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Wir schweben und summen

Und kennen dich schon.

Nur einzeln im stillen

Du hast uns gepflanzt;

Zu Tausenden kommen wir,

Vater, getanzt.

Der Schalk in dem Busen

Verbirgt sich so sehr,

Vom Pelze die Läuschen

Enthüllen sich eh'r.

Mephistopheles

Wie überraschend mich die junge Schöpfung freut!

Man säe nur, man erntet mit der Zeit.

Ich schüttle noch einmal den alten Flaus,

Noch eines flattert hier und dort hinaus. —

Hinauf! umher! in hunderttausend Ecken

Eilt euch, ihr Liebchen, zu verstecken.

Dort, wo die alten Schachteln stehn,

Hier im bebräunten Pergamen,

In staubigen Scherben alter Töpfe,

Dem Hohlaug' jener Totenköpfe.

In solchem Wust und Moderleben

Muß es für ewig Grillen geben.

Komm, decke mir die Schultern noch einmal!

Heut bin ich wieder Prinzipal.

Doch hilft es nichts, mich so zu nennen;

Wo sind die Leute, die mich anerkennen?

Famulus

Welch ein Tönen! welch ein Schauer!

Treppe schwankt, es bebt die Mauer;

Durch der Fenster buntes Zittern

Seh' ich wetterleuchtend Wittern.

Springt das Estrich, und von oben

Rieselt Kalk und Schutt verschoben.

Und die Türe, fest verriegelt,

Ist durch Wunderkraft entsiegelt. —

Dort! Wie fürchterlich! Ein Riese

Steht in Faustens altem Vliese!

Seinen Blicken, seinem Winken

Möcht' ich in die Kniee sinken.

Soll ich fliehen? Soll ich stehn?

Ach, wie wird es mir ergehn!

Mephistopheles

Heran, mein Freund! — Ihr heißet Nikodemus.

Famulus

Hochwürdiger Herr! so ist mein Nam' — Oremus.

Mephistopheles

Das lassen wir!

Famulus

Wie froh, daß Ihr mich kennt!

Mephistopheles

Ich weiß es wohl, bejahrt und noch Student,

Bemooster Herr! Auch ein gelehrter Mann

Studiert so fort, weil er nicht anders kann.

So baut man sich ein mäßig Kartenhaus,

Der größte Geist baut's doch nicht völlig aus.

Doch Euer Meister, das ist ein Beschlagner:

Wer kennt ihn nicht, den edlen Doktor Wagner,

Den Ersten jetzt in der gelehrten Welt!

Er ist's allein, der sie zusammenhält,

Der Weisheit täglicher Vermehrer.

Allwißbegierige Horcher, Hörer

Versammeln sich um ihn zuhauf.

Er leuchtet einzig vom Katheder;

Die Schlüssel übt er wie Sankt Peter,

Das Untre so das Obre schließt er auf.

Wie er vor allen glüht und funkelt,

Kein Ruf, kein Ruhm hält weiter stand;

Selbst Faustus' Name wird verdunkelt,

Er ist es, der allein erfand.

Famulus

Verzeiht, hochwürdiger Herr! wenn ich Euch sage,

Wenn ich zu widersprechen wage:

Von allem dem ist nicht die Frage;

Bescheidenheit ist sein beschieden Teil.

Ins unbegreifliche Verschwinden

Des hohen Manns weiß er sich nicht zu finden;

Von dessen Wiederkunft erfleht er Trost und Heil.

Das Zimmer, wie zu Doktor Faustus' Tagen,

Noch unberührt seitdem er fern,

Erwartet seinen alten Herrn.

Kaum wag' ich's, mich hereinzuwagen.

Was muß die Sternenstunde sein? —

Gemäuer scheint mir zu erbangen;

Türpfosten bebten, Riegel sprangen,

Sonst kamt Ihr selber nicht herein.

Mephistopheles

Wo hat der Mann sich hingetan?

Führt mich zu ihm, bringt ihn heran!

Famulus

Ach! sein Verbot ist gar zu scharf,

Ich weiß nicht, ob ich's wagen darf.

Monatelang, des großen Werkes willen,

Lebt' er im allerstillsten Stillen.

Der zarteste gelehrter Männer,

Er sieht aus wie ein Kohlenbrenner,

Geschwärzt vom Ohre bis zur Nasen,

Die Augen rot vom Feuerblasen,

So lechzt er jedem Augenblick;

Geklirr der Zange gibt Musik.

Mephistopheles

Sollt' er den Zutritt mir verneinen?

Ich bin der Mann, das Glück ihm zu beschleunen.

Kaum hab' ich Posto hier gefaßt,

Regt sich dort hinten, mir bekannt, ein Gast.

Doch diesmal ist er von den Neusten,

Er wird sich grenzenlos erdreusten.

Baccalaureus

Tor und Türe find' ich offen!

Nun, da läßt sich endlich hoffen,

Daß nicht, wie bisher, im Moder

Der Lebendige wie ein Toter

Sich verkümmere, sich verderbe

Und am Leben selber sterbe.

Diese Mauern, diese Wände

Neigen, senken sich zum Ende,

Und wenn wir nicht bald entweichen,

Wird uns Fall und Sturz erreichen.

Bin verwegen, wie nicht einer,

Aber weiter bringt mich keiner.

Doch was soll ich heut erfahren!

War's nicht hier, vor so viel Jahren,

Wo ich, ängstlich und beklommen,

War als guter Fuchs gekommen?

Wo ich diesen Bärtigen traute,

Mich an ihrem Schnack erbaute?

Aus den alten Bücherkrusten

Logen sie mir, was sie wußten,

Was sie wußten, selbst nicht glaubten,

Sich und mir das Leben raubten.

Wie? — Dort hinten in der Zelle

Sitzt noch einer dunkel-helle!

Nahend seh' ich's mit Erstaunen,

Sitzt er noch im Pelz, dem braunen,

Wahrlich, wie ich ihn verließ,

Noch gehüllt im rauhen Vlies!

Damals schien er zwar gewandt,

Als ich ihn noch nicht verstand.

Heute wird es nichts verfangen,

Frisch an ihn herangegangen!

Wenn, alter Herr, nicht Lethes trübe Fluten

Das schiefgesenkte, kahle Haupt durchschwommen,

Seht anerkennend hier den Schüler kommen,

Entwachsen akademischen Ruten.

Ich find' Euch noch, wie ich Euch sah;

Ein anderer bin ich wieder da.

Mephistopheles

Mich freut, daß ich Euch hergeläutet.

Ich schätzt' Euch damals nicht gering;

Die Raupe schon, die Chrysalide deutet

Den künftigen bunten Schmetterling.

Am Lockenkopf und Spitzenkragen

Empfandet Ihr ein kindliches Behagen. —

Ihr trugt wohl niemals einen Zopf? —

Heut schau' ich Euch im Schwedenkopf.

Ganz resolut und wacker seht Ihr aus;

Kommt nur nicht absolut nach Haus.

Baccalaureus

Mein alter Herr! Wir sind am alten Orte;

Bedenkt jedoch erneuter Zeiten Lauf

Und sparet doppelsinnige Worte;

Wir passen nun ganz anders auf.

Ihr hänseltet den guten treuen Jungen;

Das ist Euch ohne Kunst gelungen,

Was heutzutage niemand wagt.

Mephistopheles

Wenn man der Jugend reine Wahrheit sagt,

Die gelben Schnäbeln keineswegs behagt,

Sie aber hinterdrein nach Jahren

Das alles derb an eigner Haut erfahren,