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Hast wieder spioniert?

MEPHISTOPHELES:

Ich hab's ausführlich wohl vernommen,

Herr Doktor wurden da katechisiert;

Hoff, es soll Ihnen wohl bekommen.

Die Mädels sind doch sehr interessiert,

Ob einer fromm und schlicht nach altem Brauch.

Sie denken: duckt er da, folgt er uns eben auch.

FAUST:

Du Ungeheuer siehst nicht ein,

Wie diese treue liebe Seele

Von ihrem Glauben voll,

Der ganz allein

Ihr seligmachend ist, sich heilig quäle,

Daß sie den liebsten Mann verloren halten soll.

MEPHISTOPHELES:

Du übersinnlicher sinnlicher Freier,

Ein Mägdelein nasführet dich.

FAUST:

Du Spottgeburt von Dreck und Feuer!

MEPHISTOPHELES:

Und die Physiognomie versteht sie meisterlich:

In meiner Gegenwart wird's ihr, sie weiß nicht wie,

Mein Mäskchen da weissagt verborgnen Sinn;

Sie fühlt, daß ich ganz sicher ein Genie,

Vielleicht wohl gar der Teufel bin.

Nun, heute nacht —?

FAUST:

Was geht dich's an?

MEPHISTOPHELES:

Hab ich doch meine Freude dran!

AM BRUNNEN

Gretchen und Lieschen mit Krügen.

LIESCHEN:

Hast nichts von Bärbelchen gehört?

GRETCHEN:

Kein Wort. Ich komm gar wenig unter Leute.

LIESCHEN:

Gewiß, Sibylle sagt' mir's heute:

Die hat sich endlich auch betört.

Das ist das Vornehmtun!

GRETCHEN:

Wieso?

LIESCHEN:

Es stinkt! Sie füttert zwei, wenn sie nun ißt und trinkt.

GRETCHEN:

Ach!

LIESCHEN:

So ist's ihr endlich recht ergangen.

Wie lange hat sie an dem Kerl gehangen!

Das war ein Spazieren,

Auf Dorf und Tanzplatz Führen,

Mußt überall die Erste sein,

Kurtesiert ihr immer mit Pastetchen und Wein;

Bildt sich was auf ihre Schönheit ein,

War doch so ehrlos, sich nicht zu schämen,

Geschenke von ihm anzunehmen.

War ein Gekos und ein Geschleck;

Da ist denn auch das Blümchen weg!

GRETCHEN:

Das arme Ding!

LIESCHEN:

Bedauerst sie noch gar! Wenn unsereins am Spinnen war,

Uns nachts die Mutter nicht hinunterließ,

Stand sie bei ihrem Buhlen süß;

Auf der Türbank und im dunkeln Gang

Ward ihnen keine Stunde zu lang.

Da mag sie denn sich ducken nun,

Im Sünderhemdchen Kirchbuß tun!

GRETCHEN:

Er nimmt sie gewiß zu seiner Frau.

LIESCHEN:

Er wär ein Narr! Ein flinker Jung

Hat anderwärts noch Luft genung.

Er ist auch fort.

GRETCHEN:

Das ist nicht schön!

LIESCHEN:

Kriegt sie ihn, soll's ihr übel gehn,

Das Kränzel reißen die Buben ihr,

Und Häckerling streuen wir vor die Tür!

(Ab.)

GRETCHEN (nach Hause gehend):

Wie konnt ich sonst so tapfer schmälen,

Wenn tät ein armes Mägdlein fehlen!

Wie konnt ich über andrer Sünden

Nicht Worte gnug der Zunge finden!

Wie schien mir's schwarz, und schwärzt's noch gar,

Mir's immer doch nicht schwarz gnug war,

Und segnet mich und tat so groß,

Und bin nun selbst der Sünde bloß!

Doch — alles, was dazu mich trieb,

Gott! war so gut! ach, war so lieb!

ZWINGER

In der Mauerhöhle ein Andachtsbild der Mater dolorosa, Blumenkruge davor.

Gretchen steckt frische Blumen in die Kruge.

Ach neige,

Du Schmerzenreiche,

Dein Antlitz gnädig meiner Not!

Das Schwert im Herzen,

Mit tausend Schmerzen

Blickst auf zu deines Sohnes Tod.

Zum Vater blickst du,

Und Seufzer schickst du

Hinauf um sein' und deine Not.

Wer fühlet,

Wie wühlet

Der Schmerz mir im Gebein?

Was mein armes Herz hier banget,

Was es zittert, was verlanget,

Weißt nur du, nur du allein!

Wohin ich immer gehe

Wie weh, wie weh, wie wehe

Wird mir im Busen hier!

Ich bin, ach! kaum alleine,

Ich wein, ich wein, ich weine,

Das Herz zerbricht in mir.

Die Scherben vor meinem Fenster

Betaut ich mit Tränen, ach!

Als ich am frühen Morgen

Dir diese Blumen brach.

Schien hell in meine Kammer

Die Sonne früh herauf,

Saß ich in allem Jammer

In meinem Bett schon auf.

Hilf! rette mich von Schmach und Tod!

Ach neige,

Du Schmerzenreiche,

Dein Antlitz gnädig meiner Not!

NACHT. STRAßE VOR GRETCHENS TÜRE

Valentin, Soldat, Gretchens Bruder.

Wenn ich so saß bei einem Gelag,

Wo mancher sich berühmen mag,

Und die Gesellen mir den Flor

Der Mägdlein laut gepriesen vor,

Mit vollem Glas das Lob verschwemmt,

Den Ellenbogen aufgestemmt,

Saß ich in meiner sichern Ruh,

Hört all dem Schwadronieren zu

Und streiche lächelnd meinen Bart

Und kriege das volle Glas zur Hand

Und sage:»Alles nach seiner Art!

Aber ist eine im ganzen Land,

Die meiner trauten Gretel gleicht,

Die meiner Schwester das Wasser reicht?»

Topp! Topp! Kling! Klang! das ging herum;

Die einen schrieen:»Er hat recht,

Sie ist die Zier vom ganzen Geschlecht.»

Da saßen alle die Lober stumm.

Und nun! — um's Haar sich auszuraufen

Und an den Wänden hinaufzulaufen! —

Mit Stichelreden, Naserümpfen

Soll jeder Schurke mich beschimpfen!

Soll wie ein böser Schuldner sitzen

Bei jedem Zufallswörtchen schwitzen!

Und möcht ich sie zusammenschmeißen

Könnt ich sie doch nicht Lügner heißen.

Was kommt heran? Was schleicht herbei?

Irr ich nicht, es sind ihrer zwei.

Ist er's, gleich pack ich ihn beim Felle

Soll nicht lebendig von der Stelle!

Faust. Mephistopheles.

FAUST:

Wie von dem Fenster dort der Sakristei

Aufwärts der Schein des Ew'gen Lämpchens flämmert

Und schwach und schwächer seitwärts dämmert,

Und Finsternis drängt ringsum bei!

So sieht's in meinem Busen nächtig.