zu sprechen. Er war voller Eifer für eine neue Idee, und er sprach davon mit der leidenschaftlichen Begeisterung, die ihm eigen war.

»Dir ist ja bekannt«, sagte er, »daß sich die Beduinen der Erpressung bedienen, um unsere Siedler zu veranlassen, sie als Wächter zu engagieren — als Schutz gegen sie selbst. Nun, dasselbe versuchten sie auch in Chedera. Sie drohten, alles mögliche zu tun, falls wir sie nicht anstellten. Aber wir haben ihnen den Gefallen nicht getan und uns unserer Haut sehr gut gewehrt. Eine Zeitlang war die Lage für uns ziemlich kritisch, doch dann lockten wir sie in eine Falle, erschlugen den Anführer der Bande, und seitdem haben sie sich bei uns nicht mehr sehen lassen.«

»Wir haben die Sache durchgesprochen«, fuhr Jakob fort, »und wir sind zu folgender Überzeugung gekommen: wenn wir imstande sind, eine unserer Siedlungen zu verteidigen, dann können wir alle verteidigen. Wir haben beschlossen, eine Wachmannschaft aufzustellen, die die ganze Gegend abpatrouilliert, und wir wollen, daß du die Leitung einer der Gruppen dieser Wachmannschaft übernimmst.«

Eine jüdische Wachmannschaft! Was für eine erstaunliche Idee! Yossi fand es sehr aufregend, doch er antwortete in seiner zurückhaltenden Art: »Das muß ich mir noch überlegen.«

»Was gibt es dabei denn zu überlegen?«

»So einfach ist die Sache nicht. Zunächst einmal werden die Beduinen auf diese wichtige Einnahmequelle nicht kampflos verzichten. Und außerdem sind noch die Türken da. Sie werden es uns kaum erlauben, Waffen zu tragen.«

»Ich will ganz offen sein«, sagte Jakob. »Wir wollten dich gern dabeihaben, weil du das Land besser als irgendein anderer kennst, und weil niemand soviel Erfahrung im Umgang mit den Arabern und Türken hat wie du.«

»Sieh mal an«, sagte Yossi ironisch. »Auf einmal wird es meinem lieben Bruder klar, daß mein jahrelanger freundschaftlicher Umgang mit den Arabern doch keine reine Zeitverschwendung gewesen ist.«

»Nun sag schon, Yossi — was ist deine Antwort?«

»Ich sagte schon, daß ich es mir überlegen muß. Es dürfte ziemlich viel Überredungskraft erfordern, unsere Farmer dazu zu bewegen, daß sie sich von uns bewachen lassen. Und das eine dabei gefällt mir wirklich gar nicht: Wenn wir geladene Schußwaffen tragen, dann könnte man das so auslegen, als ob wir Streit suchten.«

Jakob warf die Hände in die Luft. »Wenn man seinen eigenen Grund und Boden verteidigen will, sucht man also Streit! Nach zwanzig Jahren in Palästina redest du noch immer wie ein GhettoJude.«

»Wir sind in friedlicher Absicht hierhergekommen«, sagte Yossi, ohne sich aus der Ruhe bringen zu lassen. »Wir haben das Land rechtmäßig erworben. Wir haben unsere Siedlungen errichtet, ohne jemanden zu stören. Wenn wir jetzt anfangen, uns zu bewaffnen, ist das ein Bruch mit den friedlichen Zielen des Zionismus. Mach mir und dir bitte nicht vor, daß das etwa keine riskante Sache wäre.«

»Du machst mich krank«, sagte Jakob heftig. »Also gut, Yossi, mach nur so weiter und erschließe das Land unter der großmütigen Protektion dieser Halsabschneider, der Beduinen. Bitte sehr. Ich werde unsern Leuten sagen, mein Bruder befände sich in tiefer Meditation. Jedenfalls, ob mit dir oder ohne dich, die Wachmannschaften werden aufgestellt. Der Trupp, den du übernehmen solltest, begibt sich nächste Woche zu unserem Stützpunkt.«

»Und wo ist der?«

»Auf dem Berge Kanaan.«

Yossi schlug das Herz. Auf dem Berge Kanaan! Seine Lippen zitterten, aber er versuchte, seine Erregung zu verbergen. »Ich werde es mir überlegen«, sagte er.

Yossi überlegte es sich. Er war es leid, Land für die SchumannStiftung aufzukaufen und weitere Siedlungen zu errichten, die von Spenden leben mußten.

Ein Dutzend bewaffneter Juden, die ebensolche Hitzköpfe waren wie Jakob, konnten allerhand Ärger und Schwierigkeiten machen. Für eine bewaffnete Wachmannschaft benötigte man Klugheit und Zurückhaltung. Doch der Gedanke, in der Umgebung des Berges Kanaan zu leben und die Möglichkeit zu haben, von Zeit zu Zeit in das Hule-Tal zu kommen, war allzu verlockend.

Yossi trennte sich von der Schumann-Stiftung und stieß zu der neuen Gruppe, als diese am Berge Kanaan anlangte. Sie nannten sich Haschomer: die Wächter.

Das Gebiet, das Yossi mit seinem Trupp zu sichern hatte, erstreckte sich vom Berg Kanaan in einem kreisförmigen Bogen, der von Rösch Pina aus bis nach Safed und Meron führte. Yossi war sich darüber klar, daß es über kurz oder lang Ärger geben mußte. Die Beduinen würden zweifellos zurückschlagen, wenn sie erfuhren, daß sie ihren einträglichen Posten verloren hatten.

Yossi ersann einen Plan, der die Absicht verfolgte, die zu erwartenden Schwierigkeiten zu verhüten. Der bedrohlichste der Beduinenstämme in diesem Gebiet wurde von einem alten Renegaten und Schmuggler namens Suleiman angeführt, der sein Lager meist in den Bergen oberhalb von Abu Yesha aufschlug. Suleiman erpreßte als Lohn für seinen »Schutz« den vierten Teil dessen, was in Rösch Pina geerntet wurde. Am Tag nach seiner Ankunft, noch ehe die Araber etwas von der Anwesenheit der Wachmannschaften wußten, ritt Yossi allein und unbewaffnet los, um Suleimans Lager zu suchen.