Выбрать главу

»Ich weiß, Kammal, daß es Ihnen nicht leicht fällt, das zu sagen — .«

»Lassen Sie mich bitte ausreden. Wenn es möglich ist, daß wir friedlich nebeneinander leben, so groß die Unterschiede zwischen uns auch sein mögen, dann muß sich das, was ihr erreicht habt, schließlich auch für uns vorteilhaft auswirken. Ich weiß nicht, Barak, ob ich mit meiner Ansicht recht habe, aber ich sehe keinen anderen Weg für das arabische Volk.«

»Wir haben euch niemals irgendeinen Anlaß gegeben, an der Aufrichtigkeit unseres Wunsches nach Frieden zu zweifeln —.« »Gewiß — doch es gibt Kräfte, die mächtiger sind als Sie und ich, und die uns gegen unseren Willen in einen Konflikt bringen könnten.«

Wie wahr, dachte Barak, nur allzu wahr.

»Hören Sie, Barak — ich habe mich entschlossen, dieses Land am Hule-See, das Sie so gern besitzen wollten, an die Zionistische Siedlungsgesellschaft zu verkaufen.«

Baraks Herz begann zu klopfen.

»Das geschieht nicht nur aus reinem Wohlwollen. Ich knüpfe bestimmte Bedingungen daran. Ihr müßt den Arabern von Abu Yesha Gelegenheit geben, eure Methoden der Bodenbearbeitung und der Gesundheitspflege zu erlernen. Das ist nur allmählich zu erreichen, im Verlauf einer längeren Zeitspanne. Ich möchte, daß einige der aufgeweckten Jungen aus meinem Dorf Gelegenheit bekommen, eure Schule zu besuchen, um Lesen und Schreiben zu lernen.«

»Das soll geschehen«, sagte Barak.

»Ich habe noch eine weitere Bedingung.«

»Welche?«

»Sie müssen mit von der Partie sein.«

Barak stand auf und strich sich seinen Bart. »Ich? Warum ich?« »Wenn Sie dabei sind, kann ich sicher sein, daß meine Bedingungen erfüllt werden und wir in Frieden miteinander leben können. Ich habe Ihnen vom ersten Tage an vertraut, seit Sie vor mehr als dreißig Jahren als junger Mann nach Abu Yesha kamen.«

»Ich werde es mir überlegen«, sagte Barak.

»Und was wirst du nun Kammal sagen?« fragte Sara.

Barak zuckte die Schultern. »Was gibt es da zu sagen? Wir können natürlich nicht hin. Wirklich ein Jammer. Jahrelang habe ich versucht, ihn dazu zu bringen, dieses Land zu verkaufen. Wenn ich jetzt nicht mitmache, bekommen wir es nie.«

»Wirklich schade«, sagte Sara. Sie goß den Tee ein.

Barak ging unruhig und unglücklich im Zimmer umher. »Wir müssen nun mal auf dem Teppich bleiben, Sara«, brummte er. »Man braucht mich beim Jischuw-Zentralrat, und man braucht mich bei der Siedlungsgesellschaft. Leider bin ich nicht einer von denen, die auf der Allenbystraße einen Laden haben.«

»Nein, natürlich nicht«, sagte Sara voller Anteilnahme. »Deine Arbeit ist wichtig, und du bist für die Allgemeinheit unentbehrlich.« »Ja«, sagte er, während er seine unruhige Wanderung durch das Zimmer wieder aufnahm, »und außerdem sind wir nicht mehr die Jüngsten. Ich bin über Fünfzig, und dieses Land dort urbar zu machen, wird eine sehr harte Arbeit sein.«

»Du hast recht, Barak. Wir sind zu alt, um als Pioniere in die Wildnis zu gehen. Du hast deinen Beitrag zum Aufbau dieses Landes geleistet.«

»So ist es! Ich werde Kammal absagen.«

Er ließ sich in einen Sessel sinken und seufzte tief. Es war ihm nicht gelungen, sich selbst zu überzeugen. Sara stand vor ihm und sah ihn lächelnd an. »Du machst dich über mich lustig«, sagte er sanft. »Warum?«

Sie setzte sich auf seinen Schoß. Er strich ihr über das Haar, und seine mächtigen Hände waren von überraschender Zartheit.

»Ich mußte gerade an dich und Ari denken. Es wird eine sehr schwere Arbeit werden, und die Strapazen werden groß sein.« »Schweig, Weib — und trink deinen Tee.«

Barak kündigte der Zionistischen Siedlungsgesellschaft, verkaufte seine Wohnung in Tel Aviv und zog mit fünfundzwanzig Familien von Neusiedlern zum Hule-Moor, um dort einen Moschaw zu errichten. Sie nannten die Siedlung Yad El, die Hand Gottes.

Sie schlugen ihre Zelte unterhalb der Felder von Abu Yesha auf und machten sich einen genauen Arbeitsplan. Noch nie hatten NeuSiedler vor einer so schwierigen Aufgabe gestanden. Das Hule-Moor war ein unergründlicher Sumpf, mit finsteren Dickichten aus undurchdringlich verfilztem Unterholz und Papyrusstauden, die bis zu neun Meter hoch aufragten. Im schlammigen Boden lebten giftige Schlangen, Skorpione, Ratten und hundert andere Arten von Getier. Alles, selbst Trink- und Waschwasser, mußte auf Mauleseln herangebracht werden.

Sara hatte die Leitung des Ausgangslagers, des Krankenzeltes und der Küche. Barak führte die Arbeitskommandos, die Tag für Tag mit Schaufeln und Hacken in die Sümpfe zogen.

In diesem ersten Sommer arbeiteten sie Tag für Tag, Woche um Woche und Monat um Monat in der glühenden Sommerhitze. Sie standen im Wasser, das ihnen bis an die Hüften und manchmal bis zum Hals reichte und hieben mit Macheten auf den wuchernden Dschungel ein, bis sie die Arme nicht mehr heben konnten. Auf dem bereinigten Terrain begannen sie mit dem Bau von Entwässerungskanälen. Die Frauen arbeiteten Seite an Seite mit den Männern und standen mit ihnen im Schlamm. Der zehnjährige Ari ben Kanaan, eins von den drei Kindern in der Siedlung, schaffte den Abfall fort und brachte Trinkwasser und Verpflegung für die Arbeiter heran. Jede Woche hatte sieben Werktage, und man arbeitete von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. Und doch fanden sie jeden Abend noch die Kraft, ein paar Lieder zu singen und Horra zu tanzen, ehe sie sich für sechs oder sieben Stunden schlafen legten. Dazu kam nachts die übliche Wache zum Schutz gegen Räuber und wilde Tiere.

Sie mußten sich sehr beeilen, um den Bau der Entwässerungskanäle vor den winterlichen Regenfällen zu beenden. Wenn das Regenwasser nicht ablief, war die Arbeit des Sommers vergeblich gewesen. Auch hier wurden Hunderte australischer Eukalyptusbäume gepflanzt, die das Wasser aufsaugten. Alle Siedlungen in der Gegend schickten ihnen soviel Arbeitskräfte zu Hilfe, wie sie selbst entbehren konnten.

Am Abend bei Kerzenlicht unterrichteten Sara und Barak Ari und die beiden anderen Kinder. Die winterlichen Regengüsse setzten ein und schwemmten das Ausgangslager fast davon. Nach jedem Sturzregen mußten sie zu den Entwässerungskanälen eilen und dafür sorgen, daß sie der Schlamm nicht verstopfte und das Ablaufen des Wassers verhinderte.

Selbst ein Mann von der Stärke und Energie Barak ben Kanaans begann sich allmählich zu fragen, ob sie sich diesmal nicht doch zuviel zugetraut hatten. Jedesmal, wenn er Ari und Sara ansah, blutete ihm das Herz. Sie waren von Insekten zerstochen, litten an Ruhr, hatten Hunger und Durst.

Noch schlimmer war die Malaria. Im Verlauf dieses ersten Sommers und Winters hatte Sara fünf und Ari vier Anfälle. Der Schüttelfrost und das Fieber brachten ihr Leben in Gefahr.

Für viele der Familien war der Kampf mit dem Sumpf zu schwer. Von der ursprünglichen Gruppe zog es die Hälfte vor, in die Stadt zurückzugehen, um leichtere Arbeit zu finden. Und es dauerte nicht lange, da gab es in Yad El einen Friedhof. Zwei der Siedler waren an Malaria gestorben.

Yad El — die Hand Gottes. Vielleicht war es die Hand Gottes gewesen, die sie hierher geführt hatte; zweifellos aber waren es menschliche Hände, die den Sumpf trockenlegen mußten. Drei Jahre lang kämpften sie pausenlos und drängten den Sumpf zurück! Schließlich war genügend anbaufähiges Land da, um daraus fünfundzwanzig Höfe von je zweihundert Dunam zu errichten. Sie hatten keine Zeit, sich des Erfolges zu freuen: Es mußte gesät werden. Häuser waren zu bauen.

Ari ben Kanaan hatte die Folgen der Malaria und anderer Krankheiten überwunden und war ein baumlanger Bursche geworden. Im Alter von vierzehn Jahren leistete er das Tagewerk eines erwachsenen Mannes. Als die Felder gepflügt waren und sie ihr kleines Haus bezogen hatten, konnte Sara Barak mitteilen, daß sie abermals ein Kind erwartete. Und am Ende des vierten Jahres ereigneten sich für Barak ben Kanaan zwei Dinge von großer Wichtigkeit: Sara schenkte ihm eine Tochter, die das gleiche leuchtend rote Haar hatte wie er. Das zweite bedeutende Ereignis war die erste Ernte im Yad El.