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Unwillkürlich lockerten sie ihren Zugriff; mit einem Ruck befreite sich Aphros und ließ seine Handkanten auf ihre Nacken niedersausen. Sie sanken zu Boden. Gleichzeitig setzte Aphros zu einem Sprung an, der ihn unmittelbar an die Sänfte brachte. Ein Schritt genügte, und er stand auf dem Gestell der Sänfte, gleich darauf auf dem Dach. Nur von dort aus hatte er eine Chance, die Menge zu überwinden, die sich um die Sänfte herum angesammelt hatte. Entschlossen warf sich Aphros dorthin, wo der Kreis der Menschen die geringste Dicke hatte.

Der Androide stürzte nach einigen Metern Flug auf die Köpfe der Umstehenden nieder. Einige Männer gingen zu Boden, als Aphros’ Knie und Ellbogen empfindliche Körperstellen trafen. Wesentlich schneller als jeder Normalmensch hatte sich Aphros abrollen lassen und stand wieder auf den Beinen. Er nutzte die noch immer beträchtliche Schockwirkung des Publikums aus und warf sich gegen die Menschen vor ihm.

»Platz da!« brüllte er und drosch rücksichtslos um sich. Zwei, drei Männer sanken zu Boden, dann wich die Menge angstvoll zurück. Er rannte los und bremste hinter einer Ecke ab.

»Haltet ihn!« schrie eine unangenehm schrille Stimme. »Eine fürstliche Belohnung demjenigen, der den Schurken faßt – tot oder lebend!«

»Schade«, murmelte Aphros. »Keine genaue Preisangabe – ich hätte gern gewußt, was mein Lockenkopf hier für einen Wert besitzt.«

Leise vor sich hin pfeifend ging er mit einem Gesicht voll unendlicher Langeweile weiter; niemand beachtete ihn – alles hielt nach einem Manne Ausschau, der verzweifelt um sein Leben rannte. Und so schritt er weiter durch Jenra.

Über ihm schwebte noch immer die unsichtbare Sonde und überwachte ihn – jedenfalls glaubte dies der Androide.

Giri bel Tarman stieß eine Reihe von Flüchen aus. »Wieso ist die Sonde ausgefallen?« schimpfte er. Planlos versuchte er sich an allen Kontrollmechanismen der Sonde. »Bild weg, Ton weg – immerhin steht der Ortungsschutz noch!«

»Können wir die Sonde wenigstens steuern?« wollte Danielle wissen. »Es könnte fatal werden, wenn das Ding irgendwo gegen ein Haus knallte und dabei sichtbar würde.«

»Keine Aufregung!« sagte Spooky beruhigend. »Die Fernsteuerung arbeitet auch noch! Und ich habe auch eine Erklärung für das Versagen der Sonde.«

»Die lautet?« fragte Giri knapp. Vorsichtshalber ließ er die Sonde zum Schiff zurückkehren.

Spooky grinste boshaft, während er erklärte: »Ähnliche Dinge gab es auf der Erde schon vor ewigen Zeiten – ein römischer Geschichtsschreiber hat überliefert, daß bei einem öffentlichen Auftreten des Caius Julius Cäsar das Volk so laut Beifall schrie, daß einige Vögel bewußtlos aus dem Himmel fielen – die Schallwellen hatten sie betäubt. Und einen ähnlichen Lärm haben wir gehört, als die Leute bei Aphros’ Sänftenakrobatik aufbrüllten.«

»Du meinst allen Ernstes …?« zweifelte Sirghia; Spooky nickte kurz.

»Warum nicht?« entgegnete er ruhig. »Ich halte es für durchaus möglich, daß der Schrei der Menge unsere Sonde taub und blind gemacht hat. Aber das ist jetzt nicht so wichtig. Die Frage ist – was fangen wir jetzt an, um erstens festzustellen, wo Aphros steckt, und zweitens, ihm nötigenfalls zu helfen?«

»Eine zweite Sonde!« schlug Danielle vor.

»Gut«, stimmte Spooky zu. »Aber wo sollen wir Aphros suchen? Wir können auf keinen Fall die Sonde so tief fliegen lassen, daß man auf den Bildschirmen Gesichter erkennt. Das aber müßten wir tun, um aus dieser uniformierten Menge einen einzelnen Menschen herauszupicken.«

Giri strich mit der Hand über das Kinn. »Ich nehme an, du willst dich ebenfalls auf den Weg nach Jenra machen – zusammen mit der zweiten Sonde.«

»Aber nicht allein!« warf Danielle ein. »Ich komme mit.«

Augenblicklich schüttelte Spooky den Kopf. »Viel zu gefährlich! Es reicht, wenn ich gehe.«

Aphros hatte sich den Stadtplan von Jenra sehr genau eingeprägt. Einen Teil der winzigen Gassen hatte die Kamera jedoch nicht erfaßt, und da die Straßen zudem weder numeriert noch mit Namen versehen waren, hatte der Androide sich fast verirrt.

»Dschungel der Großstadt!« knurrte er unwillig, als er wieder einmal an einer Kreuzung stand und nicht recht wußte, wohin er sich wenden sollte. Flüchtig sah Aphros nach oben, versuchte sich nach dem Sonnenstand zu orientieren und ging geradeaus weiter. Ein Seitenblick hatte ihm gezeigt, daß die Querstraße leicht gekrümmt verlief, daher schlug Aphros eine Richtung ein, die auf das geometrische Zentrum dieser Krümmung zielte – sein Gedächtnis sagte ihm, daß er dort auch die rätselhafte Säule finden würde.

Nach etwas mehr als zehn Minuten Fußmarsch hatte er einen großen Platz erreicht. Unübersehbar erhob sich das Monument in der Mitte des Runds. Der blanke Stahl warf das Sonnenlicht zurück und überschüttete den Platz mit einer Flut farbiger Reflexe.

Während er noch überlegte, wie er sich unauffällig der Säule nähern konnte, kam ihm der Zufall zu Hilfe. Ein kleines Mädchen mit zerzaustem, ziemlich unsauberem Haar ging ohne jede Furcht auf den Androiden zu und faßte nach seiner Hand.

»Hallo!« sagte das Mädchen einfach. »Ich bin Peko! Und wer bist du?«

»Aphros«, sagte der Androide überrascht. Ihm kam ein Gedanke. Vielleicht war die Kleine ganz nützlich.

»Hör mal, Peko«, meinte der Androide freundlich; vertrauensvoll lächelte das Mädchen ihn an. »Willst du mit mir gehen und mir alles zeigen – ich kenne mich noch nicht ganz aus.«

»Gern, Aphros«, antwortete die Kleine heiter. »Komm!«

Während er dem Mädchen folgte, sah er unwillkürlich nach oben. Er dachte an seine Freunde im Schiff, die jetzt vermutlich vor den Optiken saßen und sich vor Lachen bogen.

Pekos Redefluß war kaum zu stoppen; laut ihrem Geplapper hatte ihr Vater sieben Frauen und eine entsprechend große Kinderzahl. Das Kind schnurrte eine endlos erscheinende Namensliste herunter. Auf diese etwas anstrengende Art überquerte Aphros den Platz, und schließlich standen die beiden vor der Säule.

Sie bestand tatsächlich aus einem einzigen Block aus Stahl. Die gesamte Oberfläche wies nicht eine einzige Schramme auf. Zudem schimmerte das Metall, als seien jeden Tag Sklaven-Tausendschaften nur damit beschäftigt, den Block auf Hochglanz zu polieren.

»Schön, nicht?« fragte Peko arglos.

»Ja«, sagte Aphros nickend. »Wollen wir ein Spiel spielen?«

»Fein!« strahlte die Kleine. »Was wollen wir denn spielen?«

»Ich stelle dir jetzt ein paar Fragen«, erklärte Aphros, »und wenn du die richtige Antwort weißt, kaufe ich dir für jede richtige Antwort ein Bonbon!«

»Und wenn ich etwas Falsches sage?« wollte Peko wissen. »Muß ich dann ein Bonbon zurückgeben?«

Aphros schüttelte den Kopf. »Was du gewonnen hast, kannst du behalten! Machst du mit?«

»Fang an!« forderte das Mädchen ihn auf und lächelte schelmisch. »Du mußt sehr dumm sein, Aphros, daß du das Spiel spielen willst.«

Nachdem der Androide diese fundierte Stellungnahme verarbeitet hatte, erkundigte er sich: »Wieso bin ich dumm?«

»Ätsch!« meinte Peko selbstsicher. »Weil nämlich jeder alles über das da weiß. Darum nämlich!«

»Eins«, zählte Aphros laut. »Also: Was ist das?«

»Zwei«, rechnete Peko vor. »Das Monument.«

Himmel, dachte der Androide, wenn die Kleine die ganze Geschichte des Klotzes in einzelne Informationsstücke zerteilt, verliere ich ein Vermögen an Bonbons.