Выбрать главу

«Noch eine vorbeugende Maßnahme?«sagte Danielle ironisch.

«Willst du vielleicht Säure ins Gesicht gespritzt bekommen?«

«Nicht so gern.«

«Eben… Wir wissen nicht, womit Nanterre unterwegs ist. Und auf der Autobahn kann sich einer stundenlang unauffällig an uns hängen. Ich möchte nicht, daß er uns in den kleinen Straßen von Chiswick überrumpelt.«

Als wir die nächste Ausfahrt erreichten, drehte ich das Verfahren um, und Danielle beobachtete den Verkehr durch die Heckscheibe.

«Keiner ist uns auf den Fersen geblieben«, sagte sie.

«Gut.«

«Also können wir uns beruhigen?«

«Der Mann, der dich heute nacht abholen wird, heißt Swallow«, sagte ich.»Wenn der Wagen zum Studio kommt, sollen die starken Männer am Empfang den Fahrer nach seinem Namen fragen. Sagt er nicht Swallow, fragt bei dem Autoverleih nach.«

Ich zog meine Brieftasche hervor.»Die Firmenkarte ist vorne drin.«

Sie nahm die Karte und gab mir die Brieftasche zurück.

«Was hast du nicht bedacht?«

«Wenn ich das nur wüßte.«

Trotz des Umwegs in die falsche Richtung war es eine kurze Fahrt von Windsor nach Chiswick, und wir trafen gut eine Stunde vor halb sieben in den Straßen, die zum Studio führten, ein.

«Willst du schon reingehen?«fragte ich.

«Nein. Halt irgendwo an, von wo wir auf den Fluß schauen können.«

Ich fand eine Stelle, wo braunes, langsam stromauf gleitendes Wasser zu sehen war, das in der auflaufenden Flut die Schlammzone überschwemmte. Rauh schreiende Möwen flogen gegen den Wind.

«Ich muß, ehm. dir etwas sagen«, sagte Danielle nervös.

«Nein«, erwiderte ich gequält.

«Du weißt doch gar nicht, was.«

«Heute war ein Test«, sagte ich.

Danielle meinte langsam:»Ich vergesse manchmal, daß du Gedanken lesen kannst.«

«Kann ich nicht. Ganz selten. Das weißt du.«

«Gerade hast du es getan.«

«Es gibt bessere Tage als heute«, sagte ich verzagt.

«Und schlimmere.«

Ich nickte.

«Schau nicht so traurig«, sagte sie.»Das kann ich gar nicht sehen.«

«Ich gebe es auf, wenn du mich heiratest«, sagte ich.

«Ist das dein Ernst?«

«Ja.«

Sie schien nicht überglücklich. Anscheinend hatte ich in jeder Hinsicht verloren.

«Ich, ehm…«sagte sie leise.»Wenn du es nicht aufgibst, heirate ich dich.«

Ich dachte, ich hätte mich verhört.

«Was hast du gesagt?«wollte ich wissen.

«Ich sagte…«Sie unterbrach sich.»Willst du mich heiraten oder nicht?«

«Das ist eine saublöde Frage.«

Ich beugte mich zu ihr und sie sich zu mir, und wir küßten uns, als wären wir endlich daheim.

Ich schlug vor, wir sollten uns nach hinten setzen, und das taten wir, aber nicht zu gymnastischen Liebesspielen, sondern teils wegen der Helligkeit und der vielen Passanten, teils weil so wenig Platz war. Wir hielten einander in den Armen, was ich nach den vergangenen Wochen unglaublich fand und langweiligerweise auch x-mal sagte.

«Ich hatte das gar nicht vor«, meinte sie.»Als ich vom Lake District zurückkam, suchte ich nach einer Möglichkeit, dir zu sagen, es sei alles vorbei… ein Irrtum.«

«Was hat dich umgestimmt?«

«Ich weiß nicht… eine Menge Sachen. Daß ich so viel mit dir zusammen war… dich gestern vermißt hab… Seltsame Sachen… zu sehen, daß Litsi dich achtet… daß Betsy sagt, ich hätte Glück… und Joes Frau… sie hat sich übergeben, weißt du. Alles hoch. Alles raus. Sie schwitzte und fror… und sie ist schwanger… ich fragte sie, wie sie es fertigbringt, mit der Angst zu leben… sie sagte, wenn es hieße, Angst und Joe oder keine Angst, kein Joe, sei die Entscheidung einfach.«

Ich hielt sie fest. Ich konnte ihren Herzschlag spüren.

«Heute bin ich herumgewandert, hab mich umgeschaut«, sagte sie.»Mir überlegt, ob Rennbahnen und Winter und ständige Unruhe für mich ein Leben sind… wenn ich sehe, wie du auf die Pferde steigst, ohne zu wissen — ohne dich darum zu kümmern — ob es deine letzte halbe Stunde überhaupt sein wird… und du tust das fünf- oder sechshundert Mal im Jahr. Ich habe mir die anderen Jockeys auf dem Weg zum Führring angesehen, und sie sind alle wie du, vollkommen ruhig, als ob sie ins Büro gehen.«

«Viel besser als ein Büro.«

«Ja, für dich. «Sie küßte mich.»Du kannst dich bei Tante Casilia bedanken, die mich so beschämt hat, daß ich wieder zum Rennen gegangen bin… aber am meisten bei Joes Frau. Ich habe mir heute genau überlegt, wie das Leben ohne dich wäre. keine Angst, kein Kit. um es mit ihr zu sagen… da nehme ich wohl die Angst in Kauf.«

«Und übergibst dich.«

«Alles hoch, alles raus. Sie meinte, irgendwann erleben das alle eure Frauen mal. Und umgekehrt auch einige Männer, nehme ich an, die mit Reiterinnen verheiratet sind.«

Es war merkwürdig, fand ich, wie das Leben sich von einer Sekunde auf die nächste vollkommen ändern konnte. Der Unglücksnebel des vergangenen Monats war verschwunden wie zerrissene Spinnweben. Ich fühlte mich wunschlos, wunderbar glücklich, sogar mehr noch als am Anfang. Vielleicht mußte man wirklich etwas verloren und wiedererlangt haben, um diese Art Freude zu kennen.

«Du überlegst es dir doch nicht mehr anders?«sagte ich.

«Nein«, antwortete sie und zeigte mir unter den ungünstigsten Raumverhältnissen noch eine ganze Weile, daß es ihr Ernst damit war.

Ich begleitete sie schließlich in ihr Studio und fuhr danach, von Euphorie getragen, in Richtung Eaton Square, kehrte aber rechtzeitig auf die Erde zurück, um sorgfältig und methodisch an dem gewohnten Platz in der Garagengasse zu parken.

Ich stellte den Motor ab und sah geistesabwesend auf meine Hände, dachte eine Zeitlang an das, was möglicherweise bevorstand. Dann rief ich mit einem inneren Schauder im Haus an und erreichte sofort Litsi, als hätte er schon gewartet.

«Ich bin in der Gasse«, sagte ich.

Kapitel 20

Wir wußten nicht, wie er kommen würde oder wann oder ob überhaupt.

Wir hatten ihm eine Gelegenheit geboten und ihm ein Motiv verschafft. Ihm eine Zeit und auch einen Ort genannt, wo er ein hartnäckiges Hindernis beiseite räumen konnte; ob er aber die indirekte Einladung annehmen würde oder nicht, wußte der Himmel.

Henri Nanterre… schon sein Name klang bedrohlich.

Ich dachte über ihn in Windsor nach, wie er sich einen Weg durch die Zuschauer auf der Tribüne gebahnt hatte, von unten her, von der Seite, immer auf Danielle zu. Ich dachte, daß er bis zu diesem Tag vielleicht nicht mit Bestimmtheit gewußt hatte, wie sie aussah. Er hatte sie am vorhergehenden Montag im Dunkeln gesehen, als er die Ventile ihrer Reifen geöffnet und sie verfolgt hatte, aber er hatte sie an ihrem Wagen erkannt, nicht an ihrem Gesicht.

Wahrscheinlich hatte er sie mit Litsi in Bradbury gesehen, aber vielleicht nicht aus der Nähe. Daß sie die junge Frau bei Litsi war, hatte er sich wohl denken können, da Beatrice ihm gesagt hatte, sie würden zusammen mit mir dorthin fahren.

Nanterre hatte womöglich nicht geahnt, daß Danielle mit mir nach Windsor gekommen war, bis er uns wiederholt im Führring und beim vierten Rennen auf der Tribüne gesehen hatte. Er konnte nicht mit vorgefaßten Plänen nach Windsor gekommen sein, aber was er getan hätte, wenn er Danielle erreicht hätte, war Stoff für einen Alptraum.

Als ich diesen Gedanken nachhing, saß ich nicht mehr in meinem Wagen, sondern auf einem Schaumgummikissen am Boden der Garage, in der Danielle ihren kleinen Ford unterstellte. Ein Flügel des Garagentors stand etwa eine Handbreit offen, so daß ich den Mercedes sehen konnte und, mit Blick auf die Straßeneinfahrt, einen ganzen Teil der Gasse. Einige Leute kamen von der Arbeit heim, sperrten ihre Garagen auf, setzten die Autos rein, schlossen das Tor ab. Andere hielten es umgekehrt und fuhren für den Abend aus. Die Autoschlosser waren längst fort, ihre Garagen lagen still. Mehrere Autos parkten wie der Mercedes im Freien, dicht an den Seiten der Gasse, so daß in der Mitte eine schmale Durchfahrt blieb.