»30 Prozent Belastung!« kommentierte der Androide ungerührt. »Außerdem verringert sich der Abstand. Soll ich das Feuer erwidern?«
»Unter keinen Umständen!« rief ihm Giri zu. »Der Unfall durch Soleil reicht vollauf.«
»Die Fremden stellen den Beschuß ein«, meldete Aphros wenig später. »Aber sie schließen immer noch näher auf.«
»Jetzt oder nie!« knurrte Spooky. Er nahm die Hand vom Schaltknüppel und ließ die PERONAIOS geradlinig weiterrasen. Für die Fremden war es jetzt ein Leichtes, den Kurs zu berechnen und das Schiff mit einem Schlag zu vernichten.
Sekundenlang hielt Spooky die Luft an, dann atmete er keuchend aus. »Sie haben begriffen«, seufzte er erleichtert. Er reduzierte die Fahrt der PERONAIOS.
Es dauerte nur wenige Minuten, bis die Fremden das Schiff vollkommen eingeschlossen hatten. Nach kurzer Zeit befand sich die PERONAIOS in dem Zwölferpulk der Pyramidenschiffe wieder auf systemwärtigem Kurs.
»Schalte den Schirm ab!« befahl Giri dem Androiden. Aphros nickte, und Sekundenbruchteile später war die PERONAIOS vollkommen schutzlos. Es dauerte nicht lange, bis auch die Fremden ihre Schutzschirme desaktivierten.
»Geschafft!« stöhnte Giri. »Jetzt können wir miteinander reden.«
»Danielle, suche noch einmal die Frequenzen ab!« bat Spooky über die Schulter hinweg.
Folgsam spielte die junge Frau mit dem Sucher herum; eine Zeitlang war nur Statik zu hören, dann aber wurden Wortfetzen laut. Danielle arbeitete an der Feineinstellung und schaltete auch den Bildteil zu. Endlich erschien auf einem Bildschirm der Kopf eines Raumfahrers, dessen Gesicht wegen der halbverspiegelten Fronthelmscheibe nicht zu erkennen war.
Noch bevor der Fremde etwas sagen konnte, fauchte Danielle Velleur: »Sind Sie eigentlich wahnsinnig, hier so herumzuschießen? Hier sind doch Leute!«
Giri war der erste, der in ein schallendes Gelächter ausbrach. Er wischte sich die Lachtränen aus den Augenwinkeln; auch die anderen Menschen im Cockpit der PERONAIOS konnten sich kaum halten. Danielle sah sich entrüstet um. Schließlich errötete sie.
Der Fremde auf dem Bildschirm hatte dem minutenlangen Gelächter schweigend zugesehen; dann schlug er den Helm zurück, und ein durchaus menschliches Gesicht kam zum Vorschein. Der Fremde begann zu sprechen. Aphros fiel dem Fremden ins Wort. Während er sprach, wandte er wieder jene an Telepathie erinnernde Fähigkeit an, die seine Worte für jeden verständlich machte.
»Bitte wiederholen Sie Ihre Sätze!« bat der Androide höflich. »Jetzt werden meine Freunde Sie verstehen können.«
»Wieso?« fragte der Fremde mißtrauisch. »Sie alle müßten doch makarische Sätze verstehen können?«
»Bitte wiederholen Sie!« forderte Aphros erneut.
»Ich sagte, Sie sollten eine Schleuse öffnen«, erklärte der andere. »Ich werde Ihnen ein Prisenkommando an Bord schicken.«
Spooky hatte jedes Wort verstehen können. Unwillig schüttelte der Terraner den Kopf. »Wieso das?« wollte er wissen.
Der Fremde lächelte geringschätzig. »Wir möchten sichergehen, daß Sie keine Dummheiten anstellen, die letztlich nur Ihnen selbst schaden würden.«
Giri sah DeLacy fragend an; der Terraner zuckte mit den Schultern. Giri ließ eine Mannschleuse auffahren. Der Fremde warf einen kurzen Blick zur Seite und nickte zufrieden.
»Erwarten Sie mich in einigen Minuten!« sagte er knapp, dann schaltete er sein Funkgerät aus.
»Ein reizender Menschenschlag, nicht wahr?« meinte Sirghia mit einem schiefen Lächeln.
»Vorsicht!« empfahl Spooky kühl. »So menschlich sind unsere Besucher auch wieder nicht. Denke nur an das Raumschiffswrack – nach meinen Schätzungen müssen die Fremden ungefähr drei Meter lang sein.«
Interessiert beobachtete er über die Außenbordkameras, wie sich an einem Pyramidenschiff ein leuchtendes Viereck öffnete, aus dessen Lichtfeld sich kurz danach ein halbes Dutzend Gestalten löste. Giri bel Tarman hantierte kurz am Schaltpult, sobald eine grüne Lampe angezeigt hatte, daß das äußere Schleusenschott von Hand geschlossen worden war, und ließ nacheinander sämtliche Schotte zwischen der Schleusenkammer und dem Cockpit aufschwingen. Erwartungsvoll blickten die Menschen dem Besuch entgegen.
Für den Fremden waren die Gänge so niedrig, daß er ständig gebückt gehen mußte. Vor dem behaarten Kopf wurde jedoch der Lauf einer bedrohlich aussehenden Waffe sichtbar. Mühsam zwängte sich der Fremde durch den Eingang, dann erst konnte er sich aufrichten.
Er maß etwas mehr als zweihundertachtzig Zentimeter und war sehr massiv gebaut. Sein Gesicht war menschlich; die Extremitäten wiesen allerdings keine Ähnlichkeit mit denen von Humanoiden auf. Das Glied, mit dem der Fremde seine Waffe umklammerte, lief in einen fast perfekt kreisförmigen Teller aus, an dem ein Kranz von Fingern oder ähnlichen Gliedmaßen befestigt war. Nach dem äußeren Eindruck der anzugverhüllten Beine waren die Füße des Fremden ähnlich konstruiert.
Mit äußerster Kühle sah der Fremde die Menschen an, dann sagte er langsam: »Wer sind Sie, woher kommen Sie, was haben Sie in diesem System zu suchen, warum haben Sie geschossen?«
»Eines nach dem anderen!« wehrte Spooky ab. »Für unser Feuer müssen wir um Entschuldigung bitten. Wir hatten nicht die Absicht, auf Ihr Schiff zu schießen! Schuld an dem Mißgeschick trägt unser pelziger Freund.«
Spooky deutete auf Soleil, der den Fremden aufmerksam beäugte und beschnüffelte; als er versuchte, das Bein des Fremden abzulecken, fuhr der Mann ruckartig zurück.
Danielle faßte den Bären am Ohr und zerrte ihn aus dem Cockpit; währenddessen nutzte Giri die Gelegenheit, dem Fremden auf seine Fragen zu antworten. In der Zwischenzeit erreichte die PERONAIOS mit den Begleitschiffen die Welt der Schläfer und schwenkte in einen stabilen Orbit ein. Der Fremde hörte den Bericht des Morconen interessiert an; gelegentlich schüttelte er den Kopf, als könne er nicht glauben, was Giri ihm zu erklären versuchte.
»Jetzt weißt du alles über uns«, schloß Giri seinen Bericht. »Und nun würden wir ebenfalls gerne wissen, mit wem wir es zu tun haben.«
»Urzad«, stellte sich der Fremde gemessen vor. »Wir bewohnen den Planeten Tana, unser Volk nennt sich Tanaer.«
Er grinste verächtlich. »Aber das muß ich euch wohl nicht erzählen!« fuhr er grimmig fort. »Schließlich wißt ihr ganz genau, mit wem ihr es zu tun habt. Wenn dem makarischen Geheimdienst nicht mehr einfällt als diese alberne Geschichte, dann seid ihr nur zu bedauern!«
»Was soll das bedeuten?« fuhr Spooky auf.
»Ihr seid festgenommen!« erklärte Urzad kalt; er deutete auf den Frontbildschirm, auf dem sich ein gewaltiges Schiff mit einer weit geöffneten Schleuse abzeichnete. Das Tor war groß genug, um die PERONAIOS ohne Mühe aufzunehmen. Ein leichter Ruck fuhr durch das Schiff, als die beiden Metallkörper mit Magneten aneinandergeheftet wurden.
Mühsam zog sich Urzad zurück. Mit dem Lauf seiner Waffe forderte der Tanaer die Besatzung auf, ihm zu folgen; die Menschen sahen sich ratlos an, dann kam Spooky als erster der Aufforderung nach. Als er den Übergang zwischen der PERONAIOS und dem fremden Raumschiff erreicht hatte, sank der kräftige Terraner unwillkürlich in die Knie. Die Tanaer mußten auf einer Welt mit ziemlich hoher Schwerkraft leben. Verächtlich sah der Tanaer auf den ächzenden Mann herunter.
Nach einem halbstündigen Marsch, der die Menschen an den Rand des Zusammenbruchs brachte, hielt die Wachmannschaft endlich an. Ein Tanaer trat vor, öffnete mit einem Impulsgeber, den er am Handgelenk trug, das Schloß und trat wieder zur Seite.
»Hier herein!« knurrte der Fremde.
Folgsam betraten die Menschen den Raum; erleichtert atmeten sie auf, als sie wieder unter für ihre Begriffe normale Schwerkraft gerieten. Die vier angrenzenden Zimmer waren mit Mobiliar versehen, das den Abmessungen der Erdmenschen entsprach. Auch die baumlangen Morconen fanden in den Stühlen und Betten ausreichenden Platz.