»Was bitte?« wollte der Androide von Mainares wissen.
»Ich habe die Aufgabe«, sagte die Kunstfrau, »dafür zu sorgen, daß sich auf dieser Welt nichts ändert. Dadurch sollte ein weiterer Krieg mit den Tanaern verhindert werden. Dieser Auftrag ist nun hinfällig. Da ich keine weitergehenden Befehle habe, kann ich nun nach eigenem Ermessen handeln.«
»Klingt vielversprechend«, meinte Aphros zweifelnd. »Welche Mittel stehen dir zur Verfügung?«
»Zunächst einmal kann ich die Dauerbeeinflussung der Bevölkerung einstellen«, sagte die Androidin. »Das dürfte schon ausreichen, um die herrschende Ordnung ins Wanken zu bringen. Außerdem stehen mir einige hundert Roboter zur Verfügung. Zu meinem kleinen Reich gehört nicht nur das Monument – die Anlagen reichen tief unter den Boden der Hauptstadt.«
»Sind die Roboter bewaffnet?«
Sie nickte. »Allerdings nur mit Waffen, die betäuben oder kampfunfähig machen«, schränkte sie ein. »Tödliche Waffen können nur in extremen Fällen ausgegeben werden.«
»Das wird gegen die Energiewaffen der Makarer nur wenig helfen«, bemerkte Aphros mit leichter Besorgnis. »Sind wenigstens für dich und mich bessere Waffen verfügbar?«
»Ich habe ein halbes Dutzend Handfeuerwaffen«, erklärte sie. »Und die Ausrüstung der Makarer kann ich mit einem Knopfdruck unschädlich machen. Unsere Erbauer haben an alles gedacht!«
»Hört sich gut an«, bestätigte Aphros. »Jetzt müßte ich nur noch meine Freunde verständigen können. Läßt sich das arrangieren?«
Die Frau schüttelte zweifelnd den Kopf. »Ich kann zwar einen Funkspruch absetzen. Aber den könnten die Makarer abhören. Wir sollten sie nicht vorzeitig warnen.«
»Dann muß ich eben zum Schiff zurückmarschieren«, überlegte Aphros halblaut. »Eine heikle Angelegenheit – draußen vor dem Monument steht bestimmt eine lynchwütige Menge.«
»Überflüssig!« entgegnete die Androidin. »Wir können die Stadt unterirdisch verlassen – ein Ausgang des Korridorsystems mündet in die Schlucht, in der ihr euer Schiff versteckt habt.«
Die Androidin führte Aphros durch die Gänge der Station unterhalb des Monuments, die im Wesentlichen der Station auf Mainares glich. Während des Marsches aktivierte das Mädchen die Roboter über den Hauptcomputer. Nacheinander schlossen sich die Maschinen den beiden an; im Vergleich zu den vollkommen humanoiden Androiden wirkten sie überaus barbarisch.
»Wir nähern uns dem Ausgang«, verkündete die Androidin nach einer halben Stunde Fußmarsch.
Bisher waren die beiden Kunstmenschen durch stahlverkleidete Korridore gegangen; doch auf den letzten hundert Metern waren nur grob aus dem Felsen gehauene Wände zu erkennen. Der Gang endete an einer massiv aussehenden Felsplatte; als die Androidin herantrat, schwang der Block lautlos zur Seite. Sie schaltete einen Handscheinwerfer ein und schritt voraus in das Dunkel.
Erst nach weiteren einhundert Metern erkannte Aphros, wo er sich befand. Das Licht, das von außen in die Höhle fiel, riß etliche Ausrüstungsgegenstände aus dem Dunkel, die Aphros sehr bekannt erschienen – in dieser Höhle hatten er und seine Freunde ihr Hauptquartier eingerichtet. Amüsiert ging der Androide bis zum Höhleneingang und wartete auf die Reaktion seiner Freunde. Er brauchte nicht lange zu warten – drei Minuten später stürzten Giri und Sirghia auf ihn und schlossen ihn in die Arme.
»Wo hast du gesteckt?« erkundigte sich Giri nach der Begrüßung. »Wir sahen, wie du hinter dem Energieschirm verschwandest, dann haben wir nichts mehr von dir gehört. Und wer ist diese Frau?«
»Eine Kollegin von mir!« stellte Aphros vor. »Ich taufe sie hiermit auf den Namen Azla.«
In der Sprache seiner Erbauer bezeichnete dieses Wort eine nicht ungefährliche Spezies von Wildkatzen; daß die Namenswahl durchaus berechtigt war, bewies die Frischbenannte Sekunden später, als sie Aphros ihren Ellbogen in die Weichen stieß.
Giri sah auf die Uhr an seinem Handgelenk. »Wir haben keine Zeit mehr für lange Vorstellungen. Wir müssen zusehen, wie wir Danielle und Spooky helfen!«
»Helfen?« meinte Aphros verblüfft. »Wieso helfen?«
Giri erzählte den beiden Androiden kurz, was sich nach Aphros’ Verschwinden zugetragen hatte; Azla hörte interessiert zu, dann entwickelte sie ihren Plan.
8.
Allein der Geruch reichte aus, den Terraner zu zermürben; das faulig stinkende Wasser der Bilge, das ihm um die Füße schwappte, verursachte einen widerwärtigen Brechreiz, den Spooky nur mit größter Mühe unterdrücken konnte. In dem spärlichen Licht, das durch die hölzernen Luken in den Schiffsbauch hinabstrahlte, konnte er gelegentlich die halbverwesten Kadaver von Ratten entdecken. Noch lebende Tiere huschten quiekend durch den Kielraum.
Hinzu kam die buchstäblich atemberaubende Enge; Spooky schätzte, daß sein Körper nur noch eine einzige Fläche voll brauner und blauer Flecken sein konnte, so oft waren beim Schaukeln des Schiffes knochige Körper gegen ihn geprallt. In seinem Oberarm steckte ein zentimeterlanger Holzsplitter – beim Überholen des Schiffes war der Terraner gegen die Bordwand gefallen, wobei sich der Span unter die Haut gebohrt hatte.
»Verfluchte Seefahrt!« knurrte der Terraner.
Über seinem Kopf erklangen laute Kommandoworte; das Klirren von Waffen verstärkte sich, gleichzeitig erhöhte der Mann an der Pauke die Schlagzahl. Das Klatschen der Peitsche wurde häufiger. Obwohl das Handelsschiff den Kurs änderte und sein Heil in der Flucht suchte, verringerte sich der Abstand unaufhaltsam. Es war nur noch eine Frage der Zeit, wann die beiden Schiffe aufeinanderprallen mußten.
»Da sind sie!« stellte Sirghia erleichtert fest.
Die Sonde war zurückgerufen worden; dann war die PERONAIOS gestartet und hatte sich den Schiffen genähert. An Bord befanden sich außer Giri und Sirghia auch die beiden Androiden – außerdem hielt sich in den Gängen ein Dutzend Roboter auf.
Die Außenbordkameras hatten die beiden Galeeren erfaßt und warfen die Bilder auf den großen Frontschirm. Giri veränderte die Feineinstellung und suchte nach Spooky; als die Kamera langsam über alle Ruderbänke gestrichen hatte, wußte er, daß sein Freund einstweilen noch nicht zum Rudern eingeteilt worden war.
Über die Schulter hinweg erkundigte sich der Morcone: »Sind die Robots einsatzklar?«
»Klar!« gab Azla schnell zurück. »Die Waffen haben frische Magazine, und die Ortungsschutzgeräte arbeiten einwandfrei.«
»Fein«, murmelte Giri grinsend; seit dem Auftauchen der Androidenfrau hatte sich seine Stimmung schlagartig gebessert – immerhin hatten sich seine Handlungsmöglichkeiten wesentlich verbessert. Azla hatte die Aufgabe übernommen, das Bordradar zu überwachen.
»Der Verkehr ist völlig normal«, meldete sie. »Von den Makarern hat uns bis jetzt keiner bemerkt.«
Die beiden Galeeren hatten sich einander bis auf Pfeilschußweite angenähert. Enternetze wurden an den Bordwänden ausgebracht.
Mit kurzen Stößen aus den Korrekturtriebwerken der PERONAIOS drehte Giri das Schiff so, daß die große Ladeluke genau über den Köpfen der Galeerenbesatzung war. Im Laderaum selbst sammelten sich die Roboter. Der Morcone wartete, bis sich die beiden Galeeren auf Rufweite einander genähert hatten, dann gab er das verabredete Zeichen.
Die Ladeluke öffnete sich, und sechs Roboter ließen sich auf das Deck der Galeere fallen; dann bewegte Giri die PERONAIOS rasch dreißig Meter weit seitwärts, und Sekunden später landeten sechs weitere Robots auf dem Deck der anderen Galeere.
»Hoffentlich kommt keiner zu Schaden!« sagte Aphros leise. Gespannt starrten die vier auf die Bildschirme.
Auf den Galeeren entbrannte ein erbittertes Handgemenge. Gut zwanzig Soldaten hatten sich auf dem Deck aufgehalten, nach wenigen Sekunden lag die Hälfte von ihnen auf dem hölzernen Boden – mit gezielten Schockschüssen hatten die Robots sie außer Gefecht gesetzt. Der Rest aber kämpfte verbissen – ein präziser Schuß traf einen Robot an einer empfindlichen Stelle. Die Maschine feuerte plötzlich wild herum, torkelte und ging nach einem Fehltritt über Bord. Ein Soldat sprang auf, rannte im Zickzack über das Deck und schwang sein Schwert gegen den Schädel eines anderen Robots; klirrend zersprang das Eisen, und die Sekunde der Überraschung und des Schmerzes im Handgelenk reichte für einen weiteren Robot aus, den Angreifer zu betäuben.