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Das sah ich allerdings ein.

«Einer unserer älteren Manager rief mich vor einem Monat an und fragte, ob ich wirklich vorhätte, Waffen herzustellen. Ich wußte von nichts. Dann schickte Henri Nanterre einen Anwaltsbrief, in dem er formell um meine Zustimmung bat. Ich schrieb zurück, die gäbe ich niemals, und dachte, damit sei die Angelegenheit erledigt. Es kommt nicht in Frage, daß die Firma ohne mein Einverständnis Waffen produziert. Aber meiner Frau zu drohen!«

«Was waren das für Drohungen?«fragte ich.

«Henri Nanterre«, antwortete die Prinzessin leise,»hat mir gesagt, er sei sicher, ich würde meinen Mann zu der Unterschrift überreden, denn ich wollte doch wohl nicht, daß einer meiner Angehörigen — oder jemand, der für mich arbeitet —, einen Unfall hätte.«

Kein Wunder, daß sie erschüttert gewesen war, dachte ich. Waffen, Gewaltandrohungen, möglicher Ehrverlust; alles weit entfernt von ihrem behüteten, sicheren und achtbaren Alltag. Henri Nanterre mit seinem markanten Gesicht und seiner herrischen Stimme mußte sie mindestens schon eine Stunde bearbeitet haben, bevor ich in ihre Loge kam.

«Was war denn mit Ihren Freunden in Newbury?«fragte ich sie.»Ihren Logengästen.«

«Die hat er weggeschickt«, sagte sie müde.»Er sagte, er müsse mich dringend sprechen, und sie sollten nicht wiederkommen.«

«Und sie sind gegangen.«

«Ja.«

Nun… ich war auch gegangen.

«Ich wußte nicht, wer er war«, sagte die Prinzessin.»Ich habe mich von ihm überrumpeln lassen. Er kam hereingestürmt, warf die andern raus und erstickte alle meine Einwände und Fragen. Mir ist noch…«sie erschauerte.»Mir ist so jemand noch nie begegnet.«

Henri Nanterre hatte selber ziemlich viel von einem Terroristen, fand ich. Terrormache jedenfalls: Brüllen, Drängen, Drohungen.

«Was haben Sie ihm gesagt?«fragte ich, denn wenn irgend jemand einen Terroristen mit Worten bändigen konnte, dann war sie das.

«Ich weiß es nicht. Er hat nicht zugehört. Er hat einfach alles überschrien, was ich sagen wollte, bis ich schließlich still war. Es war zwecklos. Wenn ich versuchte aufzustehen, schubste er mich zurück. Wenn ich redete, fuhr er mir über den Mund. Er sagte immer und immer wieder das gleiche… Als Sie in meine Loge kamen, war ich völlig benommen.«

«Ich hätte bleiben sollen.«

«Nein… nur gut, daß Sie weggegangen sind.«

Sie sah mich ruhig an. Vielleicht hätte ich buchstäblich mit ihm kämpfen müssen, dachte ich, und vielleicht den Kampf verloren, und das hätte bestimmt keinem geholfen. Trotzdem hätte ich bleiben sollen.

Gerald Greening räusperte sich, legte das Klemmbrett auf ein Tischchen und begann wieder an der Wand hinter meiner linken Schulter auf den Fersen zu wippen.

«Prinzessin Casilia hat mir erzählt«, sagte er, indem er mit Geldstücken in seiner Hosentasche klimperte,»daß ihr Jockey im letzten November zwei böse Zeitungsbarone, einen bösen Kredithai und verschiedene böse Schläger ausgetrickst hat.«

Ich drehte den Kopf und fing seinen Blick auf, der ungläubig strahlte. Ein Spaßvogel, dachte ich. Nicht das, was ich mir bei einem Anwalt gewünscht hätte.

«Es ergab sich so«, sagte ich neutral.

«Und, dürsten die immer noch nach Ihrem Blut?«Seine Stimme hatte einen frotzelnden Unterton, als könnte niemand die Geschichte der Prinzessin ernst nehmen.

«Nur der Kredithai, soviel ich weiß«, sagte ich.

«Maynard Allardeck?«

«Sie haben von ihm gehört?«

«Ich kenne ihn«, sagte Greening leicht auftrumpfend.»Ein vernünftiger, reizender Mensch, möchte ich meinen. Ganz und gar kein Schurke.«

Ich äußerte mich nicht dazu. Ich vermied es nach Möglichkeit, über Maynard zu reden, nicht zuletzt, weil jedes Wort ihm zu Ohren kommen und als prozeßreife Beleidigung ausgelegt werden konnte.

«Jedenfalls«, sagte Greening, am Rand meines Gesichtsfelds wippend, mit offenkundiger Ironie,»hätte Prinzessin Casilia jetzt gern, daß Sie auf schnellem Roß zu Hilfe eilen und Monsieur de Brescou von dem abscheulichen Nanterre befreien.«

«Nein, nein«, protestierte die Prinzessin. Sie setzte sich aufrechter hin.»Gerald, davon habe ich nichts gesagt.«

Ich stand langsam auf und wandte mich Greening unmittelbar zu, und ich weiß nicht genau, was er sah, aber er hörte auf zu wippen, nahm die Hände aus den Taschen und sagte in abrupt verändertem Ton:»Sie hat das zwar nicht gesagt, aber sie möchte es zweifellos. Und ich gebe zu, daß ich das Ganze bis zu diesem Moment ein bißchen für einen Scherz gehalten habe. «Er sah mich verlegen an.»Hören Sie, mein Lieber, vielleicht habe ich mich geirrt.«

«Kit«, sagte die Prinzessin hinter mir,»bitte nehmen Sie Platz. Darauf wollte ich ganz bestimmt nicht hinaus. Ich habe nur überlegt… Oh, nun setzen Sie sich doch.«

Ich setzte mich hin, beugte mich zu ihr und sah in ihre bekümmerten Augen.»Es ist Ihr Wunsch«, sagte ich billigend.»Sie möchten es. Ich werde tun, was ich kann, um Ihnen zu helfen. Aber ich bin immer noch… ein Jockey.«

«Sie sind ein Fielding«, sagte sie überraschend.»Das hat Gerald gerade eben gesehen. Dieses Etwas… Bobby sagte mir, es sei Ihnen nicht bewußt. «Sie brach in einiger Verwirrung ab. Unter normalen Umständen redete sie nie so mit mir.»Ich wollte Sie bitten«, sagte sie mit sichtlich wiederkehrender Gelassenheit,»daß Sie Ihr Möglichstes tun, damit es keine >Unfälle< gibt. Daß Sie darüber nachdenken, was passieren könnte, uns darauf hinweisen und uns beraten. Wir brauchen jemanden wie Sie, der sich vorstellen kann.«

Sie schwieg. Ich wußte genau, was sie meinte, aber ich sagte:»Haben Sie daran gedacht, die Polizei einzuschalten?«

Sie nickte stumm, und hinter mir sagte Gerald Greening:»Ich rief sie unverzüglich an, nachdem Prinzessin Casilia mir berichtet hatte, was vorgefallen war. Gut, meinten sie, wir haben alles notiert.«

«Keine konkreten Maßnahmen?«tippte ich an.

«Sie seien eingedeckt mit tatsächlich begangenen Verbrechen, sagen sie, aber sie würden das Haus hier auf ihre Überwachungsliste setzen.«

«Und da haben Sie wohl einen ziemlich guten Platz bekommen?«

«So gut ich das heute abend hinbiegen konnte.«

Es gab keine Möglichkeit, überlegte ich, irgend jemanden auf Dauer gegen Mordanschläge zu schützen, aber ich bezweifelte, ob Henri Nanterre entschlossen war, so weit zu gehen, schon weil ihm das nicht unbedingt nützte. Wahrscheinlich dachte er nur, ein gelähmter alter Mann und eine weltfremde Frau seien leicht einzuschüchtern, und unterschätzte damit sowohl den Mut der Prinzessin wie das unbeugsame Ehrgefühl ihres Mannes. Ein Mensch von wenig Skrupeln faßte moralischen Widerstand wohl eher als vorübergehenden, austreibbaren Starrsinn auf, nicht als fest verankertes Hindernis.

Ich bezweifelte, ob er tatsächlich in diesem Augenblick» Unfälle «plante; er würde die Drohungen für ausreichend halten. Wie schnell würde er merken, daß sie es nicht waren?

Ich sagte zur Prinzessin:»Hat Nanterre Ihnen eine Zeit genannt? Hat er gesagt, wann und wo Monsieur den Antrag unterschreiben soll?«

«Ich werde nicht unterschreiben«, murmelte Roland de Brescou.

«Nein, Monsieur, aber das weiß Henri Nanterre noch nicht.«

«Er sagte mir«, antwortete die Prinzessin schwach,»daß ein Notar die Unterschrift meines Mannes beglaubigen müßte. Er werde das in die Wege leiten und uns Bescheid geben.«

«Ein Notar? Ein französischer Anwalt?«

«Ich weiß es nicht. Mit meinen Bekannten sprach er englisch, aber als sie fort waren, fing er auf französisch an, und ich sagte ihm, er solle englisch sprechen. Ich kann ja Französisch, aber wie Sie wissen, ziehe ich das Englische vor, das mir zur zweiten Natur geworden ist.«