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»Der Lieutenant hat recht«, sagte Jacob voller Zorn, während er das Fernrohr an Martin weitergab. »Sie und Ihr Boß sind nicht besser als tollwütige Hunde!«

Tom ging nicht darauf ein und sagte: »Wenn Sie das Leben der Frau und des Bastards schützen wollen, sollten Sie unsere Bedingungen erfüllen.«

»Was sind das für Bedingungen?« fragte Slyde zähneknirschend.

Tom lächelte siegesgewiß. »Sie geben keinen einzigen Schuß auf uns ab. Und Sie schleppen die ONTARIO mit Ihrem Schiff ins Freie. Danach fahren Sie zurück nach Louisville.«

»Was ist mit der Frau und dem Kind?«

»Wir setzen sie irgendwo an Land ab, wenn wir uns in Sicherheit fühlen.«

Slyde schüttelte energisch den Kopf. »Das ist unannehmbar.«

»Wenn Sie nicht darauf eingehen, läßt Mr. Quidor das Kind töten, hat er gesagt. Und danach ist das Dutchgirl dran, wenn Sie immer noch nicht Spuren.«

Slyde wollte wütend etwas erwidern, aber Jacob legte eine Hand auf seine Schulter. »Lassen Sie uns die Sache in Ruhe beraten, Lieutenant.«

Slyde nickte. »Sie haben recht.«

Er wandte sich an Tom. »Wir müssen über Ihren Vorschlag beraten.«

»Tun Sie das. Sie haben zehn Minuten Zeit.«

Slyde zog sich mit den beiden Deutschen in seine Kajüte auf dem Promenadendeck zurück, und Jacob unterbreitete ihm seinen Plan.

»Das ist verrückt!« entfuhr es dem Offizier.

»Fällt Ihnen so schnell etwas Besseres ein?«

Slyde schüttelte den Kopf. »Aber Sie und Ihr Freund riskieren dabei Ihr Leben.«

»Das geht nicht auf Ihre Verantwortung. Wir tun es aus freien Stücken.«

»Also gut«, gab Slyde nach und seufzte. »Ich habe gleich gewußt, daß es Schwierigkeiten geben wird, als Zivilisten an Bord kamen.«

Sie gingen wieder hinunter aufs Hauptdeck und teilten Tom mit, daß Quidors Bedingungen angenommen waren.

»Dann lassen Sie mich und meine Begleiter an Bord«, verlangte der Mann mit der Stirnnarbe.

»Wieso?« fragte Slyde bestürzt.

»Als Beobachter. Mr. Quidor will sichergehen, daß Sie sich an die Abmachung halten.«

Widerstrebend gab Slyde nach. Das erschwerte die Ausführung von Jacobs Plan.

*

Sobald die drei Männer an Bord genommen waren und das Boot auf die RAVAGER gehievt war, setzte sich das Kanonenboot erneut in Richtung Ockermill-Bank in Bewegung. Slyde hatte halbe Fahrt voraus befohlen. Tom und seine Begleiter, alle drei mit Revolvern bewaffnet, gesellten sich zu ihm auf die Brücke.

Jacob und Martin blieben auf dem Hauptdeck und setzten sich unauffällig nach achtern ab. Dort entledigten sie sich ihrer Stiefel und machten ihre Oberkörper frei. Sie steckten lange Messer in ihre Gürtel; die einzigen Waffen, die sie auf ihrer Mission mitnehmen konnten.

Als sich die RAVAGER der ONTARIO auf eine Viertelmeile genähert hatte, glitten sie am Heck ins Wasser und entfernten sich mit kräftigen Schwimmstößen ein kleines Stück von der RAVAGER, um nicht in den Sog des Schaufelrades gezogen zu werden. Aber sie durften die Distanz zwischen sich und dem Kanonenboot auch nicht zu groß werden lassen, damit sie nicht von Quidors Männern entdeckt wurden.

Ein kurzes Stück schwammen sie im Kielwasser des Kriegsschiffes. Als die Ockermill-Bank nahe genug schien, holten sie noch einmal tief Luft und tauchten unter, um sich der Sandbank unter Wasser zu nähern. Ihr Atem reichte für die Strecke gerade aus. Als sie am Rumpf der ONTARIO wieder auftauchten und gierig nach Luft japsten, konnten sie auf dem Sand knien.

Die RAVAGER hatte sich in der Zwischenzeit vor den Frachter gesetzt und lief jetzt in langsamer Rückwärtsfahrt auf ihn zu. Während aller Augen auf der ONTARIO auf das Kanonenboot gerichtet waren, kletterten Jacob und Martin am Schaufelrad hoch und schlichen aufs Hauptdeck. Unten auf dem Achterdeck standen erwartungsgemäß keine Wachen, da Quidor seine Männer vorn brauchte. Ein paar mußten die Taue befestigen, mit denen die ONTARIO von der Sandbank gezogen werden sollte. Die anderen hockten hinter den Revolverkanonen, deren Läufe auf das Kriegsschiff gerichtet waren.

Während die Taue zwischen den beiden Schiffen gespannt wurden, kletterten die beiden Freunde über die Decksaufbauten aufs Kesseldeck und schlichen von dort nach vorn zum Promenadendeck. Dabei hielten sie sich im Schatten der Kajüten, um von den Männern oben bei den Revolverkanonen nicht entdeckt zu werden.

Irene sah sie kommen und riß ihre Augen ungläubig auf.

Da erscholl ein Schrei. Tom hatte ihn drüben auf der RAVAGER ausgestoßen, als er die beiden Deutschen, die er noch auf dem Kanonenboot wähnte, bemerkte. Slyde brachte ihn zum Schweigen, indem er ihm den Lauf seines Revolvers über den Kopf zog. Toms Begleiter wurden von bewaffneten Matrosen festgenommen.

Quidors Männer an den Revolverkanonen eröffneten das Feuer, brachen aber schnell unter den gezielten Schüssen der Scharfschützen zusammen, die plötzlich auf dem Kesseldeck der RAVAGER aus ihrer Deckung auftauchten.

Jacob zückte sein Messer und befreite Irene von dem Seil, als sie plötzlich rief: »Jacob, hinter dir!«

Jacob und Martin fuhren herum und sahen Quidor, der mit gezogenem Revolver die Treppe von der Brücke herunterkam. Die Waffe war auf die drei Deutschen gerichtet.

Aber plötzlich erschien Jeanette und stellte sich Quidor in den Weg. »Nicht, Max. Laß sie doch gehen! Du brauchst das Mädchen nicht. Du hast doch mich!«

»Ich brauche dich nicht!« sagte Quidor und streckte die Französin mit einem Schuß in die Brust nieder.

Ehe Jacob und Martin noch reagieren konnten, hatte Quidor seine Waffe wieder auf sie gerichtet.

»Jetzt rechnen wir endlich ab«, sagte er mit einem kalten Lächeln und krümmte erneut den Zeigefinger, der auf dem Abzug seiner Waffe lag.

Ein Schuß krachte.

Quidor lächelte noch immer, als er zusammenbrach, ein blutiges Loch im Rücken. Hinter ihm stand Vivian Marquand, einen rauchenden Revolver in beiden Händen haltend.

»Warum haben Sie das getan?« fragte Irene fassungslos.

»Der kleine Junge sollte nicht sterben.« Die rothaarige Frau sah Jamie an, und ihr Blick verklärte sich. »Er sollte nicht sterben wie George.«

Sie hatte kaum ausgesprochen, als eine Explosion die ONTARIO erschütterte. Weitere Explosionen folgten, alle oben auf der Brücke. Wahrscheinlich hatte ein Scharfschütze eine der Munitionskisten getroffen, die neben den Revolverkanonen standen.

Traf eine der herumirrenden Kugeln auch Vivian Marquand? Jedenfalls taumelte sie plötzlich und stürzte über das Geländer in den Fluß.

»Wir müssen schnell von Bord!« sagte Jacob und zog Irene mit sich, während Martin das Kind an sich nahm.

Sie rannten hinunter aufs Hauptdeck und sprangen vom Vorschiff ins Wasser. Quidors Leute auf dem Vorschiff waren entweder im feindlichen Kugelhagel zusammengebrochen oder hatten sich unter Deck in Sicherheit gebracht.

Von dort sprangen alle drei ins flache Wasser der Ockermill-Bank und wateten so weit wie möglich. Den Rest schwammen sie zur RAVAGER, wo sie von hilfreichen Armen an Bord gezogen wurden. Martin bemühte sich, den kleinen Jamie möglichst über dem Wasserspiegel zu halten. Ganz gelang es ihm nicht, und der Junge brüllte wie am Spieß.

Sobald sie an Bord des Kanonenbootes waren, wurden die Taue zwischen beiden Schiffen gekappt, und die RAVAGER schoß mit voller Kraft davon. Das war auch richtig so, denn die Detonationen auf der ONTARIO nahmen kein Ende. Bald stand das ganze Schiff in Flammen und stob schließlich in einer gewaltigen Explosion auseinander, als das Feuer auf die Munitionskisten im Frachtraum übergriff.