Der ganze Kampf dauerte nur wenige Minuten – zwei Soldaten sprangen über Bord, um sich nicht ergeben zu müssen. Erst nachdem sie sich davon überzeugt hatten, daß unter ihren betäubten Kameraden kein Massaker veranstaltet wurde, griffen sie nach den Seilen, die an der Bordwand herabhingen, und enterten auf, um sich gefangennehmen zu lassen.
Auf der anderen Galeere dauerte der Kampf nur wenig länger, dann war auch dort jeglicher Widerstand gebrochen. Die Robots nahmen den Betäubten die Energiewaffen ab und warfen sie über Bord, und jeder einzelne Wurf wurde von den angeketteten Sträflingen mit lautem Jubel begrüßt.
»Schickt die anderen nach!« schrie eine haßerfüllte Stimme. »Sie haben es nicht besser verdient!«
Die Robots folgten diesem Vorschlag nicht – ihre Programmierung verbot ihnen, ohne unmittelbare Gefahr für einen anderen Menschen auf irgendeine Art ein intelligentes Wesen zu töten. In diesem Fall hätten große Raubfische, die sehr bald das umliegende Meer unsicher machten, die Arbeit des Henkers übernommen. Das Auftauchen der vielfach gezackten Flossen auf dem Wasserspiegel war auch das entscheidende Argument für die widerwillige Rückkehr der beiden Soldaten gewesen.
»Jetzt bin ich dran!« sagte Azla. Sie verließ die PERONAIOS und ließ sich auf eine Galeere niedersinken; unwillkürlich mußte Giri grinsen, als er das gellende Pfeifen hörte, mit dem das Auftauchen der Androidin von den Sträflingen begrüßt wurde.
Azla sprach eine halbe Stunde lang; sie setzte ihre mentalen Fähigkeiten rücksichtslos ein, versuchte alles, was in ihrer Kraft stand, um die Männer zu überzeugen. Nach ihren ersten Sätzen waren noch wütende Proteste zu hören gewesen, die sich nach und nach in beifälliges Murmeln verwandelten. Die Androidin gab den Robots ein Zeichen; sofort machten sich die Maschinenwesen daran, die Ketten der Rudersklaven zu lösen.
»Öffnet die Luken, Männer!« kommandierte Azla. »Auch die anderen sollen wieder frei sein!«
Bald waren auch die Eingesperrten an Deck. Als einer der letzten erschien Spooky, der sich kaum auf den Beinen halten konnte. Seine Kleidung war zerfetzt, naß und strömte einen widerwärtigen Geruch aus; aus der noch immer offenen Wunde am Arm sickerte ein dünner Blutstreifen. Der Terraner blinzelte, als er nach Stunden in der Dunkelheit wieder im grellen Sonnenlicht stand.
Dann bemerkte er das Mädchen und sah auch die Robots; die an Deck herumliegenden Soldaten sagten ihm einiges. Unwillkürlich sah er nach oben, dann wieder zurück auf das Mädchen.
»Ich nehme an«, sagte er mit rauher Stimme, »daß die PERONAIOS über uns schwebt.«
Er hatte seine Heimatsprache benutzt; wenn das Mädchen mit dem Monument etwas zu tun hatte, dann mußte sie ihn verstehen.
»Richtig geraten, Freund!« meinte Azla. »Ich glaube, du brauchst jetzt als erstes einen Arzt.«
»Und eine Zigarette«, sagte Spooky schwach grinsend. »Was kommt nun?«
Azla erklärte es ihm.
Während Spooky von Sirghia versorgt wurde, rüsteten die Robots die Männer auf den Galeeren mit Schockwaffen aus. Gleichzeitig wurden dicke Trossen an den Bugspriets der Galeeren befestigt und zu dem Raumschiff hochgeworfen. Robots befestigten die Trossen im Laderaum; die Luke blieb offen, während die PERONAIOS sehr behutsam Fahrt aufnahm. Die Trossen strafften sich, dann setzten sich die Galeeren langsam in Fahrt.
Langsam begann das Mittel zu wirken, das Sirghia dem verletzten Terraner in die Umgebung der verletzten Stelle gespritzt hatte; die Frau von Morcos tastete vorsichtig die Verletzung ab, verstärkte den Druck, als sie sah, daß Spooky nicht schmerzerfüllt zusammenzuckte, und nickte dann zufrieden. Sie hatte sich bereits ein Skalpell aus der Bordapotheke bereitgelegt; interessiert sah der Terraner zu, als das Mädchen mit einem raschen Schnitt die Haut der Länge nach öffnete.
Rasch und sicher legte Sirghia den Holzsplitter frei, dann holte sie den faserigen Span heraus. Der Rest der Notoperation war einfach – das Mädchen sprühte eine Plasmamasse in die offene Wunde. Das Mittel wirkte schmerzlindernd und tötete Infektionskeime ab. Dann wurde die Wunde mit einigen Stichen vernäht – über die Naht sprühte Sirghia eine zweite Lage Plasma.
»Es wird eine schöne Narbe geben«, meinte Spooky. »Immerhin – ein unübersehbarer Beweis für meine Heldenhaftigkeit!«
»So leid es mir tut«, griff Sirghia ein, »aber du wirst damit nicht sehr renommieren können. Das einzige, was man in ein paar Tagen noch sieht, werden die Einstiche der Naht sein – mehr nicht.«
»Also nichts mit Schmucknarben und so?« fragte Spooky mit gespielter Niedergeschlagenheit. »So fortschrittlich hätte ich mir die Medizin nun doch wieder nicht gewünscht! Was machen die Galeeren? Folgen sie uns noch?«
»Brav wie Schoßhündchen«, bestätigte Giri. »Der Schlepp wird allerdings bald ein Ende haben – allmählich kommt das Leuchtfeuer der Hauptstadt in Sicht!«
In der hereinbrechenden Dämmerung war das offene Feuer auf dem großen Turm deutlich zu erkennen. Da die Galeeren selbstverständlich kein Feuer an Bord vertrugen und daher erst auf kürzere Entfernung auszumachen waren, konnte die PERONAIOS die beiden Schiffe noch eine kurze Strecke weit schleppen. Dann stiegen die Robots auf das Raumschiff um, nachdem sie zuvor die wieder erwachten Besatzungen der beiden Galeeren sicher in den üblen Kielräumen untergebracht hatten.
Azla und Aphros blieben an Bord der Galeeren, während die PERONAIOS wieder aufstieg und über die Hauptstadt flog. Spooky, dessen Arm langsam seine Beweglichkeit wiedererlangte, gab Giri die Richtung zur Residenz des Goldenen an. Über dem ausgedehnten Park der Palastanlage, der von einigen tausend Sklaven und Unfreien betreut wurde, verharrte das Schiff.
Sirghia erklärte sich bereit, an Bord zu bleiben, während Giri und Spooky zusammen mit dem Roboter-Dutzend das Schiff verließen und sich im Schutz der Deflektoren im Park versteckten.
Dann blieb ihnen nichts anderes übrig, als zu warten.
Eine Stunde nach dem Lösen der Schlepptrossen liefen die beiden Galeeren in den Hafen der Hauptstadt ein. Einige Sträflinge hatten sich der Uniformen der Soldaten bemächtigt und kommandierten die Galeeren; ihre Mithäftlinge trugen wieder die gewohnten Ketten – diesmal allerdings offen; sie konnten sie jederzeit abstreifen. Unter den Ruderbänken waren die Schockwaffen verborgen. Der Mann an der Pauke war nicht ausgewechselt worden – er schlug weiter seinen Takt. Erheitert stellte Aphros fest, daß die Männer jetzt höhere Schlagzahlen zuwege brachten als unter den Peitschen der Soldaten. Auf der zweiten Galeere wehte die Flagge des Goldenen, darunter die frühere Fahne des Schiffes als Zeichen, daß die Galeere gekapert worden war.
Als Kommandanten der beiden Fahrzeuge hatte Aphros zwei Männer bestimmt, die früher einmal selbst Schiffe geführt hatten – unwichtige Kleinigkeiten hatten sie auf die Galeere gebracht. Auch hier war eine Veränderung festzustellen: Früher hatten die Kommandanten ihre Anweisungen gebrüllt, und nur murrend waren sie eher schlecht als recht befolgt worden. Jetzt klangen die Kommandos freundschaftlich, fast schon bittend, und sie wurden mit höchster Präzision befolgt.
Aphros musterte die Distanz zwischen Kaimauer und den Galeeren; es konnte nur noch wenige Minuten dauern, bis die beiden Schiffe vertäut waren.